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Bad Bellingen Tödlicher Unfall beim Grasbahnrennen

Weiler Zeitung
Auch für die Rettungskräfte war es ein schockierender Moment: Obwohl sie umgehend beim Verunfallten waren, konnten sie ihm nicht mehr helfen. Fotos: Jutta Schütz Foto: Weiler Zeitung

Stefan Müller wird am Samstag beim Trainingslauf überrollt und stirbt auf der Strecke / EM-Finale abgesagt

Von Jutta Schütz

Bad Bellingen-Hertingen. Ein Verein und mehr als 2000 Besucher stehen unter Schock: In den Vorläufen zum EM-Finale ist es in Hertingen beim 43. UGT-Grasbahnrennen zu einem tödlichen Unfall gekommen. Der Beifahrer von Karl Keil, Stefan Müller, starb nach einem Sturz während des Pflichttrainings noch auf der Rennstrecke. Das Gespannteam aus Hessen gehörte zu den EM-Finalisten, die für das in Hertingen geplante EM-Finale an den Start gehen sollten. Das Rennen wurde vom Veranstalter MSC Rebland sofort abgesagt. Noch nie hat es auf dem Markgräfler Ring einen tödlichen Unfall gegeben.

Am Markgräfler Ring gingen sofort nach Bekanntgabe von Stefan Müllers Tod die Flaggen auf Halbmast. Die Zuschauer und die Fahrer quittierten die Todesnachricht und den Rennabbruch mit Schweigen. An der Rennstrecke war es fast unheimlich still. Viele Gäste und auch Rennteams packten leise zusammen und verließen betroffen Zuschauerräume und Rennstrecke. Andere wiederum harrten still an ihren Zuschauerplätzen oder im Fahrerlager aus.

Wer Zeuge des Unfalls war, der in der zweiten Runde des Pflicht-Startbandtrainings im Anstieg der Kurve hinter dem Start kurz nach 17 Uhr passierte, den musste sofort ein schlechtes Gefühl beschleichen. Der genaue Hergang ist noch nicht geklärt; aber mehrere Zuschauer berichteten übereinstimmend, dass sich das Gespann Karl Keil und Stefan Müller beim Beschleunigen drehte und Stefan Müller dabei aus dem Seitenwagen fiel.

Die Angehörigen sind Zeuge des Unfalls

Dicht hinter den beiden folgte das Team Guillaume Comblon/Chloë Ages, das bei dem hohen Renntempo überhaupt keine Chance mehr hatte zu reagieren. Comblon/Ages überrollten den auf der Bahn liegenden Stefan Müller. Das dritte folgende Team, Imanuel Schramm und Hermann Bacher, konnte noch rechtzeitig reagieren. Innerhalb von einer Minute waren die Rettungskräfte vor Ort, die den regungslosen Körper wiederzubeleben versuchten und dann sofort einen Rettungshubschrauber anforderten.

„Stefan Müller hatte keine Chance; er war zu schwer verletzt“, sagte Thomas Gilgin von der DRK-Bereitschaft Schliengen. Das DRK und die Bad Bellinger Feuerwehr mit dem Stellvertretenden Kommandanten Mirko Lemic und Gesamtkommandant Marco Maier gehörten zu den Ersthelfern. Beim DRK-Team waren drei ganz neue Mitglieder vor Ort. „Der erste Einsatz und dann gleich so ein schlimmer“, meinte Gilgin.

Ersthelfer und Beamte der sofort verständigten Polizei kümmerten sich zudem um die Familienangehörigen von Stefan Müller, die Zeuge des Unfalls waren und um das französische Team Comblon/Ages, das psychologisch betreut wurde. Chloë Ages hatte sich ebenfalls Verletzungen zugezogen.

Bürgermeister Christoph Hoffmann, Schirmherr der Veranstaltung, und seine Frau Cordula fungierten dabei als Dolmetscher. Ein Notfallseelsorger war vor Ort, dazu kam kurzfristig der per Handy verständigte ehemalige Bad Bellinger Diakon Horst Panzer, der den für Sonntag angesetzten Gottesdienst im Festzelt hielt (siehe separaten Artikel).

