Weiler Architektur Wie die Textilfabrik zum Kulturhaus wurde

Beatrice Ehrlich
An den Mai-Wochenenden gibt es mehrere Möglichkeiten, das Industriedenkmal Kesselhaus zu erkunden. Foto: Beatrice Ehrlich

Das Industriedenkmal im Stadtteil Friedlingen öffnet im Mai gleich drei Mal seine Pforten aus besonderen Anlässen.

Nach dem Landwirtschaftsmuseum rückt in den kommenden Tagen das Weiler Kesselhaus im Stadtteil Friedlingen in den Vordergrund des Weiler Kulturlebens. Das Weiler ESC-Festival wird dort eröffnet. Barbara Brutscher, Leiterin der Weiler Museen, erklärt im Interview, was die Besucher dort noch erwartet.

Das Kesselhaus in Friedlingen öffnet im laufenden Monat Mai gleich drei Mal seine Pforten. Was gibt es dort zu sehen?

Tatsächlich haben wir einen ziemlich vollen Terminkalender in diesem Monat: Gestartet wird mit der ESC-Woche vom 11. bis 17. Mai, in der das Kulturamt unter Einschluss des Kesselhauses ein abwechslungsreiches Programm organisiert hat. Kaum steht der Sieger des ESC fest, folgt am Sonntag, 18. Mai, der Internationale Museumstag, der fest in der Jahresplanung steht. Hier haben alle städtischen Museen geöffnet und bieten ein kostenloses Rahmenprogramm an. Und abschließend, am dritten Wochenende des Monats, nimmt dann das Kesselhaus – die ehemalige Seidenspinnerei Schwarzenbach – am „Open House Basel 2025“ teil. An Arbeit fehlt es uns daher aktuell nicht.

Stichwort ESC: Wie wird das bevorstehende Großereignis in der Nachbarstadt Basel im Kesselhaus aufgegriffen?

Wir haben uns im Vorfeld innerhalb des Kulturamtes, also als Volkshochschule (VHS), Musikschule, Museen und Veranstaltungsorganisation Kulturamt, zusammengesetzt und ein Programm erstellt. Die Wahl fiel auf das Kesselhaus als idealer Veranstaltungsort, wegen der guten Erreichbarkeit über die Tram 8. Neben der internen Planung haben wir auch das Kulturcafé, die Weiler Wirtschaftsförderung WWT und Beate Fahrnländer als Sprecherin der Kesselhauskünstler angefragt.

Federführend involviert in die Planung: Barbara Brutscher Foto: Beatrice Ehrlich

Zum Aktionstag am 11. Mai von 11 bis 18 Uhr haben jetzt noch weitere Künstler die Öffnung ihrer Ateliers zugesagt. Mit einem bunten Programm richten wir uns an alle Altersgruppen. Ziel ist es sowohl Einheimische aber auch ESC-Fans, die erstmalig die Region besuchen, anzusprechen. Im Museum Weiler Textilgeschichte, das ebenfalls auf dem Gelände untergebracht ist, wird am kommenden Sonntag Christoph Faller schmieden. An einem Basteltisch in den Gängen der Ateliers können aus Korken ESC-Bandmitglieder kreiert werden. Die Musikschule wird das Ganze musikalisch umrahmen, die VHS bietet zum ESC Vorträge und eine Kunstausstellung in den Unterrichtsräumen an.

In der Woche danach steht das Kesselhaus im Fokus mit „Open House Basel“. Wie kam es zur Teilnahme dort?

