Zell im Wiesental Pizza, Speck und Eis närrisch serviert

Peter Schwendele

„Ölfte Ölfte“: Zeller Narren bestens in Form . Hürus „Martin vom Göttlesbrunn“ gekürt.

Zell - Kulinarisch bestens aufgestellt präsentierten sich die Zeller Fasnächtler am Samstagabend beim „Ölfte Ölfte“ und servierten ihrem begeisterten Publikum närrisch zubereitete Pizza, deftigen Speck sowie zum Dessert leckeres Eis. Und trotz dieses nicht gerade kalorienarmen Angebots hatten die Besucher im voll besetzten Atzenbacher Spassi-Park ausgiebig Gelegenheit, etwas für Figur und Fitness zu tun – denn das rund vierstündige Programm war ein umfangreiches Training für die Lachmuskeln.

Fasnachtsregent aus Mambach

Der Höhepunkt des Abends war kurz nach Mitternacht erreicht, als der neue Hürus „Martin vom Göttlesbrunn“ alias Martin Dietsche unter tosendem Applaus in die Halle einmarschierte und die Bühne enterte – nach elf Jahren wieder einmal ein Fasnachtsregent, der aus Mambach kommt. In seiner Antrittsrede geißelte der Hürus die große Politik, die erheblichen „Seich“ produziere ebenso wie die kleingeistige Bürokratie, die den Zeller Fasnachtsumzug „um e paar hundert Meter b`schiest“. Von all dem indes dürfe sich die Narretei in der Schwanenstadt nicht unterkriegen lassen, so Hürus Martin, denn „d` Fasnacht und de Hürus soll`s au no in hundert Johr geh“. Ein Appell, für den der neue Regent denn auch hundertprozentige Zustimmung im Saal erntete.

Rund vier Stunden zuvor hatte Peter Mauthe – nach einer flotten Auftaktnummer mit Regisseurin Andrea Kiefer im Mittelpunkt – die Gäste im Spassi-Park begrüßt und die Chance genutzt, verdiente Fasnächtler zu ehren. Der Präsident der Fastnachtsgesellschaft Zell (FGZ) verlieh den Gesellschaftsorden an Jörg Muser für seine Verdienste um die Zeller Fasnacht und an die aus Zell scheidende Steffi Wassmer quasi stellvertretend für alle „Hürusmaidli“. Die höchste Auszeichnung für Zeller Fasnächtler, den Schrätteli-Orden, erhielt Ex-Hürus und Ex-Vogt Uli Merkle, der sich insbesondere in Sachen Öffentlichkeitsarbeit für die Zeller Fasnacht viele Meriten verdient hat.

„Ran an den Speck“

Dann hieß es „Ran an den Speck“ – eine Parole, die vom weiblichen und männlichen Geschlecht durchaus unterschiedlich interpretiert wurde. Die holde Weiblichkeit entschied sich für einen sportlich ausgerichteten VHS-Kurs, auch wenn im Vorfeld einige Hürden zu überwinden waren („Kann man auch mit einem abgebrochenen Fingernagel turnen? Die Gesundheit geht schließlich vor“). Die Männerfraktion plante stattdessen, dem Speck auf andere Weise zu Leibe zu rücken und warf zu diesem Zweck den Grill an. An ihrer Einstellung ließen die Herren der Schöpfung keinen Zweifel: „Sport ist Mord – und Gruppensport ist Massenmord.“ Die tapferen Frauen stellten sich dennoch der schweißtreibenden Herausforderung, auch wenn sie schließlich singend zu der Erkenntnis gelangten: „In jeder Frau steckt ein Stück Hefe, es kommt die Zeit, da geht sie auf.“

Wie sehr in Zell das ehrenamtliche Engagement hochgehalten wird, zeigte die Nummer zur Blutspende, ein regelmäßig wiederkehrendes Großereignis in der Schwanenstadt, vom DRK stets souverän abgewickelt, wie Ursel Kiefer und Catharina Thoma bewiesen, an diesem Abend unterstützt von einem tomobolabegeisterten Plasmatinchen. Der potentiellen Spender waren viele: Karl-Martin Welte und Daniel Kummerer packten gleich die komplette Stadtmusik auf ein Spenderformular, während Lokalprominenz aus Schopfheim (Andrea Kiefer als Heidi Malnati) für den Glamourfaktor zuständig war. Absoluter Blutspende-Star war aber der den Hürus-Stand repräsentierende Ex-Regent Charly Schneider („I bruuch kei Tombola-Los, i bi de Hauptgwinn“), der dafür sorgte, dass auch die für das „blaue Blut“ reservierte Tonne gefüllt werden konnte. Eine optisch beeindruckende, mit Zombie- und Vampir-Flair garnierte Tanznummer rundete die Spezial-Blutspende-Programmnummer ab.

