Zell im Wiesental „Sind voll im Krisenmanagement“

Markgräfler Tagblatt
Deutlich erkennbar: Dem Wald geht es aufgrund der trockenen Witterung schlecht. Foto: zVg Foto: Markgräfler Tagblatt

Stadtwald Zell: Klimawandel sorgt für Riesenprobleme / Massive Verluste aus der Waldbewirtschaftung

Für Bürgermeister Peter Palme ist die aktuelle Situation im vom Klimawandel gepeinigten Zeller Stadtwald ein „Desaster“. Die Stadt zahlt in Sachen Waldbewirtschaftung massiv drauf, so wird für 2020 ein Defizit von rund 224 000 Euro erwartet. Forstbezirksleiter Marco Sellenmerten räumte in der Gemeinderatssitzung am Montag ein, dass „wir voll im Krisenmanagement sind“.

Von Peter Schwendele

Zell. Bedenkliche Mienen dominierten im Gemeinderat nach einer rund dreistündigen Waldbegehung und einer ebenso langen Sitzung, bei der es fast ausschließlich um das Thema Forst ging.

Grundsätzliche Lage

Marco Sellenmerten stellte klar: „Der Wald ist ein Opfer des Klimawandels.“ Dies bedeute allerdings nicht, dass der Wald sterbe, sondern vielmehr, dass die Bäume sterben, die sich nicht an die sich verändernden äußeren Umstände anpassen können. Oberstes Ziel müsse es deswegen sein, den Umbau zu „klimastabilen Wäldern“ zu schaffen. Dem Wald ein anderes Gesicht zu verleihen, sei eine große Herausforderung.

Die Zahlen

Im vergangenen Jahrzehnt habe man in Bezug auf den Holzmarkt eine „betriebliche Glückseligkeit“ erlebt, legte Marco Sellenmerten dar. Diese Zeiten seien vorüber, denn der Markt sei aufgrund der im Zuge klimabedingter Schäden erfolgten Überflutung mit Holz völlig übersättigt. Der Preisverfall sei dramatisch. Der Forstbezirksleiter prognostizierte fürs laufende Jahr ein voraussichtliches Minus von rund 100 000 Euro. Bei der Vorstellung des Plans für 2020 wurde schließlich die ganze Misere deutlich: Ausgaben von 694 000 Euro (wobei der weitaus größte Posten die Holzernte darstellt) stehen Einnahmen von lediglich 471 000 Euro gegenüber. Dies führt zu einem Defizit von knapp 224 000 Euro. Wobei Sellenmerten einräumen musste, dass aufgrund der derzeitigen prekären Lage im Stadtwald und den völlig unsicheren Zukunftsaussichten von einer fundierten Planung nicht die Rede sein könne – „das ist mehr ein Blick in die Glaskugel“.

Hauptprobleme

Wie der Forstbezirksleiter darlegte, begannen die Probleme im Jahr 2018, das so heiß wie noch nie und so trocken wie selten seit Beginn der Wetteraufzeichnungen war. Verkraftet werden musste zudem der Sturm Burglind, der zu einem hohen Aufkommen an Sturmholz führte. Auch im Zeller Stadtwald entwickelte sich in diesem Jahr deshalb eine sehr kritische Gefahrenlage, denn aus dem Jahr 2018 geschwächte Bäume trafen auf hohe Borkenkäferpopulationen.

Da die Problematik europaweit bestand, blieb aufgearbeitetes Käferholz aufgrund nicht ausreichender Transportkapazitäten teilweise im Wald liegen. Gleichzeitig wurde der Holzmarkt mit Mengen aus zufälligen Nutzungen überschwemmt. Dass derzeit überhaupt noch Holz verkauft werden könne, liege hauptsächlich am Abnehmerland China, „aber wie lange das noch so bleibt, weiß kein Mensch“, räumte der Forstbezirksleiter ein.

Zur aktuellen Schadenssituation sagte Sellenmerten, dass diese sich „dramatisch zuspitzt“. Zahlreiche Bäume seien infolge der Dürre 2018 abgestorben, insbesondere Fichten, zunehmend aber auch Tannen sowie auf trockenen Standorten auch Buchen. Die weitere Massenvermehrung der Borkenkäfer – „eine Gefahr für den Stadtwald“ – habe man noch nicht stoppen können.

Weiteres Vorgehen

Oberstes Ziel müsse es sein, die „Käferbäume“ aus dem Wald zu entfernen, um die weitere Ausbreitung des Käfers zu bremsen. Im Plan für 2020 wurden 8000 Festmeter Käferholz fixiert. Das Problem sei allerdings, dass die Sägewerke die anfallenden Holzmengen nicht abnehmen könnten und deshalb die Frage sei, wie und wo das entnommene Holz zwischengelagert werden könne. Man habe deshalb eine Logistik- und Lagerkonzeption erstellt, erklärte der Forstbezirksleiter. Falls notwendig, müsse man auch das Hacken des Holzes ins Auge fassen. Lediglich als „Ultima Ratio“, also als „allerletztes Mittel“, wenn alle anderen Möglichkeiten ausgereizt sind, werde man an den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln denken, betonte Sellenmerten.

Andere Aspekte

Die klimabedingten Waldschäden in den letzten Jahren hätten deutlich gemacht, wie wichtig die Entwicklung naturnaher, stabiler Waldbestände ist, legte Sellenmerten dar. Grundsätzlich müsse man trotz der aktuell widrigen Bedingungen eine vielfältige, klimaresiliente Baumartenzusammensetzung fördern. Sellenmerten merkte an, dass der Wald viele Facetten habe – etwa die Funktion als Trinkwasserspeicher oder als CO2-Speicher – die bisher nie in den Forsthaushalt eingeflossen sind.

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