Absage stand für Veranstalter außer Frage

Dem Vorsitzenden des MSC Rebland, Frank Fredrich, seiner Stellvertreterin Bianca Aenis und der Rennleiterin Silke Großhans standen Tränen in den Augen. Der Verein war so stolz gewesen, den Endlauf des Grasbahn-Europameisterschafts-Seitenwagen-Finales zugesprochen bekommen zu haben. Bereits im vergangenen Jahr musste das Rennen in Hertingen wegen schlechten Wetters abgesagt werden. Die diesjährige Absage stand aber für den Verein angesichts des Unfalls außer Frage. „Wir werden einen Teil der Einnahmegelder der Familie von Stefan Müller spenden“, sagte Fredrich.

Abgesagt wurden alle folgenden Veranstaltungen des Abends samt Musik und Feuerwerk, sowie die Last Dance Party am Montag. Das Festzelt blieb aber geöffnet, denn der Verein hatte Essen für 3000 Gäste vorbereitet. Zudem suchten viele Zuschauer eine Möglichkeit, über das gerade Gesehene zu sprechen. Horst Panzer sprach im Zuschauerraum viele geschockte Bekannte an, die teilweise auch zu den Helfern an der Strecke gehörten. Viele davon waren seine Konfirmanden.

Die Zuschauer an der Strecke reagierten überwiegend verständnisvoll auf den Rennabbruch. Kaum jemand verlangte sein Eintrittsgeld zurück. Auch die sofort im Internet auf Speedway-Fan-Seiten gestellten Einträge zeigen größtenteils tiefe Betroffenheit.

Opfer hatte gute Chancen auf EM-Titel

Das Team Keil/Müller aus Hessen war bei Rennsportkollegen und Publikum seit Jahren bekannt. Liebevoll wurde es „der hessische Oldie-Express“ genannt, weil es auch diesmal im Finalfeld das älteste Team war. Keil ist 64 Jahre alt; sein Partner Stefan Müller wurde 55. 1996 war Müller als Beifahrer von Peter Murmann Vize-Europameister geworden. Müller hatte sich vor dem Rennen in Hertingen gerade nach einem Startunfall Anfang Juli, als er sich verletzte, als Partner von Keil zurückgemeldet. Im EM-Halbfinale in Loppersum in den Niederlanden hatte sich das Team Keil/Müller bereits den zweiten Platz erkämpft – die Chancen im für Hertingen geplanten Finale standen gut.

Fahrer lobten zuvor noch die tolle Strecke

Keiner der Fahrer machte den Veranstaltern einen Vorwurf. „Wir fahren immer mit dem Risiko, dass etwas passieren könnte – die Bahn war ausgezeichnet präpariert, die Sicherheitsvorkehrungen hervorragend. Noch nie waren die Bedingungen am Markgräfler Ring so gut“, meinten übereinstimmend fassungslose Solo- und Gespannfahrer, die überwiegend schon seit Jahren nach Hertingen kommen. Insbesondere das Damenteam Natasha Bartlett und Chiara Southgate aus England, das in der B-Lizenz Seitenwagen die Konkurrenz bei der Punktewertung bei einer Vorentscheidung schon deklassiert hatte, hatte den Kurs schlichtweg als „great“ bezeichnet.

Den Verein trifft die bereits zweite Rennabsage in Folge besonders hart . Der finanzielle Verlust des Rennausfalls 2014 war noch nicht wieder aufgefangen. Umso wertvoller war es für den Verein, dass alle Sponsoren auch 2015 zum Verein standen.

Die Wetterbedingungen waren diesmal optimal; und die Baden-FM-Party zum Rennwochenende-Einstand war bereits ein voller Erfolg. „Trotzdem war es für uns überhaupt keine Frage, dass man nach einem solchen Unglück ein Rennen und selbst ein EM-Finale einfach absagen muss“, stellte Frank Fredrich klar.

u Weiterer Bericht im Regiosport

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