Rossmann kommt nach Bad Bellingen: Der Gemeinderat hat in seiner jüngsten Sitzung mehrheitlich einem entsprechenden Bauantrag zum Neubau eines Drogeriemarkts zugestimmt. Realisiert werden soll er neben dem Rewe-Markt. Von Claudia Bötsch Bad Bellingen. Der Abstimmung vorausgegangen war eine intensiv geführte Diskussion. Denn während die absolute Mehrheit des Gremiums den neuen Drogeriemarkt begrüßte, sprach sich Gemeinderat Wolfgang Müller (Freie Wähler) deutlich und wortreich gegen das Vorhaben aus und äußerte heftige Bedenken. Er stimmte ebenso gegen den Bauantrag wie sein Fraktionskollege Thomas Gerspacher. FW-Gemeinderat Sven Baßler enthielt sich der Stimme. Verkaufsfläche von 656 Quadratmetern Planer Tilman Liewer hatte das Vorhaben – „eine Maßnahme der Innenentwicklung“ – dem Gremium vorgestellt. Demnach plant ein Investor den Bau eines eingeschossigen Markts mit einer Verkaufsfläche von rund 656 Quadratmetern. Das Gebäude hat die Form einer Raute. Der endgültige Entwurf, der in einer weiteren Sitzung beschlossen werden muss, liegt noch nicht vor. Standort ist nördlich vom Rewe-Markt. Errichtet werden soll die Drogerie auf einem Grundstück neben den Parkplätzen, das bisher Grünfläche ist. Die Zufahrt sowie der Gebäudezugang sollen über die Parkplätze des Rewe-Markts erfolgen. Der Neubau zieht einen zusätzlichen Bedarf an Parkplätzen nach sich, neu dazu kommen sollen 16 Stellflächen. Rossmann ist nach dm die zweitgrößte Drogeriemarkt-Kette in Deutschland. Die von hier aus nächstgelegenen Filialen finden sich indes erst in Freiburg und in Waldshut-Tiengen. Gegen das Vorhaben plädierte Gemeinderat Müller, der negative Auswirkungen für die bestehenden Geschäfte befürchtete und generell Sinn und Zweck der Maßnahme in Frage stellte. Angesichts der wie Pilze aus dem Boden schießenden Drogeriemärkte in den umliegenden Gemeinden sah er keinen Bedarf. Müller: Belebung können wir dann knicken „Die Bevölkerung dürfte mit dem regionalen Angebot gut versorgt sein, zumal auch Rewe auf 120 Quadratmetern Drogerieartikel führt.“ Der neue Markt werde den umliegenden Drogeriemärkten Umsätze wegnehmen. „Die Gewerbesteuereinnahmen von Bad Bellingen steigen zu Lasten der umliegenden Gemeinden“, so Müller, der auf „Gewerbesteuer-Kannibalismus“ verwies. Müller befürchtete, dass der neue Markt nicht nur zu Umsatzeinbußen bei Rewe, sondern auch bei Apotheke, Blumenladen und Buchhandlung führen könnten, weil es beim Warenangebot teils Überschneidungen gebe. „Mit einem neuen Drogerie-Markt können wir eine Belebung der Rheinstraße knicken“, war Müller der Ansicht. Mit dieser Meinung stand er in der Diskussion jedoch alleine da. „In der Vergangenheit hatte Bad Bellingen zwei Drogerien, heute gibt es keine mehr“, meinte Bürgermeister Dr. Christoph Hoffmann. Deshalb sei er froh über die Neuansiedlung. Zudem würde Rewe begrüßen, dass eine Rossmann-Filiale neben ihm eröffnet. Der Trend gehe zu Märktezentren, darum würden beide Läden auch profitieren, war der Rathauschef überzeugt. „Wir haben jeden Tag 1000 Besucher im Thermalbad, darunter zahlreiche Schweizer und Franzosen, die viel in deutschen Drogerien einkaufen“, meinte CDU-Gemeinderat Emil Schilling. Er habe keine Bedenken: „Der neue Drogeriemarkt läuft auf jeden Fall.“ Sichtlich angesäuert auf die Kritik Müllers reagierte Frank Fuchs (CDU/Unabhängige): „Ich fühle mich zurückversetzt in die Diskussion, als es damals um die Ansiedlung des Rewe-Markts ging und von Kritikern unter anderem eine ’Totgeburt’ vorausgesagt wurde.“ Heute boome Rewe, „und ich bin überzeugt, auch Rossmann wird boomen“. Kritik an Müller: „Sie sind gegen alles“ Hätte man damals auf die Bedenkenträger gehört, „wären wir noch auf dem Stand von vor zehn Jahren“. In diesem Zusammenhang äußerte er auch deutliche Kritik an Müller: „Egal, was wir machen wollen, Sie sind generell dagegen. Ich frage mich, was Sie damit erreichen wollen“, so Fuchs, der Müller vorwarf: „Was Sie machen, ist kontraproduktiv.“ „Ich bin nicht grundsätzlich gegen alles, aber ich hinterfrage“, konterte Müller, der sich als „Sprecher für die einheimische Unternehmerschaft“ sieht.