Zell im Wiesental Ärzteverbünde haben viele Vorteile

Markgräfler Tagblatt

CDU-Inforeihe: Martin Honeck berichtete vom Aufbau des Gesundheitszentrums im Oberen Wiesental

Mit einem Vortrag vom Arzt Martin Honeck hat am Dienstagabend die Vortragsreihe der CDU begonnen. Mehr als 100 Bürger verfolgten den Vortrag. Der Mediziner schilderte, wie es ihm gelang, das Gesundheitszentrum Todtnau Schönau aufzubauen.

Von Christoph Schennen

Zell. Die Bedarfsplanung des Gesetzgebers sieht einen Hausarzt pro 1671 Einwohnern vor (Regelversorgung). Bei einer Regel- als auch bei einer Unterversorgung sind Neuzulassungen möglich. In überversorgten Gebieten - Zell gehört nicht dazu, es gibt nur noch einen Arzt - können sich keine Ärzte niederlassen. 80 Prozent dieser überversorgten Gebiete befinden sich in Ballungsgebieten.

„1671 Patienten im Quartal bei der zunehmenden Überalterung und der damit einhergehenden Multimorbidität gut zu versorgen, ist nach unseren Erfahrungen unrealistisch“, sagt Honeck. Auch die Ärzte würden älter und würden irgendwann aufhören.

Für die ärztliche Versorgung in der Zukunft sieht Honeck schwarz. „Die Neuzugänge jüngerer Jahrgänge nehmen dramatisch ab“, sagt er und verweist darauf, dass heute nur noch zehn Prozent aller Ärzte Hausärzte sind. Die Anzahl der Fachärzte nehme im selben Verhältnis zu. Gefragt sei bei den jungen Ärzten Teilzeitarbeit und eine Anstellung statt einer Selbständigkeit.

Honeck kritisiert die mangelnde Voraussicht der Politik, die darüber streite, ob man 1,5 oder zwei Ärzte in Zell niederlassen könne. „Das ist vor der vorauszusehenden Entwicklung einfach nur traurig und zeugt von einer maßlosen Ignoranz“, urteilt Honeck. Dass viele junge Ärzte nicht als Landarzt praktizieren wollen, liege auch daran, dass es den Hausärzten verboten sei, fachärztliche Leistungen zu erbringen. Fachärzte fänden auf dem Land zu wenig Arbeit.

Honeck gründete Gesundheitszentrum

Honeck hat sich ein Konzept überlegt, wie man den Wünschen der jungen Ärzte Rechnung tragen kann. Es entstand das Gesundheitszentrum. Jahr für Jahr wuchs es, Fachärzte aus den Bereichen Chirurgie, Neurologie, Urologie, Gynäkologie, Anästhesie, Physio- und Ergotherapie ergänzten die Hausärzte, sogar ein Arzt aus Heidelberg konnte zu einem Umzug ins Obere Wiesental überzeugt werden.

Beim Aufbau des Gesundheitszentrums musste Honeck aber auch einen langen Atem haben, denn „,mit jeder Erweiterung und Ergänzung waren aufreibende und entnervende bürokratische Hindernisse zu überwinden.“

„Der Kampf um die gynäkologische Nebenbetriebsstätte dauerte vier Jahre und war erst nach einem Urteil des Bundessozialgerichts erfolgreich“, sagt der Arzt. „Bei der Beantragung der Zulassung von Assistenzärzten zur Bewirtschaftung eines Sitzes gingen Verträge endlos hin und her“, so Honeck weiter, „weil der eine Mitarbeiter der Kassenärztlichen Vereinigung meinte, im Vertrag müsse beim Tätigkeitsort ’hauptsächlich’ stehen und der andere ’überwiegend’.“

Das Bohren dicker Bretter habe sich aber gelohnt, so Honneck. In Todtnau und Schönau arbeiten inzwischen allein acht Allgemeinärzte mit Zusatzausbildungen in Diabetologie, Ernährungsmedizin, Sportmedizin, Betriebsmedizin, Notfallmedizin und Unfallchirurgie.

Der Zusammenschluss mehrerer Ärzte zu einem großen Verbund habe große Vorteile, wie der Arzt anschließend ausführte. Man könne sich gegenseitig vertreten und ein breites Spektrum an diagnostischen und therapeutischen Möglichkeiten anbieten. Ärzte könnten in Teilzeit arbeiten und sich Freiräume (freier Nachmittag, verlängertes Wochenende) schaffen. Die Räume und Geräte seien ausgelastet. Ein größerer Ärzteverbund würde auch Neuinvestitionen erleichtern.

Die Kooperation ermögliche ferner Nebentätigkeiten, die in einer Einzelpraxis nicht denkbar wären, aber regional ebenso wichtig seien wie die hausärztliche Versorgung. Die Praxis könne zum Beispiel als offizieller Notarztstandpunkt dienen.

Auf die Situation in Zell angesprochen, sagte Honeck, die Ärzte hätten sich vor etlichen Jahren schon überlegen sollen, wie man die ärztliche Versorgung sicherstellen könne. Der Arzt Mathias Poland berichtete davon, wie schwierig es sei, einen Nachfolger für seine Praxis zu finden. Viele Interessenten lehnten den Standort ab („Mitten im Wald gehen wir nicht hin“). Ein aussichtsreicher Kandidat zog aus privaten Gründen nach Norddeutschland.

2012 habe er dann die Bevölkerung auf das zukünftige Problem der ärztlichen Versorgung hingewiesen. „Beim ersten Treffen kamen noch zwölf, beim zweiten Treffen dann nur noch vier Bürger“, so der Mediziner resigniert. Auch seinen Aufruf bei seinen Kollegen beachtete niemand. Es gebe von Seiten der Politik kein Interesse an einer guten Versorgung, meint er.

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