Zell im Wiesental Kinder schleppten Ziegelsteine hoch

Markgräfler Tagblatt
Peter Kiefer dreht ein Video mit dem Zeitzeugen Herbert Dietsche anlässlich des 75-jährigen Bestehens der Kapelle Maria Frieden. Foto: Gerald Nill

Maria Frieden: Peter Kiefer legt Dokumentation über das kleine Gotteshaus unterhalb von Pfaffenberg vor

Für Peter Kiefer war die Dokumentation über die Kapelle Maria Frieden bei Pfaffenberg eine Herzenssache. Da das 75-jährige Bestehen der Kapelle als Symbol des Friedens in diesem Sommer ohne Festakt stattfinden musste, kommt der jetzt erschienenen Broschüre eine besondere Bedeutung zu. Für die 63-seitige Dokumentation hat der Vorsitzende der Seniorenakademie Hochrhein-Wiesental Zeitzeugen aufgespürt und Originaldokumente eingearbeitet.

Von Gerald Nill

Zell. „Das Projekt verfolgt mich seit vier, fünf Jahren“, berichtet Peter Kiefer, der 35 Jahre Pfarrgemeinderat in Atzenbach gewesen ist und einen starken Bezug zu dem exponierten Gotteshaus hat. „Ich bin quasi mit der Kapelle groß geworden“, sagt er. Die Dokumentation sei ihm deshalb „ein besonderes Anliegen“. Nicht nur das harmonische Landschaftsbild der Kapelle, sondern ihre Symbolkraft für den Frieden sei ihm gerade in heutiger Zeit wichtig.

In der Tat kann sich vor Mambach kaum jemand im Wiesental der magischen optischen Wirkung der kleinen Kapelle Maria Frieden entziehen, die als Blickfang auf einer Bergkuppe hinab ins Tal grüßt. Die Entstehungsgeschichte der Kapelle ist nicht minder spannend. 

Der Zweite Weltkrieg war soeben beendet, als der Ortspfarrer Eugen Thoma die Idee entwickelte, eine Kapelle zu errichten – zum  einen aus Dankbarkeit darüber, dass das Wiesental bei der Befreiung durch die Alliierten weitgehend von Zerstörung verschont geblieben war, zum anderen als Mahnmal zur Wahrung des Friedens. Die Kapelle sollte Maria, der „Königin des Friedens“, geweiht und nach ihr benannt werden, streicht Kiefer hervor. Es sei beeindruckend, wie tatkräftig die Bevölkerung unverzüglich ab Juli 1945 zu Werke gegangen sei, um die Vision Thomas zu verwirklichen. 

„Ziegelsteine wurden von kleinen Schulkindern zu Fuß von Atzenbach und Mambach den Berg hinaufgeschleppt“, weiß  Kiefer. Er weiß es sogar ganz genau, denn es ist ihm gelungen, Zeitzeugen zu finden, die ihm die Details der absolut ungewöhnlichen Bauphase aus erster Hand berichteten. Die Eindrücke von Herbert Dietsche hat Kiefer zum Beispiel per Video festhalten können. 

Die Pläne zum Bau der Kapelle stammten vom Künstler und Autodidakten Hans Franke, der nach seiner Vertreibung aus Schlesien in Freiburg lebte. Gerade noch rechtzeitig zum Druck der Dokumentation konnte Kiefer die handschriftlichen Originalaufzeichnungen Frankes von einem Schriftexperten transkribieren lassen.

Nach nur einem Jahr Bauzeit konnte die Eröffnung von Maria Frieden im Juli 1946 groß gefeiert werden. Auch eine Theateraufführung sei hierbei von den Bewohnern geboten worden. Wahre Menschenmengen – von 2000 Besuchern aus dem ganzen Tal ist die Rede – seien zur Einweihung nach Pfaffenberg gepilgert.

Vom Künstler Hans Franke stammt auch das eindrucksvolle Altarbild, das ebenfalls 1945/46 entstand. Es zeigt die Mutter Gottes mit dem Jesuskind auf dem Schoß in prächtigen Gewändern in einer idealisierten Landschaft mit Regenbogen, der sich weit über das Wiesental und die Hohe Möhr spannt. Ein geschmackvolles Gemälde voller Anmut und Friedlichkeit. Allabendlich, wenn das Glöckchen von Maria Frieden hell über das Wiesental klingt, mahnt die Kapelle akustisch. 

Die Dokumentation über die Geschichte der Kapelle Maria Frieden ist ab sofort für 7,50 Euro in Zell bei der Seniorenakademie in der Constanze-Weber-Gasse, beim Zeller Bergland Tourismus in der Kirchstraße sowie in der Bücherecke Ebi in der Schönauer Straße erhältlich. Außerdem kann man per E-Mail unter p.kiefer@seniorenakademie-hw.de anfragen.

Neben der Dokumentation plant die Seniorenakademie in Zusammenarbeit mit dem Schwarzwaldverein Zell die Ausgestaltung eines Maria-Frieden-Weges. Der Rundweg zur Kapelle startet bei der Kirche Mariä Himmelfahrt und wird durch vier Infotafeln an der Strecke bereichert. Der Parcours ist 7,9 Kilometer lang, überwindet 172 Höhenmeter und ist in zweieinhalb Stunden Gehzeit zu schaffen.

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