Basel Denn wir sind Viele

Die Oberbadische
Foto: Betalife Productions Foto: Die Oberbadische

Festival: Über 30 Produktionen bei „Wildwuchs“: Tanz, Theater, Musik und Bildende Kunst

Von Gabriele Hauger

Basel. Was ist innen, was ist außen? Wie fühlen wir uns im Herzen, wie geben wir uns in der Öffentlichkeit? Den Blick auf gesellschaftlich akzeptierte Normen einerseits und das Seelenleben der Menschen andererseits zu schärfen, hat sich das Festival „Wildwuchs“ in seiner diesjährigen Auflage auf die Fahnen geschrieben.

Vom 1. bis 11. Juni lädt das Team um Gunda Zeeb über 30 Produktionen mit etwa 150 Beteiligten ein, Spannendes aus den Bereichen Tanz, Theater, Musik und Bildende Kunst zu zeigen. Veranstaltungsorte sind die Kaserne Basel, das Roxy Theater Birsfelden und die Universitären Kliniken (UPK) Basel. Es geht um Grenzen und Perspektivenwechsel, die auch von Menschen unterschiedlicher Behinderungen dargebracht werden. Dabei stehe der Mut machende Slogan „Wir sind Viele“ im Vordergrund, so Festivalleiterin Zeeb beim Pressegespräch.

2001 ins Leben gerufen, findet „Wildwuchs“ nun zum achten Mal statt. „Wir suchen dabei immer nach neuen Wegen und versuchen, die Zugänglichkeit zum Besuch der Aufführungen und Angebote weiter zu erleichtern“, so Zeeb. Dazu tragen unter anderem die günstigen Preise von 15 Franken pro Veranstaltung bei. Außerdem ist das Programmheft bewusst in einfacher Sprache geschrieben, um es für alle Bevölkerungsschichten verständlich zu gestalten. Es gibt bei den Vorführungen Übersetzungen in Gebärden- und Schriftsprache für Hörgeschädigte, die Stücke werden audiodeskribiert. Außerdem werden so genannte „Relaxed Performances“ angeboten. Dabei werden die Stücke bei offenen Türen und hellem Licht gezeigt und Verständnishilfen angeboten.

Angesichts der Fülle der interessanten Darbietungen, konnten auch bei der Programmvorstellung nur einzelne Inszenierungen hervorgehoben werden. Dazu gehören sicherlich die Auftritte der Unmute Dance Company aus Südafrika. Sie zeigen in der Kaserne (1. / 2.  Juni) unter dem Titel „Ashed“ (Asche) ein visuelles, akustisches Projekt mit vier zum Teil behinderten Tänzern, vier Skulpturen und einer Sängerin. Das Stück nimmt Bezug auf den Ausbruch des Vesuvs vor 2000 Jahren und widmet sich so inspiriert den gesellschaftlichen Themen Südafrikas nach der Apartheid. Es geht um Polizeigewalt gegen Demonstranten, um sexuelle Gewalt, um gesellschaftliche Auswüchse. Das Stück erkundet die Grenzen zwichen leblosen und lebendigen Körpern und hinterfragt so, ob die Gesellschaft des Landes zunehmend versteinert.

Einen Doppel-Tanzabend zeigt der österreichische Tänzer und Choreograf Michael Turinsky (5./6. Juni). In einem Solo setzt er sich mit seiner Behinderung auseinander. Es geht darum, was eine Behinderung mit einem Menschen macht. Im zweiten Stück tanzt er mit anderen zu Rap und Techno und zeigt, dass man alles miteinander verbinden kann.

Das Musiktheater „Beat- me-mich“ von Jörg Köppl (8./9. Juni, Reithalle) bringt sieben Rollstuhlfahrer mit der Duchenne-Krankheit, einer zunehmenden Muskelschwächung, auf die Bühne. Diese Menschen brauchen Maschinen, die das Atmen unterstützen. Diese wiederum machen Geräusche, die zu einer Klangebene werden – parallel dazu erzählen die Betroffenen ihre Geschichten. Ein Stück mit eigener künstlerischer Ästhetik, jenseits jeglichen Betroffenheitstheaters, so Gunda Zeeb.

Das Festival lädt zudem zu einem Audio-Walk mit dem Titel „Widerhall an der Grenze“ ein. Mit Kopfhörer geht es durch außergewöhnlich international bewohnte Viertel in Basel, die kaum ein „normaler“ Bürger kennt. Dabei erzählen Menschen, die man dort trifft ihre Geschichte (4.-7. Juni).

„Twenty Four“ im Roxy Theater (7.-9. Juni) entstand unter Mitarbeit von Jugendlichen aus der Jugendpsychiatrie. Die Universitären Psychatrischen Kliniken (UPK) arbeiten schon lange mit „Wildwuchs“ zusammen. Dabei treffen Kunst und Klinik aufeinander. Das Park-Areal wird als Spielstätte genutzt. Mitarbeiter, Patienten, Gäste und Künstler treffen hier aufeinander. Deborah Neininger schuf aus ihren Erfahrungen und Gesprächen mit den jungen Menschen der UPK ein Theaterstück. Es geht darum, was die Jugendlichen bewegt, wie sie sich fühlen, wie sie ihren Tag füllen, wovor sie Angst haben, wovon sie träumen. Umgesetzt werden diese Aussagen von Schauspielern. „Die Performance ist berührend, schräg, denkwürdig und engagiert“, fast die Regisseurin zusammen.

  Infos: www.wildwuchs.ch

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