Zell im Wiesental Feuersbrunst vernichtete 70 Gebäude

Markgräfler Tagblatt

Zeitgeschichte: Größte Brandkatastrophe in der Stadt Zell jährt sich am Montag zum 200. Mal

Am kommenden Montag ist es genau 200 Jahre her, dass das Städtchen Zell von einer verheerenden Brandkatastrophe, die nahezu die gesamte Innenstadt zerstörte, heimgesucht wurde. Für Bürgermeister Peter Palme ein Anlass, an dieses schreckliche Ereignis zu erinnern.

Von Paul Berger

Zell. Eine Frage beschäftigt den Rathauschef besonders: „Wie würde Zell heute aussehen, hätte es dieses verhängnisvolle Inferno damals nicht gegeben?“ Ferner führe diese Katastrophe vor Augen, wie wichtig auch heute eine gut ausgerüstete und professionelle Feuerwehr ist, sagt Palme.

Nach allem, was von diesem entsetzlichen Ereignis überliefert ist, war der 23. Juli des Jahres 1818 nicht nur ein heißer Sommertag, er zählte auch zu den schlimmsten Schicksalstagen, die Zell und seine Bewohner je erlebt haben. In kürzester Zeit zerstörte eine fürchterliche Feuersbrunst über 70 Gebäude in der Innenstadt und vernichtete damit zahlreiche Existenzen. Viele Menschen wurden durch die Flammen ihrer Habseligkeiten beraubt und standen buchstäblich vor dem Nichts. Retten konnten die meisten Bewohner in allerletzter Minute lediglich ihr nacktes Leben, ihr übriger Besitz nebst den vorhandenen Lebensmittelvorräten fiel dem Flammeninferno zum Opfer. Viele trugen schwere Brandverletzungen davon und eine ältere Bewohnerin verlor ihr Leben, da sie sich nicht rechtzeitig vor den Flammen retten konnte. Ein weiteres Opfer starb nach wenigen Tagen an den schweren Brandverletzungen.

Das Feuer, so kann man es aus den überlieferten Schilderungen mehrerer Augenzeugen von damals entnehmen, brach gegen zwölf Uhr mittags in einer mit Stroh bedeckten Scheune, die wohl zum Gasthauses „Dreikönig“ in der heutigen Constanze-Weber-Gasse gehörte, aus. Nach Vermutungen handelte es sich dabei um einen Funkenflug, der das Strohdach entzündet hatte. Von dort breiteten sich die Flammen rasend schnell aus und ergriffen in kürzester Zeit zahlreiche benachbarte Häuser. Rasch erreichte die verheerende Feuersbrunst auch die Scheune des benachbarten Pfarrhauses, das – ebenso wie die Pfarrkirche – ein Raub der Flammen wurde.

Gleichzeitig spielten sich in den meist engen Gassen entsetzliche Szenen ab; jeder versuchte, sich und seine Angehörigen in Sicherheit zu bringen, denn schon nach kürzester Zeit stand die gesamte Innenstadt von der Kirche bis zur Wiesebrücke in Flammen.

Neben der kaum vorstellbaren menschlichen Tragödie, die dieser Großbrand über die Bewohner brachte, wurden auch zahlreiche materielle Güter unwiederbringlich vernichtet. Zu diesen gehörten sämtliche Kirchenbücher, die seinerzeit alle Tauf-, Heirats- und Sterberegister der Gemeindemitglieder von Zell sowie von den zum Kirchspiel Zell zählenden Gemeinden Adelsberg, Atzenbach, Mambach, Pfaffenberg und Riedichen enthielten.

In einer von Fidelis Kammerer (Pfarrer und Dekan in Zell von 1806 bis 1823) verfassten Denkschrift über den großen Stadtbrand sind die bittere Not, die diese grauenvolle Katastrophe hinterließ, aber auch die beispielhaften und vielseitigen Bemühungen die Folgen zu lindern und den Wiederaufbau voranzubringen, beschrieben. „Schrecklich war das Übel bei meiner Rückkehr am 24. Juli anzusehen“, schilderte der Priester seine Eindrücke, als er die grauenvollen Zerstörungen sah. Weiter schrieb Kammerer in seinen Aufzeichnungen von Flammen, Rauch, Kohlefeuer, entblößten Mauern und vielen unglücklichen Menschen, denen es am Allernötigsten fehlte.

Kaum jemand konnte den Menschen helfen, da die meisten Einwohner von Zell selbst von der Katastrophe betroffen waren. Die erste Hilfe kam aus den altbadischen Nachbargemeinden, so die Schilderungen des Pfarrers. Bald darauf erfolgte eine „Sammlung im ganzen Dreisam-Kreise“, die „sehr ergiebig war“. Neben großen Mengen an Früchten, Kleidungsstücken und Weißzeug zahlte die Unterstützungskasse damals 11 000 Gulden. 2000 Gulden hierzu kamen alleine von der Stadt Basel. Pfarrer Kammerer ging in der Zeit nach dem Stadtbrand selbst auf Betteltouren, die ihn unter anderem bis nach Freiburg und Karlsruhe führten. Vom Religionsfond erhielt er unter anderem einen neuen Kelch sowie eine Glocke und ein neues Messgewand. Auf dem Rückweg sammelte er bei verschiedenen Ämtern Geldbeträge, sodass er schließlich mit 2000 Gulden für die Unterstützungskasse zurückkehrte.

Ein Jahr nach der Katastrophe, nachdem die größte Not gelindert war, ging es an den Wiederaufbau. Neue Baupläne wurden erarbeitet sowie etliche der engen Gassen erweitert. Da der Bau von Wohnhäusern eindeutig Vorrang hatte, musste der Aufbau und die damit verbundene Verlängerung des Kirchenlanghauses der katholischen Pfarrkirche zunächst warten. Der seinerzeit erfolgte Wiederaufbau prägt heute weitgehend das Bild der Zeller Innenstadt.

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