^ Basel: Das letzte Original - Basel - Verlagshaus Jaumann

Basel Das letzte Original

Die Oberbadische
Foto: Saskia Scherer Foto: Die Oberbadische

Portrait: Der singende Basler Ladenbesitzer Graf Seismo hat viel erlebt

Von Saskia Scherer

Karibische Musik dröhnt aus dem Second Hand-Laden am Basler Messeplatz. An der Tür wartet Besitzer Graf Seismo, der sich selbst als „das letzte Original“ bezeichnet – und den Laden als seine Bühne.

Basel. Graf Seismo, der bürgerlich Frank Keller heißt, lebt nach dem Motto „Reim muss sein“ und gibt gleich ein paar Sprüche zum Besten: „Kauft Gitarren, besser als sparen“ oder „Spaß auf dem Bass“ dichtet er. Sein Name entstand, weil er selbst „verdreht“ sei.

Auf die Frage nach seinem Alter antwortet er: „Ich war mal 60“ und grinst. In Wirklichkeit ist er 72. Und der erste arme Schweizer, wie er sagt. „Ich habe keinen Computer, keine Uhr und kein Handy“, erzählt er. Dafür habe er „Sammelwut im Blut“.

Graf Seismo wurde im Kanton Solothurn geboren und machte eine Lehre als Retoucheur im grafischen Gewerbe. „Der Beruf existiert heute nicht mehr, das wird alles elektronisch gescannt“, sagt er. Nach vier Jahren machte er seinen Abschluss und begab sich dann auf seine erste große Reise. Gemeinsam mit einem Freund setzte er sich in eine „Ente“ und fuhr los.

Mitten in seiner Erzählung klingelt die Türglocke und eine Kundin betritt den Laden. Graf Seismo springt auf, ruft „Welcome“ und unterhält sich kurz.

„Wir waren ein halbes Jahr unterwegs“, erzählt er schließlich weiter. „Über Palermo, Tunis, Ägypten, Beirut und Damaskus, eine der ältesten Städte der Welt, sind wir schließlich in Kuwait angekommen.“ Zurück ging es über Aleppo und Griechenland. „Wir wollten etwas erleben, etwas sehen.“

Zurück in der Schweiz begann Graf Seismo als Berufsmusiker zu arbeiten. Schweizweit trat er in Clubs auf, spielte jede Nacht Bass und sang. „Das war meine musikalische Ausbildung“, erklärt er. Auf der Bühne lerne man viel.

Als er sich Veränderung wünschte, hängte er die Musikerkarriere (vorerst) an den Nagel. „Ich hatte dann eine Familie und habe mit Flohmärkten angefangen“, berichtet er. Das war vor 30 Jahren – damals begann die Sammelwut. Los ließ Graf Seismo die Musik aber doch nicht. Deshalb betitelt er sich seit 25 Jahren als Singer/Songwriter. „Liedermacher ist zu harmlos“, sagt er. Und so habe sich auf seinem Weg auch sein musikalischer Charakter herausgebildet. „Ich bin das letzte Original“, sagt er. Er sei authentisch, habe einen eigenen „Groove“ und einen „Blumenstrauß an Themen“.

Graf Seismo spielte laut seinen Erzählungen unter anderem auf den kanarischen Inseln, in Marokko und in Mexico-City. „Dort hat mich ein Produzent entdeckt, aber ich wollte frei sein“, erzählt er. Auch seinen Sohn nahm er einige Male mit, als er von seiner Frau geschieden war.

Mittlerweile ist er auch Kunstpfeifer. „Weil ich im Block wohne und Mundharmonika zu laut ist, habe ich auf Pfeifen umgestellt. „So bin ich zur Superpfeife mutiert“, schmunzelt er.

Den Laden am Riehenring 65 hat er seit rund sieben Jahren. Er entdeckte damals ein Sammelinserat. „Glück muss man haben“, sagt er. Mittlerweile ist das Gebäude ein Abrissobjekt, der Vertrag wurde aber schon dreimal verlängert. Wo er hingeht, wenn es zum Abriss kommt, weiß er nicht. Auf jeden Fall will er alles verkaufen. „Ich bin Verwalter vom eigenen Gerümpel“, meint er und grinst.

Umfrage

Bargeld

Die FDP fordert Änderungen beim Bürgergeld. Unter anderem verlangt sie schärfere Sanktionen. Was halten Sie davon?

Ergebnis anzeigen
loading