Zell im Wiesental „Lasst uns Fischerboote bauen“

Markgräfler Tagblatt

Maria und Andreas Hiss organisieren mit Unterstützung der Stadt Zell Hilfe für Taifunopfer auf den Philippinen

Von Peter Schwendele

Zell. Der Taifun Haiyan hat auf den Philippinen eine Spur der Verwüstung hinterlassen, und zwar nicht nur an den Ozeanküsten, sondern auch in den üblicherweise geschützter liegenden inneren Bereichen der Inselgruppe. Auch rund um die sich einst idyllisch präsentierenden Buchten auf der Insel Panay ist das Ausmaß der Zerstörung dramatisch. In Zell wurde jetzt eine Hilfsaktion für die dort liegende Gemeinde San Dionisio gestartet.

Die Unterstützungsaktion geht aus von der in der Schwanenstadt lebenden Familie Hiss. Maria Keziah Hiss stammt aus San Dionisio in der Provinz Oloilo und hat dort bis zu ihrem dreißigsten Lebensjahr gewohnt. Als sie 13 Jahre alt war, sei einmal ein Taifun über die Gegend hinweggezogen, erzählt die 42-Jährige im Gespräch mit dem Markgräfler Tagblatt. Dieser sei allerdings bei weitem nicht so stark gewesen wie Haiyan, der Anfang November weite Teile des Landes ins Unglück stürzte. Ansonsten habe man in San Dionisio, wo die Leute von Fischfang und Landwirtschaft (Reis, Kokosnüsse, Mangos) lebten, zwar Pazifikstürme gekannt, nicht jedoch Tsunamis mit meterhohen Wellen, die weit ins Landesinnere hinein schwappten und alles mit sich rissen.

„Jetzt ist dort alles kaputt, die meisten Häuser stehen nicht mehr, die Leute sind in ihren Kleidern geflüchtet, haben praktisch nichts mehr und leben in den Trümmern“, schildert Maria Hiss die Situation. Die komplette Infrastruktur in dem Gebiet ist zusammengebrochen, Straße, Schulen und Hilfsgebäude sind zerstört. Die ersten drei Tage nach dem Taifun war die Kommunikation in das Gebiet komplett abgerissen. Erst danach erfuhr Maria Hiss über Facebook, dass aus ihrem Familien- und Freundeskreis alle das Unglück überlebt hatten. Im Ort selber waren jedoch zehn Todesopfer zu beklagen, im Nachbarort sogar einhundert.

Ihr Mann Andreas Hiss legt dar, dass die Behörden total überfordert seien und von offizieller Seite her kaum Hilfe zu erwarten sei. „Die Regierung ist nicht in der Lage, die Leute zu unterstützen, Initiativen müssen von privater Seite kommen“, sagt der 52-jährige Elektroingenieur.

Das Ehepaar Hiss beschreibt, wie es von Deutschland aus mit hohem organisatorischen Aufwand Soforthilfemaßnahmen in die Wege leitete. Für 1100 Familien gingen Hilfspakete mit Reis, Sardinen, Streichhölzern und Kerzen auf die weite Reise zu den Philippinen, von Maria Hiss über die Hilfsorganisation USDP koordiniert.

Doch jetzt gehe es in einem zweiten Schritt darum, den Menschen in San Dionisio, von denen viele alles verloren haben, die Chance zu eröffnen, sich wieder eine Existenz aufzubauen. Als Ansatzpunkt, um die Lebensgrundlagen der Bevölkerung wieder herzustellen, haben Maria und Andreas Hiss den Fischfang auserkoren. Rund 750 Boote wurden täglich von Fischern zu Wasser gebracht, Haiyan hat alle zerstört. Für 100 bis 120 Euro könne man ein brauchbares Boot herstellen, so Maria Hiss. Und für dieses Vorhaben bittet das Ehepaar nun um Unterstützung.

Mit ihrem Ansinnen haben sich Maria und Andreas Hiss auch an die Stadt Zell gewandt, und der Gemeinderat hat bereits die ersten 1000 Euro für das Hilfsprogramm gewährt. Aus den Reihen der Räte kamen aus Privatbörsen bei der Erörterung des Themas spontan hundert Euro dazu. Man wolle gern helfen, gerade auch in einer Region, die in den Tagen nach der Taifun-Katastrophe nicht im Zentrum der Aufmerksamkeit stehe, meint Bürgermeister Rümmele. Die Stadt nimmt direkt Spenden entgegen (siehe Kurzinfo); „lasst uns Fischerboote bauen“, so der Aufruf des Rathauschefs.

Maria und Andreas Hiss, die jedes Jahr mehrere Wochen in San Dionisio verbringen, starten am Sonntag zu einem längeren Aufenthalt in die Krisenregion. Doch diesmal wird es kein Wohlfühlurlaub wie früher, sondern ein harter Arbeitseinsatz. „Die Agonie ist groß“, berichtet Andreas Hitz, die Aufräumarbeiten kämen nur schleppend voran. Ziel müsse aber sein, die Aktivität der Menschen vor Ort wieder in Gang zu bringen. „Wir wollen die Leute motivieren und aktivieren, etwas zu tun und nicht nur passiv auf Hilfe zu warten“, sagt Hiss.

Der Taifun Haiyan ist einer der stärksten tropischen Wirbelstürme, die seit Beginn verlässlicher Wetteraufzeichnungen beobachtet wurden. Haiyan verursachte riesige Schäden und eine hohe Zahl von Todesopfern auf den Philippinen.

Die auf der Insel Panay in der Provinz Iloilo gelegene Gemeinde San Dionisio hat rund 33 000 Einwohner. San Dionisio ist politisch in 29 Baranggays (Ortsteile) unterteilt. Die Haupteinnahmequellen der Bevölkerung sind Landwirtschaft und Fischfang.

Koordiniert wird die Hilfe von der gemeinnützigen Organisation USDP (United San Dionisians For Progress). Bisher finanzierte die 2010 gegründete Organisation USDP ihre Programme durch die Mitgliedsbeiträge von einheimischen und vor allem vieler im Ausland lebenden oder arbeitenden Landsleute. Nun wird die Bevölkerung zur konkreten Hilfe für die Taifungeschädigten aufgerufen. Unterstützung findet die Aktion auch durch die Stadt Zell.

Spenden können erfolgen unter dem Stichwort „Zeller Taifunhilfe“ auf das Konto der Stadt Zell mit der Nummer 16000515 bei der Sparkasse Schopfheim-Zell (Bankleitzahl 68351557).

Weitere Informationen findet man in einem Internetblog unter usdp-taifun-help-info.blogspot.de.

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