Zell im Wiesental Die dunkle Seite der smarten Geräte

Peter Schwendele
Die Produktion für die IT-Industrie ist längst nach China verlagert worden. Häufig sind die Arbeitsbedingungen und die Umweltschutzmaßnahmen – anders als auf diesem Foto – höchst fragwürdig. Foto: Archiv

Gesellschaft: Cabanja-Weltladen zeigt den Film „Death by Design“.  Einblicke in die IT-Industrie.

Zell - Smartphones, Tablets und Laptops dominieren das private und das öffentliche Leben. Doch die schick designten Geräte, die die Vernetzung der Welt erlebbar machen, fallen nicht einfach so vom Himmel. Ihre wahren Produktionskosten, ihren immensen Ressourcenverbrauch und die Umweltprobleme durch ihre achtlose Entsorgung nach kurzer Nutzungsdauer erhellt der Film „Death by Design“, den der Cabanja-Weltladen am Mittwoch in Zell zeigte.

Rund 30 Interessierte hatten sich im ehemaligen evangelischen Gemeindesaal eingefunden, um sich über die „dunkle Seite der IT-Industrie“ (so der Untertitel der preisgekrönten Dokumentation von Sue Williams) zu informieren. Fast jeder von ihnen besitzt selbst ein Handy, wie zu Beginn eine Fragerunde des Referenten James Drake Iga vom Entwicklungspädagogischen Informationszentrum (EPiZ) ergab, kaum einer gehört jedoch zu der großen Gruppe, die mit permanenten Neukäufen den scheinbar unaufhaltsamen Produktions-Hochgeschwindigkeitszug auf Touren hält.

Pro Jahr werden in Deutschland rund 35 Millionen Smartphones verkauft; im Durchschnitt gönnt sich jeder Deutsche alle 18 Monate ein neues Gerät. Da müsse man sich schon die Frage stellen, so Iga, ob diese Art des Konsums die richtige sei. Das so nachlässige und unüberlegte wie werbetechnisch forcierte Kaufverhalten vor allem in der westlichen Welt wird allerdings zum einen durch die großen IT-Firmen provoziert, indem den Endgeräten von vornherein eine kurze Funktionsdauer und damit Lebenszeit verpasst wird, zum anderen sind die smarten Produkte immer günstiger zu haben.

Dass bei genauer Betrachtung die reellen Kosten für die Produktion etwa eines Smartphones viel höher liegen als die, die bei einer aktuellen Shopping-Aktion anfallen, zeigt der Film aufs Deutlichste. Die Dokumentation verfolgt den Weg der IT-Produktion vom Silicon Valley in Kalifornien, wo erst nach und nach die immensen Kontaminationen von Boden und Grundwasser durch die Rückstände der chemischen Produktion in den 1980er Jahren publik geworden sind, bis nach China, wohin seit den 1990er Jahren die Herstellung verlagert worden ist, und wo wieder dieselben Fehler, allerdings in weit größeren Dimensionen, gemacht werden.

Deutlich wird zum einen die Ausbeutung einheimischer Arbeiter durch eine Industrie, die ganz dem marktdominanten Credo eines ausschließlich profitorientierten Wirtschaftshandelns folgt. Markante Zahlen dazu: Die Lohnkosten sollen bei der Produktion eines iPhones lediglich ein Prozent ausmachen. Die Gewinnspanne von Apple, so hieß es, betrage dagegen knapp 50 Prozent des Umsatzes.

Zum zweiten findet die Herstellung von IT-Produkten in China sehr häufig völlig losgelöst von mittlerweile im Westen etablierten Umweltstandards statt und sorgt für eine sowohl in Sachen Intensität als auch in Sachen Umfang kaum fassbare Verschmutzung von Boden, Luft und Wasser. Eine im Film transportierte Zahl: Mittlerweile sind bereits zwanzig Prozent der Ackerflächen in China mit giftigen, bei der Herstellung der IT-Produkte anfallenden Schwermetallen kontaminiert.

Ein weiteres großes Problem ist die schnelle „Entsorgung“ der als nicht mehr zeitgemäß aus der Nutzungskette entfernten IT-Produkte, die die Gerätemüllberge in Ländern der Dritten Welt immer höher wachsen lassen. Nur selten werden die wertvollen Edelmetalle, die etwa in Smartphones stecken, sinnvoll recycelt.

„Harte Kost“, lautete das Fazit von Almut Teichert-Hailperin, der Vorsitzenden des Vereins Frieden und Entwicklung, nach der Filmvorführung. Die Runde im ehemaligen evangelischen Gemeindesaal war sich weitgehend einig, dass sich das Rad der Techniknutzung nicht zurückdrehen lässt, und dass die moderne Informationstechnologie schließlich auch viele Vorteile bietet. Umso mehr sei es unerlässlich, dass die Gesellschaft zu einem angemessenen, zurückhaltenderen und sinnvollen Nutzungs- und Konsumverhalten findet.

Der Film „Death by Design - die dunkle Seite der IT-Industrie“ kann im Cabanja-Weltladen in Zell ausgeliehen werden. Dort werden auch ausrangierte Smartphones entgegengenommen und einem verantwortungsvollen Recycling-Prozess zugeführt.

Umfrage

Bettina Stark-Watzinger

Bundesbildungsministerin Bettina Stark-Watzinger hat sich für Zivilschutzübungen an Schulen ausgesprochen. Damit sollen Schüler besser auf den Kriegsfall, Pandemien und Naturkatastrophen vorbereitet werden. Was halten Sie davon?

Ergebnis anzeigen
loading