Zell im Wiesental „Das können wir nicht so hinnehmen“

Markgräfler Tagblatt
Eine deftige Nachforderung hat die Stadt Zell im Zusammenhang mit dem längst abgeschlossenen Bau des Regenüberlaufbeckens in Gresgen erhalten.Foto: Archiv Foto: Markgräfler Tagblatt

Gemeinderat Zell: Ärger über Unregelmäßigkeiten in der Verwaltung / Baufirma stellt Nachforderung von 320 000 Euro

Unregelmäßigkeiten bei der Stadtverwaltung sorgten am Montagabend in der Gemeinderatssitzung für großen Unmut bei den Ratsmitgliedern. Es geht um eine urplötzlich aufgetauchte Nachforderung einer Baufirma in Höhe von rund 320 000 Euro im Zusammenhang mit einer Baumaßnahme in Gresgen. Ins Visier genommen wurde auch das an dieser beteiligte Planungsbüro Südwest.

Von Peter Schwendele

Zell. Rechnungsamtsleiterin Daniela Burger legte dar, dass Ende März beziehungsweise Anfang April unerwartet Rechnungsforderungen der Baufirma zum Projekt Regenüberlaufbecken mit Pufferbecken in Gresgen im Rathaus eingegangen seien. Von diesen Rechnungen sei man „etwas überrascht“ gewesen und habe den Zusammenhang zunächst nicht nachvollziehen können, denn die Baumaßnahme sei bereits in den Jahren 2015/2016 beauftragt und bis Mitte 2018 abgewickelt worden. Die Rechnungen seien „aus irgendwelchen Unregelmäßigkeiten“ nicht bezahlt worden.

Inzwischen habe man das Ganze hausintern aufgearbeitet, sagte Burger. Dies sei auch deswegen nicht einfach gewesen, weil die zuständigen Mitarbeiter mittlerweile nicht mehr bei der Stadt Zell beschäftigt sind.

Man habe festgestellt, dass die bisher in dieser Sache geleisteten Abschlagszahlungen stets dem Eigenbetrieb Abwasserbeseitigung zugeschlagen worden seien, dass die Baumaßnahme aber aus mehreren Teilbereichen bestand, unter anderem auch Straßenbau und Wasserversorgung. Insgesamt ergebe sich somit, wie Burger vorrechnete, eine außerplanmäßige Belastung des aktuellen Haushalts in Höhe von rund 320 000 Euro sowie des Eigenbetriebs Stadtwerke in Höhe von rund 40 000 Euro. Des Weiteren habe auch das in die Maßnahme eingebundene Planungsbüro Südwest eine Schlussrechnung über knapp 5700 Euro vorgelegt.

Ein „großes Problem“ konstatierte Thomas Kaiser, sowohl in Bezug auf den Betrag als auch in Bezug auf die Abwicklung. Der SPD-Fraktionssprecher wollte vor allen Dingen wissen, ob es hier um zusätzliche Kosten der Maßnahme gehe oder „nur“ um nicht ordentlich verbuchte und bezahlte Beträge. Daniela Burger sagte, sie könne diese Frage derzeit nicht abschließend beantworten, da sie in die Bearbeitung nicht involviert gewesen sei, sie gehe jedoch davon aus, „dass es in der Kostenschätzung drin war, aber nie gemeldet wurde: „Das ist aber nur eine Vermutung.“

Klaus Wetzel (CDU) sprach von einem „massiven Versäumnis“ des damaligen Fachbereichsleiters. Es müsse geprüft werden, ob hier eine rechtliche Handhabe bestehe. Versagt habe aber auch das Planungsbüro, dem die Unregelmäßigkeit unbedingt hätte auffallen müssen. „Das können wir nicht so hinnehmen“, sagte Wetzel.

Fachbereichsleiter Karlheinz Keller konstatierte, dass in den Jahren 2016 bis 2018 mehr als eine Person die Angelegenheit federführend betreut habe. Nach Kellers Einschätzung ist kein Schaden entstanden, es handle sich um einen formalen Fehler: „Da kann man niemand belangen.“

„Das Planungsbüro hat geschlafen, die hätten auf Abrechnung drängen müssen“, kritisierte Erwin Vollmer (SPD). Besonders ärgerte er sich darüber, dass das Büro nun offenbar auch noch Geld für die Nachprüfung haben möchte.

Auch Werner Ganter (CDU) forderte, dass das Planungsbüro Südwest in dieser Sache Rede und Antwort stehen müsse. Dann könne klarer beurteilt werden, wo welche Fehler gemacht worden seien. Ganter prangerte an, dass die Angelegenheit „hier schnell durchgepeitscht“ werden soll und fragte: „Wieso ist das Büro nicht da?“

Das Gremium einigte sich darauf, dass ein Vertreter des Planungsbüros Südwest zu einer zügig anzuberaumenden Sitzung des Technischen Ausschusses einbestellt werden soll. Bis zu einer klareren Aufarbeitung der Angelegenheit soll die Zahlung an die Baufirma zurückgehalten werden.

Daniela Burger machte allerdings deutlich, dass an der Zahlung grundsätzlich kein Weg vorbeiführen wird. „Die Maßnahme ist durch und abgeschlossen, sie können das leider nur noch zur Kenntnis nehmen“, sagte sie an die Adresse der Räte. Ein Ausgleich dieser außerplanmäßigen Ausgabe im Haushalt sei im ohnehin schon sehr belasteten Haushalt nicht möglich, „das läuft direkt in die Liquidität rein“. Burger sprach von einer „großen finanziellen Belastung.“ Derzeit prüfe man, ob die Stadt aufgrund der Entwicklung gezwungen sei, einen Nachtragshaushalt für 2021 aufzustellen.

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