Wintersweiler Das Lebenswerk noch einmal besichtigt

Kathryn Babeck
Willi Gütlin bei den Weinfässern in Britzingen Foto: Madlen Göpf

Willi Gütlin blickt auf 85 Lebensjahre zurück. Bei der Firma Schock in Kandern hat er seine Lehre zum Holzküfer absolviert. Zum Geburtstag ist er nach Britzingen gereist. Dort stehen einige Fässer, die er während seiner Zeit als Fassmacher hergestellt hat.

Fährt man auf der Landstraße von Mappach durch ein Waldstück, blickt man von einer Anhöhe auf das kleine Örtchen Wintersweiler. Westlich hinter den Obstbaumplantagen ist Basel mit den Industrieanlagen zu sehen. In Wintersweiler hat Willi Gütlin die Dorfschule besucht und lebt heute in seinem Elternhaus. An diesem Mittwochnachmittag sitzt er in einem grauen Sessel und erzählt seine Lebensgeschichte. Auf den ersten Blick könnte man ihn mit seinem vollen Haar und dem wachen Blick auf höchstens 75 Jahre schätzen. Im März hat er mit Freunden anlässlich seines 85. Geburtstags sein Lebenswerk besichtigt.

Riesige Weinfässer für Britzingen gebaut

Im Keller der Genossenschaft Britzingen stehen acht riesige Eichenholzfässer: Fassungsvermögen 15 000 Liter, Höhe zwischen fünf und sechs Meter. Umspannt wird ein jedes mit zwölf Metallreifen. Der schwerste, der Kopfreif, wiege drei Zentner, also 150 Kilogramm, weiß Gütlin. Mit einem Tieflader der Firma Baschnagel aus Müllheim seien die Fässer 1956 von Kandern, nach Sitzenkirch, Johannisbreite, Feldberg, Richtung Sulzburg nach Britzingen transportiert worden. Er sei mit dem Motorrad vorneweg gefahren, um die wenigen Autos für die Durchfahrt aufzuhalten.

Bei der Firma Schock in Kandern absolvierte Willi Gütlin eine Holzküferlehre. Zwei bis drei Wochen haben sie, zwei Lehrlinge, ein Geselle und der Chef, an den Fässern gearbeitet. Die Firma Schock hatte ihren Sitz direkt an der Kander, gegenüber dem „Gasthaus Krone“. Oft wurde das Holz zu einem Küferturm aufgeschichtet und trocknete so an der Luft. Aus dem Kanderner Stadtwald stamme das Holz für die Fässer, sein Chef sei tagelang rumgereist, um die mächtigen Eichenstämme zu organisieren.

Die Lehrjahre in Kandern waren hart

Willi Gütlin ist am 17. März 1938 geboren. Seine Eltern hatten eine Landwirtschaft und Reben. Um das Jahr 1967 gründete sein ältester Bruder mit dem Vater den Gütlin Hof, ein Aussiedlerhof etwas außerhalb des Dorfs, in östlicher Richtung des Elternhauses. Dort wurde dann Landwirtschaft betrieben.

Er habe sich für eine Lehre als Holzküfer entschieden, sagte Willi Gütlin. Die Arbeitsverhältnisse seien hart gewesen. Als Lehrgeld gab es Kost und Logis. Man schlief in einem Zimmer mit sechs, sieben Betten. Der Arbeitstag begann um 6 Uhr. Kaffee wurde zwischendurch getrunken. Abendessen gab es um halb sieben. Danach wurde bis 22 Uhr weiter geschuftet. Der Samstagvormittag war nicht frei, am Nachmittag putzte Willi Gütlin die Werkstatt. Wenn Fässer gereinigt wurden, musste er in sie hineinsteigen. Zum Haltbarmachen wurden sie ausgeschwefelt. So hielt man die Luft an, um die giftige Substanz nicht einzuatmen. An ein Bein wurde ein Seil gebunden, so dass ein Kollege ihn im Notfall rausziehen konnte.

Um Geld zu verdienen, musste er in die Schweiz

Die Arbeit habe ihm Freude gemacht, sagt Gütlin. Er wollte jedoch Geld verdienen. Eineinhalb Jahre nach seiner Lehre ging er in die Schweiz und war fünf Jahre bei einer Weinhandlung tätig. Die Arbeitszeit betrug dort 55 Stunden pro Woche. Oft habe er bis zu 100 Überstunden gemacht. Danach wechselte er als Lagerarbeiter zur Transportunion in Muttenz. Dort war er 40 Jahre. Bereits 1959 konnte er sich einen Käfer leisten, sagte er stolz. Neben dem Bürgermeister besaß er eines der ersten Autos in Wintersweiler.

Teile seiner Lebensgeschichte hören an diesem Nachmittag seine jüngste Tochter Manuela Walter und seine Frau Wally, die mit ganzem Namen Wallburga heißt, zum ersten Mal. Sie stammt aus Tannenkirch. Seine älteste Tochter Elisabeth Zumkehr wohnt in Holzen und sein Sohn Andreas Gütlin in Eimeldingen. Die Familie ist mit der Gegend verwachsen. Bei dem Gespräch gehen die drei fürsorglich miteinander um. Seine Frau sagt, als sie seine Geschichte mit anhört: „Ja, er hat viel geschafft.“ Das merke man, der Rücken, die Knochen seien kaputt.

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