Ziegen in Todtnau Landschaftspflege als großer Kraftakt

Verena Wehrle
Der harte Kern des Geißenvereins (von links): Willi Beckert, Walter Wagner, Rita Lorentz, Sabine Beidek, Renate Hermann und Michael Levis. Foto: /Verena Wehrle

30 Jahre – 30 Edelziegen: Der Naturpflegeverein Brandenberg-Fahl blickt zurück auf eine Erfolgsgeschichte, die nur mit viel Ehrgeiz und Eigenleistung möglich war. Doch der Verein braucht eine Verjüngung und Verstärkung.

Alle fünf Jahre findet das „Geißenfest“ in Brandenberg statt, so wie am vergangenen Sonntag. Dieses Jahr feierte der Naturpflegeverein Brandenberg-Fahl damit sein 30-jähriges Bestehen. Für die musikalische Unterhaltung sorgte die Trachtenkapelle Brandenberg, für die Kinder wurden Spiele aufgebaut und mit Geißenwurst und Geschnetzeltem wurden die Gäste kulinarisch bestens versorgt. Die Kuchentheke mit über 30 Kuchen war am Nachmittag ausverkauft.

Vorsitzende Rita Lorentz blickt im Gespräch mit unserer Zeitung auf die bewegende Geschichte des Vereins – und die Landschaftspflege im Ort – zurück. Vor 30 Jahren wurde der Verein gegründet, um zu verhindern, dass die Höchsthalde und die Waldschweine, zwei große Weiden im Todtnauer Ortsteil Brandenberg-Fahl, zuwachsen. Wie jeder sehen kann, ist das Vorhaben gelungen. Die Weiden würden von den Behörden für ihren Artenreichtum bei jeder Gelegenheit gelobt.

Dem Wildwuchs zugesehen

Ihre Erzählung beginnt Lorentz jedoch viel früher als im Gründungsjahr. Sie beginnt bei Gründungsmitglied Willi Beckert, heute 88, der nach seiner Schulzeit als Gemeindehirte arbeitete – mit 20 Rindern und 70 Ziegen. Wer damals seine Tiere an den Weidehirten abgegeben hat, musste pro Kuh einen Tag Frondienst leisten und die Steine auf der Weide zusammentragen, erzählt Lorentz. Doch dann war der Tourismus auf dem Vormarsch – in den 60er-Jahren wurden die Ställe in Ferienwohnungen umgebaut, die Landwirtschaft im Ort sei nahezu aufgegeben worden. Und in Sachen Landschaftspflege? „Ist nichts mehr passiert“, sagt Lorentz. „Man konnte geradezu zusehen, wie die Weiden zuwachsen“, sagt die Vorsitzende des „Geißenvereins“, wie er in Kurzform genannt wird. 1986 habe es dann schon erste Gedanken gegeben, die Halde mit Geißen offenzuhalten.

Sehr viel Eigenleistung

Doch das Landratsamt sei gegen die Vereinsgründung gewesen, Ziegen würden seltene Pflanzen vertreiben, habe es damals geheißen. Später hätten neue Amtsinhaber dann doch die Meinung vertreten, dass ein solcher Verein der Artenvielfalt nutzen würde und man erteilte schließlich die Erlaubnis zur Gründung. Anfangs hätten die Mitglieder ihre Ziegen noch selbst bringen müssen, auch der Stall wurde komplett in Eigenleistung gebaut. Gelder gab es noch keine. Erst ab den 2000er-Jahren sei die Landschaftspflege als wichtig eingestuft worden und es habe Unterstützung mit Landes- und EU-Zuschüssen gegeben, erinnert sich Lorentz.

30 Schwarzwälder Edelziegen mit ihren Jungtieren pflegen heute die beiden Weiden. „Sie sind Hochleistungssportler und sind perfekt geeignet für die Landschaftspflege“, schwärmt Lorentz. Ihr Markenzeichen: Ein schwarzer Streifen von Kopf bis zum Schwanz.

Ziegen zählen Tag für Tag

14 Mitglieder hat der Verein aktuell, davon sechs Aktive, die sich um die Tiere und den Stall kümmern. Wer heraussticht: der einstige Gemeindehirte Willi Beckert. Als Stall- und Weidewart des Vereins ist er für alle Ziegen verantwortlich. Mit seinen 88 Jahren kraxelt er jeden Tag ganz hoch auf die steile Höchsthalde, um alle Ziegen zu zählen. Dies sei wichtig, denn die Bedrohungen durch Wolf, Luchs und Diebstähle seien aktueller denn je – auch wenn ein spezieller Wolfsschutzzaun die Tiere schütze, erzählt Lorentz. „Es ist beachtlich, was Willi leistet“, lobt Lorentz ihren unermüdlichen Mitstreiter – den „Dreh- und Angelpunkt des Vereins.“ Große Lobesworte gab es auch für Renate Hermann, ebenfalls Gründungsmitglied, die 30 Jahre Kassiererin war und das Amt nun an Sabine Beidek abgab.

Die Mitglieder müssen die Tiere im Winter jeden Tag füttern, jeder übernimmt eine Woche. Vor dem Sommer müssen die Zäune aufgelegt und nach der Weidezeit wieder abgelegt werden. Und der Zaun muss regelmäßig ausgemäht werden.

Junge Verstärkung gesucht

Manche der Mitglieder sind schon über 80 Jahre alt, deswegen werden junge Unterstützer gesucht. „Wir bieten Abenteuer auf dem Steilhang“, wirbt Lorentz. Und man müsse sich nicht unbedingt an den Verein binden, um einen Dienst an der Landschaft zu leisten und mitzuwirken. Beispielsweise hätten auch schon die Biosphären-Guides beim Zaunen geholfen. Es gehe um Arbeiten wie den Zaunbau am Steilhang – „um all das, wo es spannend wird in der Landschaftspflege.“

Wer mitmachen will, kann sich melden per E-Mail an: naturpflege-brandenberg@gmx.net oder unter Tel. 07671/7784751.

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