Bad Bellingen Rheinweiler verliert sein „Lädele“

Weiler Zeitung
1961 wurde die Bäckerei Gerspacher eröffnet – jetzt sind die Auslagen und Regale leergeräumt. Foto: Claudia Bötsch Foto: Weiler Zeitung

Schließung: Bäckermeister Thomas Gerspacher hört aus gesundheitlichen Gründen auf

Von Claudia Bötsch

Der Ofen ist kalt, die Regale sind leer: Schweren Herzens hat Thomas Gerspacher seine Bäckerei in Rheinweiler zum neuen Jahr geschlossen. Aus gesundheitlichen Gründen konnte der 57-Jährige den Traditionsbetrieb, zu dem auch ein kleines Lädele gehörte, nicht mehr weiterführen. Das Dorf mit seinen rund 1000 Einwohnern verliert eine Einkaufsmöglichkeit – und der Region geht eine weitere Handwerksbäckerei verloren.

Bad Bellingen-Rheinweiler. Die Geschichte der Bäckerei reicht über ein halbes Jahrhundert zurück. Im Jahr 1961 hat der Vater von Thomas Gerspacher das Haus an der Burgunderstraße gebaut und das Geschäft eröffnet. Der Sohn hat es Ende der 1980er Jahre übernommen. Mehr als 40 Jahre stand Gerspacher tagtäglich in der Backstube. Schließlich hat die Bäckerei auch Hotels und Kliniken beliefert, und auch das Pflegeheim gehörte zu den Kunden. Acht Mitarbeiter waren zuletzt in Backstube und Verkauf beschäftigt.

Die Schließung des Geschäfts ist dem Familienvater alles andere als leicht gefallen. „Es tut mir leid um jeden einzelnen Kunden.“ Er sei bereits seit längerer Zeit gesundheitlich angeschlagen gewesen, berichtet er im Gespräch mit unserer Zeitung. Schließlich sei es einfach nicht mehr gegangen. „Der Körper verlangt irgendwann seinen Tribut.“

Thomas Gerspacher ist indes bestrebt, die Geschäftsräume baldmöglichst zu vermieten, und er hofft, einen Nachfolger zu finden. „Wenn jemand den Laden übernimmt, freue ich mich – nicht nur als Inhaber, sondern auch für die Dorfbevölkerung.“ Schließlich sei mit der Bäckerei auch ein Treffpunkt im Dorf verloren gegangen. Und die sind – wie in vielen anderen Orten auch – Mangelware, nachdem auch die letzte Gaststätte schon seit geraumer Zeit geschlossen hat, und die Vereinsgaststätte auch nur noch zu überschaubaren Zeiten öffnet. Geblieben ist den Kunden indes die Metzgerei Dosenbach, die in Rheinweiler auch ihr Stammhaus unterhält.

Eine Bäckerei würde sich wieder anbieten, weil die ganze Infrastruktur mit Öfen und Maschinen gegeben sei, sagt Gerspacher. Aber auch anderes sei denkbar. Er sei jedenfalls bereits mit einigen Interessenten im Gespräch.

Die Geschäftsschließung in Rheinweiler reiht sich ein in das generelle Bäckereisterben, das seit Jahren deutschlandweit grassiert. Wer als Kunde eine traditionelle Bäckerei präferiert, der muss auch im Markgräflerland immer weitere Wege zurücklegen – in nördliche Richtung gibt es beispielsweise erst in Auggen die nächste.

Die Herausforderungen und der Druck nehmen für das Bäckerhandwerk seit Jahren zu. Zum einen sind da der Fachkräftemangel und die Probleme, Nachwuchs zu finden. Gerspacher selbst hat in all der Zeit einige Lehrlinge ausgebildet – davon hätten fünf, sechs sogar als Innungsbeste abgeschnitten. Kaum einer sei jedoch nach der Ausbildung der Branche treu geblieben, bedauert er. „Fast alle wandern in andere Berufe ab.“ Für das Bäckerhandwerk müsse man eben geboren sein; vor allem die Arbeitszeiten schreckten viele ab.

Den kleinen Betrieben macht jedoch vor allem die Konkurrenz durch große Backfabriken, zahlreiche Ketten und Backshops sowie Discounter mit Fertigprodukten aus der Tiefkühltruhe zu schaffen. Dazu kommen veränderte Konsumgewohnheiten, die nach einer Siebentage-Woche für frische Brötchen verlangen – und Bequemlichkeit in einer schnelllebigen Zeit: „Wer im Supermarkt einkauft und geschnittenes Brot im Regal sieht, packt es auch noch schnell in den Wagen“, weiß Gerspacher. Darüber hinaus beklagt der Bäckermeister die zunehmende Bürokratie als Selbstständiger, und verweist beispielsweise auf den „großen Dokumentationsaufwand“. Der generelle Aufwand werde immer größer, der Ertrag immer kleiner, beschreibt er das Dilemma.

Zu spüren bekam Gerspacher auch die Eröffnung des Rewe-Markts im Kernort. Als Gemeinderat hatte er damals trotzdem für dessen Ansiedlung gestimmt – „weil es für Bad Bellingen und seine Entwicklung richtig und wichtig war“. Obgleich ihm schon bei der Abstimmung klar gewesen sei, dass ihn das wirtschaftlich treffen werde.

Mit der Bäckerei hat Rheinweiler auch seinen Tante-Emma-Laden verloren – einer der letzten, den es in der Region noch gab. Angeboten wurden Lebensmittel und Dinge des täglichen Bedarfs, vom Obst und Gemüse über Drogerieartikel bis hin zu Zeitschriften. In Liel und Obereggenen haben ähnliche Lädele bereits vor ein paar Jahren ihre Pforten geschlossen.

Priorität haben für Gerspacher jetzt seine Gesundheit und die Familie. Er ist verheiratet und hat zwei Kinder, sie sind acht und zwölf Jahre alt. „Jetzt stehen erst einmal Untersuchungen an, Medikamente müssen eingestellt werden, und ich muss erst mal zur Ruhe finden.“

Auch als Gemeinderat (Freie Wähler) hat er sich zunächst für diesen Monat zurückgezogen. Gerspacher gehört seit mehr als 20 Jahren dem Bad Bellinger Gremium an, zudem sitzt er im Aufsichtsrat der Bade- und Kurverwaltung.

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