Der wieder einmal gut aufgelegte Ansager Thomas Kaiser, der zuvor schon dem Publikum unter anderem einen kostenlosen Italienisch-Kurs spendiert hatte („Hund heißt Bello, Sauhund heißt Picobello“), bot schließlich den Gästen als Übergang in die Pause einen Crash-Kurs zum aktuellen Thema Datenschutz – auch wenn sein Versuch, in der Rolle als Bürgermeister Peter Palme Adelsbergs Ortsvorsteher Klaus Berger zu einem gültigen Ausweisdokument zu verhelfen, letztendlich zum Scheitern verurteilt war.

Nach der Pause traten die Latscharisänger auf die Bühne, um gewohnt stimmgewaltig das Motto der kommenden Fasnachtskampagne zu präsentieren. „Wenn`s lauft wie gschmiert, isch`s chaibeglatt“ intonierte die Sangestruppe die gelungene Parole. Und im Anschluss wiegten sich Sänger und Publikum gemeinsam zu den Klängen einer alemannischen Sierra Madre-Version.

„Pizza, Pasta, basta“

Die inflationäre Entwicklung der Pizzeria-Szene in der Schwanenstadt inspirierte die Narren zur folgenden Nummer „Pizza, Pasta, basta“, bei der „Löwen“-Wirt Maik Kiefer (Andreas Augustin) inkognito als Restauranttester die verschiedenen Etablissements aufsuchte, um sich die Geheimnisse der italienischen Küche und die erfolgreiche südländische Geschäftsstrategie anzueignen. So richtig schlau wurde er allerdings nicht aus den skurrilen Aktionen der Pizzeriabetreiber, kein Wunder, wenn der Wein aus dem Tetrapack kommt und trotzdem korkt oder die Pizza Margherita erst mal vom Schinken befreit werden muss. Salomonisch insofern die abschließende Erkenntnis des närrischen Restauranttesters, der die schwierige Frage, wer denn nun die beste Pizza in Zell backe, mit dem Aufruf „Ab zum Döner-Haus“ beantwortete.

Fehlte noch der Nachtisch, und den servierte in humorvoll-bissiger Form die Familie Hochstatter mit ihrer Nummer „Früher war alles besser“. Erledigt vom Shoppen nahm die fünfköpfige Sippe Platz im neuen Eiscafé am Bahnhof und übte sich in italienischer Konversation. Die Gespräche während der Vernichtung der variantenreichen Eisbomben drehten sich überwiegend um die gute alte Zeit, als noch nicht alle Welt ständig am Handy daddelte, die Bild-Zeitung noch für Fake-News zuständig war und Amazon noch analog war, und zwar in Form vom Quelle-Katalog. Auch Vater Lutz gelangte zur Erkenntnis, dass man beispielsweise früher mit Halloween nichts am Hut hatte: „Wenn di hesch gruusle welle, bisch in Hinterhag gange“.

Mutter Elke ließ es sich nicht nehmen, zum Mikro zu greifen und die unsichere Haltung mancher Männer in Bezug auf die (auch fasnächtlichen) Potentiale der Frauen auf die Schippe zu nehmen. Und eine mit viel Beifall bedachte Tirade auf die Behörden hatte sie obendrein zu bieten, lebe man doch mittlerweile in Zeiten, in denen man nicht ein einziges Mal im Jahr für zwei Stunden die Bundesstraße sperren könne, um den Leuten ihren (Umzugs-)Spaß zu gönnen. Darauf ein Schorle-Eis!

Umfrage

Heizung

Der Ausbau des Fernwärmenetzes im Landkreis Lörrach nimmt Fahrt auf. Würden Sie, falls möglich, Ihr Haus an das Netz anschließen lassen?

Ergebnis anzeigen
loading