Zell im Wiesental Pendel in die Gegenrichtung

Gerald Nill
Die Abwassergebühren in Zell werden dieses Jahr – entgegen der Ankündigung Ende November – drastisch steigen. Foto: Gerald Nill

Gebühren: Verbraucher sollten erst weniger, jetzt aber viel mehr fürs Schmutzwasser zahlen

Es war zu schön, um wahr zu sein, was Zells Stadtkämmerin Daniela Burger in der Sitzung des Finanzausschusses Ende November den Gemeinderäten mitteilte: Die Abwassergebühren sollten sich in diesem Jahr um 75 Cent verringern.

Von Gerald Nill

Zell. Jetzt gibt es eine Rolle rückwärts: die Kosten werden drastisch steigen. Um 58 Cent beim Schmutzwasser und 28 Cent beim Frischwasser, so dass private Haushalte insgesamt 70 bis 120 Euro Mehrkosten einplanen müssen. Wie kommen diese Sprünge zustande?

Die Finanz-Chefin im Rathaus Zell bestätigt, dass bei der Sitzung des Finanzausschusses Ende November zunächst verlockende Zahlen verkündet wurden. Die Verbraucher haben jahrelang zuviel fürs Wasser bezahlt – oder anders ausgedrückt: Die Stadt hat die geplanten Ausgaben am Kanalnetz nicht vorgenommen. Allgemein schiebt die Stadtverwaltung dies auf zwei Mitarbeiter, die sie inzwischen nicht mehr in ihren Reihen hat. Es ist also zu sogenannten „Kostenüberdeckungen“ gekommen. Diese zuviel gezahlten Gebühren müssen per Gesetz innerhalb von fünf Jahren ausgeglichen, also erstattet werden.

Da im Jahr 2017 von den Einwohnern beim Schmutzwasser über 242 000 Euro und beim Niederschlagswasser 95 000 Euro zu viel bezahlt worden sind, errechnete Daniela Burger Ende November zunächst eine Senkung des Schmutzwasser-Preises auf 1,77 und beim Niederschlag auf 32 Cent je Kubikmeter.

Im Gemeinderat war die Freude darüber allerdings verhalten. Besonders die CDU argumentierte, dass man „keinem Bürger die Gebührensenkung vermitteln“ könne, wenn es im Folgejahr gleich sprunghaft wieder nach oben geht. Die Botschaft ist bei der Stadtverwaltung angekommen, allerdings mit der Folge, dass das Pendel nun in die Gegenrichtung aufschlägt.

„Bei unserer ersten Gebührenkalkulation haben wir zugrunde gelegt, dass der Instandhaltungsaufwand am Kanalnetz mit 200 000 Euro konstant bleibt“, erläutert Burger. Da es aber durch liegen gebliebene Arbeiten am Netz einen Sanierungsstau gibt, sollen die Arbeiten im laufenden Jahr gleich vervierfacht werden.

„Wir haben mit einem ersten Bauabschnitt im letzten Jahr begonnen und werden in diesem Jahr 800 000 Euro ins Kanalnetz investieren“, so die Kämmerin. Bei Kontrollen seien Beschädigungen an den Abwasserleitungen festgestellt worden, die dringend behoben werden müssten. Selbstverständlich würden die Mehrausgaben mit den Kostenüberdeckungen aus 2017 verrechnet, versichert Burger.

Das überfällige Abdichten der Leitungen werde auch Einsparungen für die Gebührenzahler bringen, führt sie weiter aus. Es sei nämlich so, dass „Fremdwasser“ in die Rohre eindringe, das an der Kläranlage mitbezahlt werden müsse, weil es dort nach Menge geht.

Die Folge ist, dass die Abwassergebühr nun in diesem Jahr beim Schmutzwasser von bislang 2,52 auf 3,10 Euro und beim Niederschlagswasser auf 82 Cent je Kubikmeter klettern wird. Kombiniert mit dem Frischwasser zahlen Verbraucher in Zell nun 86 Cent je Kubikmeter mehr.

Bleibt schließlich noch die Unregelmäßigkeit zu viel gezahlter Abwassergebühren aus dem Jahr 2016. Über 100 000 Euro waren damals zu viel in die Stadtkasse geflossen. Geld, das innerhalb von fünf Jahren hätte zurückgeben werden müssen.

„Da ist inzwischen eine Frist abgelaufen“, räumt Burger ein. Da dieses Jahr zunächst die 17er-Überzahlung verrechnet werde, gebe man das Geld nächstes Jahr zurück, versichert sie. Es werde nicht in der Stadtkasse versickern, betont sie. Aber: Auch 2018 und 2019 haben die Bürger in Zell zu viel fürs Abwasser gezahlt, was ebenfalls noch ausgeglichen werden muss.

Die Reaktionen auf das Gebührentheater in Zell sind negativ. So kritisierten Vertreter in der Ortschaftsratssitzung Gresgen in dieser Woche eine undurchschaubare Gebührenkalkulation. Der stellvertretende Ortsvorsteher Peter Grether, Freie Wähler, bemängelte: „Der Quantensprung ist dem Bürger nur schwer zu vermitteln.“

Sein Kollege Erwin Vollmer, SPD, gab zu bedenken, dass Mehrkosten von über 100 Euro fürs Wasser die privaten Haushalte der Bürger belaste, die schon für Sprit und Energie tief in die Taschen greifen müssen. Auch Zuhörer der Ortschaftsratssitzung äußerten sich kritisch zu den steigenden Abwasserkosten in Zell.

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