Zell im Wiesental Wie Integration gelingen kann

Peter Schwendele
Der aus Bosnien stammende Erzieher Zlatko Talic ist sehr beliebt bei den Kindern in Zell. Foto: zVg

Zlatko Talic ist in Zell im sozialen Bereich stark engagiert. Langer Kampf ums Bleiberecht.

Zell - Man erkennt ihn auf der Straße, viele sprechen ihn an, grüßen ihn: Zlatko Talic ist beliebt in Zell. Seine soziale Ader kann der Bosnier bei der Arbeit mit Kindern und Jugendlichen in der Schwanenstadt ideal einbringen, aber es war ein harter Kampf, bis Talic in diesem Jahr endlich ein dauerhaftes Bleiberecht in Deutschland zugesprochen bekam.

Bei der Stadt, die den 35-jährigen Bosnier massiv in Sachen Aufenthaltserlaubnis unterstützt hat, ist man voll des Lobs über Zlatko Talic, der nicht nur im Kindergarten als Erzieher angestellt ist, sondern auch an der Nachmittagsbetreuung von Kindern der Ganztagsgrundschule mitwirkt. In diesem Zusammenhang nimmt er auch die Betreuung ausländischer Kinder im Alter von zehn bis 14 Jahren wahr.

„Zlatko Talic ist eine ganz wichtige Stütze für unsere Arbeit in diesem Bereich“, sagt Bürgermeister Peter Palme. Und Kindergartenleiterein Birgit Vogt ergänzt: „Die Kinder mögen ihn total und finden ihn cool, er gibt jedem einzelnen das Gefühl, dazuzugehören und wichtig zu sein.“ Und für den zuständigen Fachbereichsleiter Karlheinz Keller ist die Geschichte von Talic „ein gutes Beispiel dafür, wie Integration gelingen kann, wenn man die Leute machen lässt“.

Kein einfacher Weg

Dass Zlatko Talic keinen einfachen Weg zurückgelegt hat, wird im Gespräch mit ihm deutlich. 1994 kam er als Zehnjähriger nach Deutschland. 1998, als der Krieg auf dem Balkan offiziell zu Ende war, wurde seine Familie wieder zurück nach Bosnien geschickt. Dort gärte allerdings das ungenießbare Gebräu aus Nationalismus, religiösem Fanatismus und Hass weiter. Talic wurde angefeindet und fand keine wirkliche Heimat mehr in dem Land, in dem er geboren worden war. 2011, als die Visumpflicht aufgehoben wurde, kehrte er nach Deutschland zurück – mit dem festen Vorsatz, sich hier zu integrieren. Zunächst leistete der Bosnier einen zweijährigen Bundesfreiwilligendienst im Helen-Keller-Schulkindergarten in Weil und machte gleichzeitig seinen Realschulabschluss an der Abendrealschule in Zell. Von 2013 bis 2016 absolvierte er eine Ausbildung zum Erzieher im Zeller Kindergarten und erhielt danach von der Stadt eine Festanstellung.

Die Arbeit im Kindergarten bereitet Zlatko Talic große Freude, schwer zu schaffen machte ihm allerdings die Tatsache, dass er stets aufs Neue nur eine auf ein Jahr begrenzte Aufenthaltserlaubnis erhielt und immer damit rechnen musste, wieder nach Bosnien abgeschoben zu werden. Erst in diesem Jahr, nachdem sich die Stadt, die Kindergartenleitung und der Elternbeirat für ihn stark gemacht hatten, erhielt Talic vom Landratsamt Lörrach eine unbefristete Aufenthaltserlaubnis. „Mir ist ein Stein vom Herzen gefallen, seither bin ich der glücklichste Mann der Welt“, sagt der 35-Jährige.

Großes Engagement

Im Mitarbeiterteam des Kindergartens ist der Bosnier ein wertvolles Mitglied. Wichtig für die Stadt ist vor allem aber auch sein soziales Engagement im Hinblick auf die offene Jugendarbeit mit Zehn- bis 14-Jährigen, die er an drei Nachmittagen in der Woche im Jugendzentrum betreut (das ansonsten geschlossen ist, weil der Stadt bereits seit längerem kein Jugendreferent mehr zur Verfügung steht). Die Arbeit mit diesen älteren Kindern liegt Zlatko Talic besonders am Herzen. „Ich will für die jungen Leute ein väterlicher Ratgeber sein, ihnen einen Platz bieten, an dem sie sich wohlfühlen können“, sagt der Bosnier. Das A und O sei dabei, eine vertrauensvolle Atmosphäre zu schaffen, die Sprache der jungen Leute zu sprechen, aber ihnen gleichzeitig auch die notwendigen Grenzen aufzuzeigen und sie mit gesellschaftlich akzeptiertem Verhalten vertraut zu machen.

Dass das gelingt, bestätigt Karlheinz Keller: „Zlatko Talics Engagement ist Wahnsinn.“ Und der Fachbereichsleiter fügt an: „Seine Akzeptanz bei den ausländischen Jugendlichen liegt auch daran, dass er es geschafft hat, sich zu integrieren.“

An die Regeln halten

Für den Integrationsprozess selbst findet der 35-Jährige klare Worte: „Deutschland ist ein tolles Land mit vielen Möglichkeiten, aber wer hierher kommt, muss sich an die Regeln halten, die Kultur akzeptieren und wissen, dass man auch Pflichten hat.“ Viel ist in Talics Augen nicht nötig, um sich zu integrieren: „Dankbar sein und Respekt zeigen, das reicht.“ Und ganz wichtig: Die Sprache lernen, so Talic, der fließend Deutsch spricht.

Das sieht Karlheinz Keller genauso. Die beste Möglichkeit, Menschen mit Migrationshintergrund zu integrieren, sei es, ihnen Schulbildung und Arbeitsplätze anzubieten. Oft werde dieses einfache Prinzip indes ignoriert, weil Sachbearbeiter Entscheidungen fällen würden, die nicht am Menschen orientiert seien, sondern ausschließlich an bürokratischen Richtlinien.

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