Zell im Wiesental „Plötzlich war alles ganz nah“

Gerald Nill

Monfort-Realschule: Thema: Nazizeit: Klasse 9 b glänzt im Rahmen des Projekts „Was geht mich das an?“

Die Aufarbeitung der Nazi-Zeit im Unterricht hat die Klasse 9 b der Montfort Realschüler Zell mit ihrer Geschichtslehrerin Sina Männer für eine viel beachtete multimediale Projektarbeit genutzt. Am Montagabend wird die entstandene Ausstellung dem Jugendausschuss vorgestellt.

Von Gerald Nill

Zell. „Was geht mich Geschichte an?“ – so provokant lautete die Ausgangsfrage, als das Thema Nationalsozialismus im „Dritten Reich“ nicht nur „trocken“ im Geschichtsbuch durchgenommen werden sollte, sondern als facettenreiches Projekt in Gruppenarbeit.

Recherche vor Ort

Geschichtslehrerin Männer, die sich intensiv mit der Nazizeit beschäftigt, wollte mit ihren Schülern „mal neue Formen des Unterrichts probieren, nicht nur Leistung in Klassenarbeiten feststellen, sondern die Schüler auch zu anderen Fähigkeiten ermutigen“. Besieht man sich die Motivation der 9 b und die Ergebnisse, die in eine Ausstellung mündeten, ist der Ansatz vollständig aufgegangen.

Ausgehend von den Opfergruppen der Nazis - Juden, Sinti und Roma, Homosexuelle, Kranke und als asozial geltende Menschen –, kamen Schüler und Lehrerin bald zu den Verfolgungen, die in der Region stattgefunden haben. „Vieles an Verbrechen in der Region ist bereits gut aufgearbeitet “, weiß Sina Männer.

Die Deportation von Kranken und Behinderten aus dem Heim in Wiechs, woher einige Schüler stammen, direkt ins KZ machte betroffen. Ein Aha-Erlebnis der Geschichtslehrerin in Berlin machte Männer bewusst, dass die Deportation von Juden in Lörrach 1940 ein deutschlandweiter Testfall war, um zu sehen, welche Reaktion die Verschleppung auslöst. Schließlich recherchierten die Zeller Realschüler vor Ort in Schopfheim, wo die Erinnerung an die Opfer in Form von Stolpersteinen wach gehalten wird.

„Neben dem Inhaltlichen haben die Schüler sehr viel an Kompetenzen im Umgang mit digitalen Medien gelernt“, hebt die Pädagogin hervor. „Es gibt nicht nur Plakate und Power Point.“ Das schuleigene Tablet war beim Projekt stets zur Hand. In Schopfheim beispielsweise agierte ein Team in Form eines Tagesschau-Berichts.

Viel beachtete Ausstellung

Aus dem Studio übergibt „Moderator“ Philip an den „Reporter“ Nils in Schopfheim, der von der Stolpersteine-Aktion berichtet.

Weitere Darstellungswege lehnten sich an Instragram oder Podcasts an. „Mit diesen Medien sind die Schüler ja im Grunde vertraut.“ Jetzt sei es ihnen gelungen, die neuen Techniken in die Projektarbeit einzubringen. Männer ist überzeugt, dass die 28-köpfige Klasse bei „Was geht mich das an?“ viel fürs Leben gelernt hat. Sie zählt auf: „Niemanden auszugrenzen, jeden zu respektieren. Antisemitismus auch in der Schule begegnen. Rassismus zum Beispiel im Profi-Fußball verurteilen.“

Auf einer bunten Tafel wurde aus dem Gelernten abgeleitet, welche Werte an der Montfort-Realschule bedeutsam sind. „Da hat die ganze Schule etwas davon“, findet Männer.

Die beteiligten Schüler können bestätigen, dass der etwas andere Unterricht gut angekommen ist, so Annika, Romy, Fabian und Niklas: „Es war gut, in der Gruppe zu arbeiten, richtig vor Ort zu recherchieren und das Klassenzimmer zu verlassen.“ Annika räumt ein: „Ich habe immer gedacht, das sei weit weg passiert, aber plötzlich war alles ganz nah.“ Jeder laufe jetzt mit anderen Augen und aufmerksamer durch die Gegend. Auch Fabian lobt die projektbezogene Unterrichtsform: „Wir konnten viel selbst entscheiden und mussten am Ende sehen, wie wir die Ergebnisse in eine gute Form bringen.“

Das scheint den Schülern voll geglückt zu sein. Bei Elternabenden kassiert die entstandene Ausstellung viele „Likes“ und lobende Kommentare. Diese Rückmeldung hat Schulleiter Norbert Asal bewogen, der Stadt die Präsentation „Was geht mich Geschichte an?“ zu empfehlen.

So kommt es am Montag dazu, dass sich der Jugendausschuss sinnbildlich auf die Schulbank der Montfort Realschule setzen darf.

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