Windkraft im Kleinen Wiesental Fingerspitzengefühl gefordert

Yvonne Rünzi

Der Gemeinderat Kleines Wiesental hat seine Stellungnahme zum Plan des Regionalverbandes Hochrhein- Bodensee zur Windenergie abgegeben. Ergänzt wird das Schriftstück durch eigene Stellungnahmen der Ortsteile Bürchau und Wies.

Die Gemeinde verweist auf die bereits ausgewiesenen Windkraftflächen und fordert den Regionalverband auf, „Fingerspitzengefühl“ zu zeigen. Es steht die Aussage: Klimaschutz ist Staatsaufgabe. „Ob aber dann gebaut wird, ist etwas anderes“, so Bürgermeister Gerd Schönbett.

Der derzeit offengelegte Regionalplan sieht für das Kleine Wiesental insgesamt vier Vorranggebiete vor, die gemarkungsübergreifend (Malsburg-Marzell, Böllen, Wembach, Fröhnd, Zell und Steinen) eine Größe von 830 Hektar haben. Rund 300 bis 350 Hektar liegen auf dem Gebiet des Kleinen Wiesentals. „Das entspricht einem Anteil von rund vier Prozent der Gemeindefläche“, ist der Stellungnahme zu entnehmen – mehr als doppelt so viel wie gefordert. Teilweise decken sich die geplanten Vorranggebiete mit dem Flächennutzungsplan der Gemeinde, so Schönbett. „Die Gebiete im westlichen Bereich, zwischen Sallneck und Wambach, sind vergrößert worden“, berichtete er weiter. Es sei schwierig, aus auseinandergehenden Ansichten eine einheitliche Stellungnahme abzugeben, so Schönbett. Deswegen habe man sich entschieden, dass die Gemeinde eine Stellungnahme abgibt und die Ortsteile die Möglichkeiten haben, selbst ein Schreiben zu formulieren.

„Das Thema Landschaft kann man rauf und runter diskutieren, da hat jeder seine Meinung“, so der Bürgermeister. Daher habe sich die Gemeinde in ihrer Stellungnahme auf den Schwerpunkt Wasser konzentriert, konkret auf die Grundwasserneubildung. Sollten Bauanträge für Windkraftanlagen eingehen, müsse man die Wasserproblematik nochmals genau unter die Lupe nehmen und dann – falls notwendig – vertragliche Regelungen festhalten, in denen der Betreiber die Sicherstellung der Wasserversorgung garantieren müsse.

In Elbenschwand sei die Situation nicht vergleichbar, da die Quellschüttung der Quellen niedriger sei. Gemeinderätin Brigitte Schwarzwälder sieht es „sehr kritisch“, dass die Quellen durch den Bau so beeinträchtigt werden könnten. Das Wasser via Tanklaster zum Hochbehälter gefahren werden „geht ja gar nicht“. Das sei eine Äußerung des Landratsamtes gewesen, so Schönbett, es müsse einfach Wasser in den Hochbehälter Wambach. Ob das durch Pumpen geschehe oder auf andere Weise, müsse man sehen, wenn wirklich ein Investor bereit stehe.

Eine „Hierarchie“ der Stellungnahme ist Schönbett nicht bekannt, teilte er auf Nachfrage von Gemeinderat Marc Albiez mit. Angesichts der schieren Menge an Stellungnahmen – alleine in Malsburg-Marzell wurden rund 1000 abgegeben – geht Schönbett nicht davon aus, dass alle individuell abgearbeitet werden.

Regionalplan zur Steuerung

Im Rahmen der Stellungnahme der Gemeinde sind die vier Vorranggebiete nach Umweltauswirkungen und rechtlichen Aspekten bewertet worden. Meiserkopf, Weiherfelsen und Schöttleberg sowie Hohwildsberg werden in beiden Punkten als „konfliktbehaftet“ gesehen, das Gebiet Honeck-Zeller in den rechtlichen Aspekten sogar als „sehr konfliktbehaftet“ – aber in puncto Umweltauswirkungen als „geeignet“. Schönbett betonte, dass der Regionalplan ein Instrument zur Steuerung von Windkraftanlagen sei.

Gemeinderat Matthias Leisinger sieht es ebenso. „Ich kann mich mit der Stellungnahme anfreunden“, so Leisinger. Ohne Regionalplan wären „Tür und Tor offen auf der Gesamtfläche“.

„Wenn wir schon mit vier Prozent übererfüllt sind, warum sollen wir Wambach auch noch opfern?“, fragte Gemeinderat Marc Albiez. Leisinger hielt dagegen, wenn das Ziel von 1,8 Prozent in ganz Baden-Württemberg nicht erreicht werde, würde eben auch der Flächennutzungsplan im Bereich des Zeller Blauens von 2016 „fallen“. Windkraftanlagen könnten dann auf jeder Fläche entstehen. Jetzt habe die Gemeinde die Möglichkeiten zu sagen, dass sie nur auf vier Prozent der Gemeindeflächen Windkraftanlagen haben will. „Halten wir hier dagegen, schießen wir uns vielleicht ins Knie.“ „Wir wollen eine Zerspargelung verhindern“, betonte Schönbett. Ohne Steuerung durch den Regionalplan könnte dies durchaus passieren. Denn wie der Stand der Windkrafttechnologie in zehn Jahren sei, lasse sich heute nicht abschätzen.

Bürchau mit Kompromiss

Der Ortschaftsrat Bürchau hat eine eigene Stellungnahme erarbeitet. „Ein Kompromiss aus der Meinung von fünf Menschen“, beschrieb Ortsvorsteherin Katharina Matzken das Werk. Dieses bezieht sich vor allem darauf, dass der Zeller Blauen als sehr konfliktbehaftet eingestuft wurde. „Das hat uns aufgestoßen“, so Matzken. „Warum genau das Gebiet, wenn die anderen weniger konfliktbehaftet sind?“ Aus Bürchauer Sicht konnte Matzken nur sagen: „Schlechter kann es uns nicht treffen.“ Dennoch sei die Büchauer Stellungnahme in einem neutralen Ton gehalten, betonte Matzken.

Die Stellungnahme der Gemeinde endet mit einem Hinweis auf den Flächennutzungsplan von 2016. „Denn dieser Prozess hat in der Gemeinde bis heute sichtbare Spuren und Verletzungen hinterlassen.“ Die Gemeinde fordert den Regionalverband auf, angesichts der „aktuell lokal vermehrt auftretenden Vorbehalte und Widerstände gegen den Ausbau der Windkraft das nötige Fingerspitzengefühl zu zeigen, um lokale Überkonzentrationen von Vorrangflächen zu verhindern“. Bei einer Nein-Stimme und zwei Enthaltungen stimmte der Gemeinderat dieser Stellungnahme zu.

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