Zell im Wiesental Verantwortlichen auf die Füße treten

Markgräfler Tagblatt
Auf Einladung des CDU-Vorsitzenden Klaus Wetzel (rechts) sprach der Allgemeinarzt Andreas Koch über die medizinische Versorgungslage in Zell. Foto: Hans-Jürgen Hege Foto: Markgräfler Tagblatt

Ärztemangel: Allgemeinmediziner Andreas Koch referierte auf Einladung der CDU über die Thematik

Wieder war die „Bude“ überfüllt, wieder stand ein Arzt im Rampenlicht. Und wieder klebten die Zuhörer hoffnungsvoll an seinen Lippen, um schließlich erneut klar und deutlich zu erfahren: Nicht nur Zell, sondern ganz Deutschland hat vor allem in ländlichen Bereichen ein großes Problem: den Ärztemangel.

Von Hans-Jürgen Hege

Zell. Weit über 100 frustrierte Bürger waren auf Einladung des CDU-Ortsverbands in die Begegnungsstätte gekommen, um sich das „Ärzteproblem der Schwanenstadt“ aus Sicht des einzig verbliebenen Vollzeit-Kassenarztes der Gemeinde, Andreas Koch, erläutern zu lassen und dann die Hände überm Kopf zusammenzuschlagen ob einer über Jahre hinweg völlig verfehlten Gesundheitspolitik.

Der Arzt, der seit 32 Jahren in Zell praktiziert und versicherte, dass er den Patienten hier noch mindestens sieben bis zehn Jahre erhalten bleibe wolle, schilderte Ursachen wie eine „zunehmende Feminisierung des Berufsstands Arzt“ oder den veränderten Anspruch auf Freizeitgestaltung, der den Nachwuchs davon abhalte, sich um einen zehn- bis 15 Stunden-Job eines praktizierenden Arztes zu reißen. Hohe Kosten, keinerlei Absicherung der Risiken, enormer bürokratischer Aufwand oder permanent drohende Regressansprüche seien nicht eben ideale Voraussetzungen für junge Mediziner, das relativ sichere „Nest“ eines angestellten Arztes beispielsweise im Krankenhaus zu verlassen. Wer arbeite schon gerne acht bis zehn Stunden, von denen am Ende fünf Stunden vergütet werden?

Plädoyer für Unterschriftenaktion

Andreas Koch plädierte auch auf Nachfrage aus dem Publikum dafür, dem Schopfheimer Beispiel zu folgen und Unterschriften zu sammeln, um den Verantwortlichen der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) und der Politik in Bund und Land nachhaltig auf die Füße zu treten. Es könnte sich lohnen, auf die Hinterbeine zu stehen und eine kleine Revolution anzustacheln.

Was die Zeller Stadtverwaltung betrifft, versuchte Bürgermeister Peter Palme deutlich zu machen, dass der Kommune in vielen Fällen die Hände gebunden seien, weil ihr nicht alles erlaubt sei, was man sich von ihr erhoffe. Andreas Koch allerdings wollte das so nicht im Raum stehen lassen. Er erntete viel Beifall für seinen Einwand, dass Verbote nicht in Stein gemeißelt seien. „Wenn Gesetze und Vorschriften Sinnvolles verhindern, müssen wir uns daran machen, dies schleunigst zu ändern“, sagte er und sicherte seinen Zuhörern zu, voll hinter ihnen zu stehen, sollten sie sich zu irgendwelchen Aktionen aufraffen.

Auch die Kommunen könnten dazu beitragen, den Hausarztbesuch für junge Ärzte attraktiver und lukrativer zu machen. Hausärzte und Kinderärzte würden mit ihren Einkommen ganz am Ende der Kette stehen.

Gelder müssen besser verteilt werden

380 Milliarden Euro verschlingen die jährlichen Gesamtausgaben im Gesundheitswesen. Da sollte es doch, so Koch, möglich sein, die Gelder viel besser zu verteilen, auch wenn das unter anderem in der jetzigen Konstellation mit einer Berufsvertretung, einer KV, deren Funktionäre Unsummen an Salär und Abfindungen kassieren, die sie aufs Spiel setzen würden, wenn sie die Interessen ihrer eigentlichen Klientel, den Ärzten, verträten, derzeit nicht möglich scheint.

Bürgermeister Peter Palme belegte den Vortrag von Andreas Koch mit Zahlen aus Sicht der Stadt, „die deutlich machen sollen, wie dringend nötig eine Verbesserung der Situation ist“. Die KV gebe vor, dass 1671 Patienten pro Arzt versorgt werden müssen. Nach Gesprächen mit Andreas Koch habe sich herausgestellt, dass dieser theoretische Wert nicht einhaltbar sei. Wenn man die Vorgabe in Relation mit 6300 Einwohnern sehe, bräuchte die Stadt 3,75 Vollzeitstellen. Addiere man zur Einwohnerzahl der Stadt noch die 850 Häg-Ehrsberger Bürger hinzu, die größtenteils ebenfalls von Zell aus versorgt werden müssten, erhöhe sich die Zahl der erforderlichen Vollzeitstellen auf 4,25.

CDU-Vorsitzender Klaus Wetzel kündigte an, ihre politischen Gallionsfiguren wie zum Beispiel Armin Schuster mit den zunehmend lauter werdenden Vorwürfen zu konfrontieren und darauf zu drängen, dass der Politik in Berlin schleunigst ein Licht aufgeht.

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