Weiler Logistikbranche Ein breites Portfolio ist von Vorteil

Saskia Scherer
Wie in vielen Branchen macht sich auch bei Speditionen der Fachkräftemangel bemerkbar. Foto: Pixabay

Die Krise in der Automobilindustrie, rund 100 000 fehlende Fahrer – der Verband Spedition und Logistik Baden-Württemberg ist in aktuell in Alarmstimmung. Wie stellt sich die Lage für Weiler Speditionen dar? Welche Herausforderungen sind zu meistern?

Die Speditionen verlieren laut dem Geschäftsführer im Verband, Andrea Marongiu, zwar keine Kunden, aber die Auftragsmengen seien im Schnitt um 20 Prozent zurückgegangen. „Das bemerken wir auch“, sagt Markus Utke, Geschäftsführer der Firma Utke Transporte in Haltingen, auf Nachfrage unserer Zeitung. „Die Aufträge an sich sind nicht weniger geworden, es brechen auch keine Kunden weg, aber bei einer Lieferung werden dann beispielsweise statt 30 nur noch 25 Paletten transportiert“, erklärt er.

Der Personalmangel sei schon länger Thema: „Nach Corona waren die Fahrer weg. Es wird von Jahr zu Jahr schlimmer“, meint Utke. Laut Marongiu werde auch versucht, Fahrer aus dem Ausland zu gewinnen – etwa aus Indien. Im Fernverkehr sei das möglich, im Nahverkehr komme es eher nicht in Frage, sagt Utke. „Wir haben schon viel probiert, aber es scheitert an den Gegebenheiten: Die Fahrer kennen sich nicht aus, wissen nicht, wo man über die Grenze darf.“ Auch die Verzollung sei, wenn man sich nicht auskennt, doppelt schwierig.

Fahrer ausbilden

Gemeinsam mit der Agentur für Arbeit habe das Unternehmen schon versucht, Fahrer auszubilden und dafür einen Laster zur Verfügung gestellt. „Aber was eigentlich drei Jahre Ausbildung erfordert, dauert dann nur sechs Monate.“ In der Zeit könne nicht das nötige Wissen vermittelt werden. Ein anderes Problem: Seit zwei Jahren sei er in Kontakt mit einem Ukrainer, und noch immer sei dessen Führerschein nicht umgeschrieben. „Das ist sehr langwierig.“

Bei Acito Logistics wird ein anderes Bild gezeichnet: „Im Jahr 2024 konnten wir ein Umsatzwachstum im zweistelligen Prozentbereich erreichen, und wir streben für das kommende Jahr eine ähnliche Entwicklung an“, teilt das Unternehmen mit. „Dies ist vor allem darauf zurückzuführen, dass wir kaum von der Automobilindustrie abhängig sind.“ Das breite Kundenportfolio und die Lage in der Grenzregion zur Schweiz, wo Acito von einer stabilen Sonderkonjunktur profitiere, seien hier entscheidende Faktoren.

Produkt- und Serviceportfolio stetig erweitern

Auf die Herausforderungen der Branche werde reagiert, indem das Produkt- und Serviceportfolio stetig erweitert werde. Zudem werden Schulungen und Weiterbildungen für externe Mitarbeiter im Bereich Zoll und Logistik angeboten und es wird auf spezialisierte Dienstleistungen wie die Zwei-Mann-Belieferung gesetzt.

Der Fachkräftemangel, insbesondere bei Fahrern, sei aber auch für Acito Logistics eine Herausforderung. Allerdings werde großer Wert auf die Ausbildung und Förderung von Nachwuchskräften gelegt. Die Ausbildungsquote liege bei 18 Prozent des Mitarbeiterstamms. „Ergänzend dazu rekrutieren wir Fachkräfte aus dem Ausland und setzen auf Diversität in unserem Team“, heißt es. Die Rekrutierung von Fahrern aus dem Ausland, etwa aus Indien, sei aktuell keine priorisierte Option. „Stattdessen konzentrieren wir uns auf die Aus- und Weiterbildung innerhalb des Unternehmens und setzen gezielt auf die Einstellung erfahrener, auch älterer Mitarbeitender. Als regional verwurzelter, familiär geprägter Arbeitgeber legen wir Wert auf langfristige Beziehungen und individuelle Entwicklungsperspektiven.“

Im Nahverkehr unterwegs

In den nächsten zehn Jahren werde es sicherlich große Probleme geben, meint Klaus Fleuchaus, Speditionsleiter und stellvertretender Geschäftsführer bei Evola, mit Blick auf die Altersstruktur der Lasterfahrer im Allgemeinen. Dazu sei das Interesse am Beruf bereits jetzt sehr gering. „Unsere Fahrer sind nicht auf der Langstrecke unterwegs, eher im Nahverkehr, und jeden Tag zu Hause“, schildert er. Aber in dem Bereich sei es „auch schon leichter“ gewesen, Personal zu gewinnen. Die „Riesenfuhrunternehmen“ würden aber auf Fahrer aus Indien, Kasachstan oder von den Philippinen setzen, weiß er.

Dass die Auftragsmengen zurückgehen, bemerke man auch bei Evola. Aber: „Zum Glück sind wir breiter aufgestellt und können das abfedern.“

Darauf setzt auch Martin Bäumle, Geschäftsführer der Spedition Bäumle, die auch einen Standort in Weil hat: „Jahreszeitbedingt läuft es bei uns etwas gedämpfter, aber es herrscht keine Panikstimmung. Wir sind sehr vielseitig aufgestellt. So gleicht sich das wieder aus.“ Laufe es in einem Zweig nicht so gut, dann dafür vielleicht ein einem anderen besser. Allerdings hätten die Leerfahrten zugenommen, also dass ein Laster auf dem Rückweg keine Ladung mitnehmen kann. „Das schlägt sich auf die Erträge nieder.“

Angestellte aus 21 Nationen

Dass in der Branche Menschen fehlen, liege an vielen Dingen, „wie an anderen Stellen auch“, meint Bäumle. Die Fahrer könnten natürlich kein Home Office machen, dazu die Stauproblematik: Schließe die Abfertigung und der Fahrer schaffe es nicht rechtzeitig, weil er nicht vorwärts komme, sei für ihn der Tag gelaufen. „Ein Fahrer hat mir mal gesagt, er will nicht mehr über das Stuttgarter Kreuz fahren – egal, was ich ihm zahle.“

Menschen aus 21 Nationen arbeiten bei der Spedition Bäumle, erzählt der Geschäftsführer. „Wir machen viel in Sachen Integration“, sagt er und nennt etwa Deutschkurse. Nach Indien und Asien sei der Weg aber zu weit, findet er. Bei Bäumle wird auch vermehrt auf den Bahnbetrieb gesetzt: „Wir haben jetzt in Weil auch einen eigenen Zug laufen, der die ganze Woche nur für uns fährt.“

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