Zell im Wiesental Machterhalt durch „Informationskrieg“

Markgräfler Tagblatt
Harald und Olga Wieber haben sich intensiv mit den Medienmanipulationen, die von der russischen Regierung ausgehen, beschäftigt. Foto: Christoph Schennen Foto: Markgräfler Tagblatt

Politik: Olga und Harald Wieber informieren auf Einladung der Zeller CDU über das „System Putin“

Von Christoph Schennen

Zell . Für die gebürtige Ukrainerin Olga Wieber ist Russland ein Schurkenstaat. In russischen Medien und auf Internetseiten wurde sie im Jahr 2014 beschuldigt, Organe aus der Ukraine nach Deutschland geliefert zu haben. „Der Vorwurf des Organhandels ist völlig absurd“, sagte die Frau von Harald Wieber, mit dem zusammen sie am Donnerstagabend auf Einladung der Zeller CDU im Gasthaus „Löwen“ in einem Vortrag mit dem Titel „Medien-Manipulation“ über das „System Putin“ informierte.

„Russland führt einen Informationskrieg“, sagte Harald Wieber, der neun Jahre stellvertretender Schulleiter der deutschen Botschaftsschule in Moskau war und die politischen Verhältnisse im Land gut kennt. Um ihre Macht zu sichern, baue die russische Administration Medienvertretungen im Ausland auf, produziere Falschnachrichten oder provoziere andere Gesprächsteilnehmer mit sogenannten Trollen in den sozialen Netzwerken.

Das Geflecht, das Präsident Putin zur Sicherung seiner Macht geknüpft hat, sei mannigfaltig, legte der Referent dar. Zu diesem zähle auch der Koch und Unternehmer Jewgeni Prigozhin, der nicht nur eine militärische Einheit namens „Wagner“ mit russischen Söldnern aufgebaut habe, sondern auch eine Troll-Fabrik, die offiziell unter der Bezeichnung „Agentur für Internetforschung“ firmiert. Diese beschäftige rund 700 Mitarbeiter, die unter einer falschen Identität bloggen und den Westen diskreditieren würden.

Fall „Lisa“ dargelegt

Olga Wieber beschrieb einige Beispiele der russischen Propaganda. Zu ihnen zählt der Fall „Lisa“. Die gleichnamige 13-jährige Schülerin aus Berlin wurde, nachdem sie über Nacht nicht nach Hause kam, von ihren Eltern als vermisst gemeldet. Ein russischer Journalist eines TV-Senders verbreitete daraufhin die Version, die Schülerin sei von Flüchtlingen vergewaltigt worden, was die junge Frau zunächst bei der polizeilichen Vernehmung auch angegeben hatte, später aber zurücknahm.

Ein anonymer Blogger stellte daraufhin ein Video ins Netz, in dem ein syrischer Migrant sich mit der Vergewaltigung brüstet. In den darauffolgenden Tagen wurde die deutsche Polizei diskreditiert, ein Flüchtlingsheim angegriffen und zu Demonstrationen aufgerufen, ehe der „Fall Lisa“ auch die oberste russische Regierungsebene erreichte. Außenminister Lawrow warf den deutschen Behörden sogar Vertuschung vor.

„Zu den Methoden der Manipulation gehören Emotionalisierung und suggestive Sprache“, sagte Olga Wieber in Zell. Die Videos, mit denen die Zuschauer manipuliert werden sollen, würden sich häufig durch schnell wechselnde Bilder, Zoom-Effekte, hämmernde Musik sowie eine aufgeregte Intonation des Sprechers auszeichnen.

Die TV-Bilder korrespondieren dabei nicht immer mit dem Kommentar. Als Russland die Krim annektierte, sei im Fernsehen suggeriert worden, es gebe eine Masseneinwanderung der Ukrainer nach Russland. Die dazu gesendeten Bilder hätten aber nicht einen russisch-ukrainischen Grenzübergang gezeigt, sondern den ukrainisch-polnische Grenzübergang Schegini mit einer Autoschlange.

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