Angeregter Austausch, der immer wieder in launige Anekdoten mündet: der ehemalige Weiler Oberbürgermeister Wolfgang Dietz und Matthias Zeller vom SWR im Gespräch im Weiler Rathaus Foto: Beatrice Ehrlich
Noch kein Jahr ist es her, dass er seine Amtszeit beendet hat, und schon sitzt er als Talk-Gast dem Journalisten Matthias Zeller gegenüber: Weils ehemaliger Oberbürgermeister Wolfgang Dietz.
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Der Ruheständler Wolfgang Dietz gibt sich locker: Heute muss er keine Stimmen gewinnen. Die Wahlkampfzeiten sind für den Ex-OB und CDU-Politiker ein für alle Mal vorbei. Unter den Zuhörern im Rathaus-Casino hoch über der Stadt sind viele ehemalige Weggefährten, die ihm sichtlich wohlgesonnen sind.
Mit Zeller als Sparringspartner, der sich einst auch selbst in der Weiler Lokalpolitik engagiert hat, gibt der gewandte freie Redner Dietz im Laufe des Abends eine Fülle spannender und unterhaltsamer Geschichten preis. Immer wieder wird im Publikum hörbar geschmunzelt und hin und wieder auch laut gelacht.
Als Weiler Jugendlicher quer durch die USA
Dass er als 14-Jähriger während eines Aufenthalts im Mittleren Westen der USA 20 000 Kilometer im Greyhound-Bus quer durch das Land zurückgelegt hat, dass er später durch den US-Senator Alan Simpson, einen Freund seines Vaters, Kontakte bis in hohe Kreise der amerikanischen Politik hinein knüpfen konnte, sorgt für Staunen. Die Zeiten ändern sich: Kostete er damals die grenzenlose Freiheit aus, heißt er heute Kontrollen an den deutschen Grenzen gut. Er sei zwar ein Freund offener Grenzen, doch man müsse schon wissen, wer ins Land komme, präzisiert er.
Kritischer Beobachter des politischen Geschehens
Zurück in Europa, sei ihm alles „schuhschachtelklein“ erschienen, sagt Dietz. Die USA blieben Bezugspunkt, auch später im amerikanisch geprägten Metropolitan Club in Stuttgart, wo er seine Frau Christine kennenlernte.
Heute ist er kritischer Beobachter des Geschehens jenseits des Atlantiks. Das Regime Trump hat mit den Republikanern in den USA, wie Dietz sie kennengelernt hat, in Stil und Inhalt nicht viel gemeinsam.
Von Zeller kundig gesteuert, geht es weiter mit Anekdoten aus Dietz’ Amtszeit als OB, die 2020 begann. Etwa diese: Ein Spürhund erledigte bei der Durchsuchung des SWEG-Willkommensbusses für den Bundespräsidenten Johannes Rau sein Geschäft im Bus, worauf der Begrüßungstross mit offenen Fenstern zum Euro-Airport brauste. Manche von Dietz’ Anekdoten sind aberwitzig komisch wie diese.
Verbunden mit seiner Heimatstadt
Im Rückblick wird aber auch deutlich: Der Umgang mit den täglichen Herausforderungen und seine Art, darauf spontan und mit unkonventionellen Ideen zu reagieren, sind typisch für Dietz’ Herangehensweise an die Politik. Sie ist ihm genau so zur zweiten Natur geworden wie die Verbundenheit mit seiner Heimatstadt. Mit ihr hat er sein berufliches Schicksal aus absolut glaubwürdiger innerer Überzeugung verknüpft, statt, wie zwischenzeitlich angedacht, eine Karriere im diplomatischen Dienst einzuschlagen. „Ich bin überzeugt, es gibt in Deutschland wenig schönere Flecken“, lautet seine Liebeserklärung an Weil am Rhein.
Ein Weiler, der viel herumgekommen ist: Wolfgang Dietz Foto: Beatrice Ehrlich
Ganz nebenbei erfährt man von den neuen Gepflogenheiten im Hause Dietz in Kandern: Statt früher um halb sechs Uhr morgens steht der früher als Workaholic berühmt und berüchtigte Ex-OB jetzt um halb acht auf. Sein erster Akt im Ruhestand sei gewesen, seine Uhr abzulegen, lässt er wissen. Nach der Zeit muss er jetzt seine Frau fragen.
Zeit für Familie
Neben geplanten Reisen sei Zeit für die Familie. Die Gunst seiner vierjährigen Enkeltochter habe er aber erst erringen müssen, sagt der Vater zweier erwachsener Kinder und Großvater. Und doch: Auch wenn er beteuert, nun, nach einigen Monaten, ganz in der neuen Daseinsform Ruhestand angekommen zu sein, wird man als Zuhörer den Eindruck nicht los, dass Dietz die politische Tätigkeit fehlt. Auch in seiner neuen Rolle als Beobachter des politischen Geschehens bleibt Dietz einer, der mitreden und sein Wissen einbringen will. Dies kann er derzeit als Vorstandsmitglied des Dreiländerverbunds Regio Basiliensis, die sich erst vor kurzem im Weiler Rathaus getroffen hat.
Als Beobachter des politischen Geschehens hat er noch viel zu sagen
Der Politiker spricht auch aus ihm, als er am Ende eine Lanze für die europäische Zusammenarbeit bricht. Die heutige Generation habe kein Bewusstsein mehr dafür, was es bedeute, wenn die Europäer sich nicht einig seien, sagt er mit vernehmbarer Sorge.
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