Weiler Buurefasnacht Mit den Rhy-Waggis hat er die Fasnacht geprägt

Beatrice Ehrlich
Für die Buurefasnacht ist bei ihm alles möglich: Häbbi Stahl, vor seinem Wohnhaus in Alt-Weil, nicht weit entfernt vom Waggis-Schopf der Rhy-Waggis. Foto: Beatrice Ehrlich

In Weil kennt in jeder: Herbert „Häbbi“ Stahl, Alt-Weiler Original und Gründer der Fasnachtsclique Rhy-Waggis.

Dass es von der Weiler Buurefasnacht so viele Filmaufnahmen gibt, ist Herbert – „Häbbi“ – Stahl aus Alt-Weil zu verdanken. Noch vor der Hochzeit mit seiner Frau Renate im Jahr 1972 kaufte er von seinem ersten selbst verdienten Geld eine gebrauchte Super-8-Kamera, die er in einer Zeitungsanzeige entdeckt hatte: eine Braun Nizo.

Damals – in den 1970er und 80er-Jahren – führte der Buurefasnachtsumzug durch Alt-Weil. Die Traktoren waren klein, behängt mit bunt bemalten und frech beschrifteten alten Leintüchern. „Alles, was man gemacht hat, sollte nichts kosten“, berichtet Stahl im Rückblick. Die Farbreste stammten vom Betriebsmaler der Firma, bei der er damals arbeitete, die Damen- und Herrenunterwäsche, die an einer Wäscheleine als Dekoration über die Straße gespannt war, hatte man durch einen öffentlichen Aufruf zusammengetragen.

Waggis-Larve und Kostüm wurden selbst hergestellt

Auch ihre Waggis-Larven hätten die Rhy-Waggis stets selbst hergestellt, das Kostüm oder „Narrekleidle“, wie es heißt – nicht „Häs“, wie Stahl klarstellt – war selbstgenäht. Stahl holt weit aus, als es um die Geschichte der Weiler Buurefasnacht geht. Ihre Wurzeln hat sie laut ihm in der „versteckten“ Fasnacht, welche die Protestanten – Hugenotten aus Frankreich, die in Weil Zuflucht gefunden hatten – früher verbotenerweise in ihren Privathäusern feierten.

Erster Umzug mit Kutsche und „Agria“

1962 war das Gründungsjahr der „Rhy-Waggis“, einer kleinen, aber feinen Fasnachtsclique, welche in den vergangenen Jahren und Jahrzehnten zum Erfolg der Weiler Buurefasnacht beigetragen hat. Stahl, geboren 1949, war als Zwölfjähriger damals treibende Kraft für den ersten eigenen Wagen, eine Kutsche, gezogen von einem „Agria“-Traktor. Anfangs waren sie zu viert, später seien immer mehr dazugekommen.

Denkwürdiger Auftritt im Fernsehen

Ein Rhy-Waggis kann nur werden, wer Ideen hat und diese umsetzt. „Wir sind immer Macher gewesen“, sagt Stahl über den kleinen Kreis überaus engagierter Fasnächtler.

Eine verschworene Gemeinschaft: die Rhy-Waggis im Jahr 1981. Foto: zVg/Rhy-Waggis

Ein beeindruckendes Zeugnis von der Vielfalt des fasnächtlichen Treibens gibt eine Reportage über Rhy-Waggis in der SWR-Serie „Drei in einem Boot“ mit der legendären Fernsehmoderatorin Siggi Harreis: vom gemeinsamen Musizieren und Dichten bis hin zum närrischen Geburtstagsgruß für ein Cliquenmitglied auf dem Dach. Es wird viel gelacht in dem Film, und man würde nicht meinen, dass die Waggis die Szenen allesamt gestellt haben so authentisch wirken sie.

Stahls Schwerpunkt war immer das Gestalterische. Er wäre gern Grafiker geworden, lernte aber nach der Schule Maschinenschlosser bei Lonza in Weil. 40 Jahre war er anschließend bei der Firma Wetzel, Druck- und Prägetechnik, in Grenzach-Wyhlen als Industriemechaniker angestellt, wo er schnell zum Abteilungsleiter aufstieg.

Zeitweilig hatten die Rhy-Waggis auch ein Maskottchen – einen Geißbock mit Namen „Häbbi“, hier mit Horst Meidinger bei der Weiler Buurefasnacht in den 1970er-Jahren. Foto: zVg/Rhy-Waggis

Sein künstlerisches Talent, das er später an der Kunst- und Gewerbeschule in Basel mit Kursen in Schriften- und Plakatmalerei weiterentwickelte, lebte er vor allem in der Buurefasnacht aus.

Design und Gestaltung sind seine Leidenschaft

Seine musikalische Ader, ergänzt er, habe er wohl von seinem Vater Albert Stahl geerbt, der Geige sowie Klavier spielen konnte und vor dem Zweiten Weltkrieg abends oft in Basel bei der „besseren Gesellschaft“ aufspielte. Aufgewachsen in Grenzach und mit Wurzeln in Köln, hatte der Vater durch seine Hochzeit mit Erna Ludin, in eine alteingesessene Alt-Weiler Familie eingeheiratet.

Sobald die Weihnachtsbeleuchtung abgehängt ist, steht bis heute der „rohe“ Wagen vor dem Waggis-Schopf der Rhy-Waggis, direkt bei der Kirche in Alt-Weil. Nach und nach nimmt er jedes Jahr neue Gestalt an, bis zum großen Auftritt der Waggis am Buurefasnachtsumzug, der in diesem Jahr am 9. März ab 13.30 Uhr durch die Weiler Innenstadt zieht. Familiensache: Sujet- und Wagendesigner ist heute Stahls Sohn Jan.

Freude über neue Route durch Alt-Weil

Herbert Stahl freut sich über die neue Route, welche die IG Wiler Straßenfasnacht vor kurzem bekannt gegeben hat. „Wir freuen uns, dass der Wind sich wieder dreht, und Alt-Weil, das etwas in Vergessenheit geraten ist, wieder ins Zentrum des fasnächtlichen Geschehens rückt“, kommentiert er die Neuerung.

Wie die Rhy-Waggis zu ihrem Schopf kamen

Die Erbschaft: 16 Rhy-Waggis traten vor etlichen Jahren eine Erbschaft an, nämlich die des ehemaligen Cafés „Heist“ auf dem Tüllinger Berg oberhalb Alt-Weils, das früher einmal ein legendäres Zentrum Weiler Ausgehkultur und „Treffpunkt der Dorfjugend“ war. Für ihre Zwecke war das Haus zu weitab gelegen. So verkauften sie es. Von dem für das Haus erlösten Geld erwarben die Waggis im Jahr 1992 den Waggis-Schopf in Alt-Weil, direkt gegenüber der evangelischen Kirche gelegen.

Dreh- und Angelpunkt fasnächtlicher Aktivitäten

Der Waggis-Schopf:  In monatelanger Arbeit an Abenden und Wochenenden wurde der Waggis-Schopf von wenig mehr als einer Ruine zu dem Schmuckstück, das er heute ist. In ihrem Waggis-Schopf treffen sich die Rhy-Waggis seitdem jeden Freitag, er ist Dreh- und Angelpunkt ihrer fasnächtlichen Aktivitäten.  Immer wieder öffnen sie ihn auch für die Öffentlichkeit, zuletzt am Weiler Weihnachtsmarkt.

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