Zell im Wiesental Wünsche müssen unerfüllt bleiben

Hans-Jürgen Hege
Uneinigkeit herrscht darüber, ob die Sanierung des Bahnhofsplatzes „Luxus“ oder doch notwendig ist. Foto: Hans-Jürgen Hege

Haushalt: Finanzielle Situation der Stadt hat sich nicht verbessert / Rat verabschiedet hohes Minus

Der Zeller Haushalt für 2023 ist in trockenen Tüchern: Finanziell steht die Gemeinde nicht gut da, sagte Bürgermeister Peter Palme. Einstimmig verabschiedete der Gemeinderat am Montag den Haushalt mit einem Defizit von rund 300 000 Euro.

Von Hans-Jürgen Hege

Zell. Im Ergebnishaushalt stehen Aufwendungen von 16,9 Millionen Euro, die für ein Minus von 446 700 Euro sorgen. Im Finanzhaushalt steht hingegen ein Plus von 190 000 Euro. Macht unter’m Strich ein Defizit von rund 300 000 Euro.

Rede des Bürgermeisters

Zuviel des Guten nach Meinung des Gremiums, aber auch des Bürgermeisters Peter Palme. Er nannte zwar „anstehende große Pflichtaufgaben“, meinte aber auch: „Unsere finanzielle Situation hat sich gegenüber den Vorjahren keineswegs verbessert. Wieder können wir kein ausgeglichenes Ergebnis erreichen. Somit müssen die Wünsche der Gemeinderäte, der Bevölkerung und natürlich auch von mir unerfüllt bleiben.“ Die Stadt gebe nach wie vor mehr Geld aus als sie einnehme und lebe „in gefährlicher Weise auf Kosten der Zukunft“, betonte er und plädierte dafür, mit dieser Wahrheit nicht hinter dem Berg zu halten.

Mit aller Kraft gelte es, das Desaster zu verhindern, das laufende Geschäfte dauerhaft nicht mehr finanziert werden könnten. Zu erreichen sei das etwa durch den Verzicht auf Investitionen, die nicht unbedingt notwendig seien. Als Beispiel nannte er die Sanierung des Bahnhofsplatzes, die ein Luxus sei, so Palme. Erforderlich sei auch ein Konzept, die hohen Kosten des Freibades zu reduzieren. Ziel sei, die Verschuldung von Zell, die nach Steinen die zweithöchste im Landkreis ist, zu verringern.

SPD

Thomas Kaiser pflichtete dem Bürgermeister in fast allen Punkten bei. Liquide Mittel in Höhe von 3,9 Mio. Euro bewertete der Fraktionssprecher als „grundsätzlich positiv“, sie erlaubten der Stadt „einen gewissen Handlungsspielraum“. Ziel müsse allerdings sein, die hohen Fehlbeträge im Freibad und im „Haus Wiesental“ abzubauen. Voran bringen Zell seiner Auffassung nach „die großen Investitionen im Bereich Bildung“: Für die Sanierung von Schulen und Kindergärten sehe der Haushalt über vier Mio. Euro vor. Nicht einer Meinung mit Palme ist die SPD in Bezug auf den Bahnhofsvorplatz: „Es geht nicht zuletzt um Barrierefreiheit. Aber wir sind gerne bereit, über eine Gestaltung in abgespeckter Form zu diskutieren.“ Viel gelegen sei den Genossen am Erhalt des Zeller Freibads.

CDU

„Die Stadt lebt alles in allem über ihre Verhältnisse“, klagte Fraktionssprecher Matthias Kiefer und: „So darf es nicht weitergehen.“ Die Stadt habe sich keine Extras geleistet, sondern nur in ihre Infrastruktur investiert. Trotzdem seien fast alle finanziellen Reserven aufgebraucht. „Wir müssen schnellstmöglich Einnahmequellen generieren“, forderte er und kritisierte: „Aber es fehlt eine Gesamtstrategie.“

Der Fraktionssprecher lobte den Abschluss der Umbauarbeiten im Schulzentrum, das die CDU als „zukunftsorientiertes Schmuckstück“ nicht nur für Zeller betrachte. Jetzt gelte es, die Realschule als „modernste Schule im Wiesental intensiv zu bewerben und wieder mit Schülern zu füllen.“

Kritik übte der CDU-Fraktionssprecher an der Entscheidung, dass das Gebäude Bahnhofstraße 9 zum neuen Kindergarten umgebaut wird. Die Möglichkeiten zu einem zukunftsorientierten Raumkonzept seien wie befürchtet sehr begrenzt. Er verteidigte die Erhöhung der Kindergartengebühren, die für die Stadt unumgänglich gewesen seien.

Bürgerverein

Bernhard Klauser betonte, dass seine Fraktion alle geplanten Investitionen mittrage. Bezüglich finanzieller Anpassungen während der Bauphasen wünscht Klauser „Transparenz und laufende Informationen“. Er machte der Stadt „zwei jährliche Ausgleichsstockanträge“ zur Pflicht. Bedauerlich wäre, dass die beschlossene Umsetzung der „Zukunftswerkstatt nach wie vor nicht angegangen worden“ sei. Auch das Gemeindeentwicklungskonzept wurde noch nicht begonnen, was jedoch Voraussetzung für Fördermittelanträge wäre. Außerdem hätten junge Familien, die im Zeller Bergland bleiben wollen, Anspruch auf Flächennutzungs- und Bebauungspläne. Nur mit einem zumindest leichten Zuwachs der Bevölkerung könne die Infrastruktur gehalten werden, so Klauser.

Freie Wähler

Ins gleiche Horn blies Hannelore Vollmer: „Haushalten heißt, Einnahmen und Ausgaben in der Waage zu halten. Und zwar nicht nur ein Jahr, sondern längerfristig.“ Die Devise ihrer Fraktion: „Angemessenheit vor Wünschenswertem, Notwendigkeit vor Anspruchsdenken und Pflichtaufgaben vor Luxus.“ Vollmers Empfehlung dazu: „Auf Sicht fahren und den Kurs beibehalten, Gartenstraße und Bahnhofsvorplatz zielstrebig abarbeiten.“ Und nicht zuletzt zu überlegen, wie die Personalkosten, die mit 5,38 Mio. Euro „auf eine Rekordhöhe“ angestiegen seien, wieder zu normalisieren. Marode Straßen und Brücken müssten anhand einer Prioritätenliste saniert werden, um dem Unmut in der Bevölkerung zu begegnen.

Grüne

Paul Hailperin verurteilte den Elternbeitrag für den Kindergarten als „schändlich“ und stellte die geplante Verlegung eines Großteils des Kreiskrankenhauses Schopfheim nach Rheinfelden an den Pranger.

Das Gremium verabschiedete einstimmig den städtischen Haushalt, als auch jene der Eigenbetriebe Zentrum für Geriatrie, Stadtwerke und Abwasserbeseitigung.

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