Erstmalig nimmt das Kesselhaus am Open House Teil. Nora Volk vom Open House Basel kam vor geraumer Zeit auf Peter Spörrer zu und fragte an, ob wir vom Kulturamt nicht mitmachen möchten. Diese Gelegenheit wollten wir uns nicht entgehen lassen. Beate Fahrnländer war auch gleich begeistert dabei, und so haben wir jetzt einen weiteren Aktionstag im Mai. Nach und nach nahm das Projekt konkrete Züge an. Von Museumsseite haben wir Führungen an beiden Tagen und den Schmied Christoph Faller organisiert. Bereits im Januar gab es eine Führung für die „Open House“-Freiwilligen vor Ort, damit sie das Areal und die Gebäude kennenlernen. Vom „Open House“ wird das Pressematerial sowie ein tolles Kinderquiz angeboten (https://openhouse-basel.org/info/kids/). Am Samstag, 24. Mai werden von Tonio Paßlick, dem ehemaligen Kulturamtsleiter und Mitbegründer des Kulturzentrums Kesselhaus, jeweils um 14., 15.30 und 17 Uhr Führungen angeboten. Am Sonntag ist es der Stadtführer Joachim Kempf und Kenner der Weiler Textilgeschichte, der jeweils zu den gleichen Uhrzeiten durchs Gebäude führt. Der Schmied ist während der Sonderöffnung an beiden Tagen von 14 bis 18 Uhr im Einsatz. Das „Open House Basel“ wurde im Übrigen um eine Woche nach hinten verschoben aufgrund des ESCs. Ich bin selbst schon gespannt, inwiefern wir als neues Architekturobjekt angenommen werden.

Welche Eigenschaften des ehemaligen Fabrikgebäudes werden dann besonders in den Fokus gerückt?

Die Geschichte der 3-Länder-Stadt Weil am Rhein ist zwischen 1880 und 1982 maßgeblich von der Textilindustrie geprägt worden. Das Bild des Stadtteils Friedlingen war Jahrzehnte lang von den riesigen Shedhallen mit den Sägezahndächern und den rauchenden Kaminen der Kesselhäuser geprägt. 1982 stellte die Seidenstoffweberei Schwarzenbach als letztes produzierendes Textilunternehmen in Friedlingen den Betrieb ein. Das ehemalige Gebäude-Ensemble der Firma mit Kamin und Kesselhaus wurde von der Stadt aufgekauft, um es als Industriedenkmal zu erhalten. Heute beherbergt das Schwarzenbach-Areal zahlreiche Firmen, Künstler-Ateliers, das Kulturzentrum Kesselhaus und das Kulturcafé. Im Gebäude der ehemaligen Schreinerei und Schlosserei der Seidenweberei ist heute das Museum Weiler Textilgeschichte beheimatet. Zwischen den Sägen, großen Bohrern und Hobelmaschinen aus den 1920er-Jahren ist die Weiler Textilgeschichte zwischen 1880 und 1982 anhand von Objekten und Bildern dokumentiert. Luftbildaufnahmen führen den Besuchern die Ausmaße des ehemals blühenden Industriezweigs vor Augen. Werkzeuge, Musterbücher, Webschützen, Garnspulen, Lochkarten und Musterzeichnungen erinnern an die blühende Textilepoche. Die Schlosserei im Nebenraum wurde im ursprünglichen Zustand belassen. Museumsbesucher fühlen sich wie in einer Zeitreise um ein Jahrhundert zurückversetzt.

Zur Person

Barbara Brutscher
Die 49-Jährige ist seit acht Jahren bei der Stadt Weil am Rhein, seit Februar 2023 ist sie mit der Leitung der Abteilung Museen & Galerie betraut. Seit fast 15 Jahren wohnt sie mit ihrer Familie in Frankreich, zuerst in der Auvergne und seit fast zehn Jahren im Elsass. Schwerpunkt ihrer Arbeit sind Netzwerkprojekte mit anderen Museen und Partnern, die Zusammenarbeit mit Schulen, bildungspolitische Projekte zu Themen wie Demokratie, Umweltschutz und andere sowie die grenzüberschreitende Zusammenarbeit, insbesondere mit der Partnerstadt Huningue und dem dortigen Kulturzentrum „Le Triangle“.

 

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