Basel „Es war eine Frage der Ehre“

Die Oberbadische

Erster Weltkrieg: Neues Informationszentrum auf dem Hartmannsweilerkopf zeigt eindrückliche Dauerausstellung

Von Michael Werndorff

Rund 20 000 deutsche und französische Soldaten haben im Ersten Weltkrieg bei den Kämpfen auf dem Hartmannsweilerkopf in den Südvogesen ihr Leben verloren. Jetzt wurde an der nationalen Erinnerungsstätte ein Historial eröffnet, das Besuchern im Rahmen einer eindrücklichen Dauerausstellung das Kriegsgeschehen näherbringen soll.

Regio. Weder verrostetes Kriegsgerät noch auf Hochglanz polierte Säbel und Orden erwarten den Besucher in dem jüngst eröffneten Informationszentrum, dessen Grundstein am 3. August 2014 vom damaligen Präsidenten François Hollande und Bundespräsident Joachim Gauck gelegt wurde.

Stattdessen kommen in Form einer Multimediainstallation Soldaten zu Wort, die am und auf dem Hartmannswillerkopf, wie der Berg auf elsässisch heißt, nicht nur gegen den Feind, sondern auch gegen die herausfordernden topografischen Verhältnisse ankämpfen mussten. Zudem gibt es interaktive, mehrsprachige Infosäulen, welche das Geschehen des Stellungskriegs an der Vogesenfront und die Bedeutung des Kriegsschauplatzes erklären sowie Fotografien und Briefe von Soldaten präsentieren, die den Besucher auf den anschließenden Besuch des Schlachtfelds vorbereiten sollen. Darüber hinaus wurde ein Multifunktionsraum eingerichtet, in dem auf Knopfdruck ein 20-minütiger Film jene Momente beleuchtet, die zum Ausbruch des Ersten Weltkriegs führten.

„Von Beginn an stand fest, dass kein Militärmuseum entstehen wird. Solche gibt es in der Nähe genug“, erklärt der in Freiburg lebende Historiker Gerd Krumeich, der gemeinsam mit Nicolas Offenstadt dem wissenschaftlichen Ausschuss vorsteht, welcher die Ausstellung mit konzipiert hat. In dem Ausschuss vertreten sind unter anderem Historiker, Archivare und Kulturbeauftragte aus Deutschland und Frankreich, die sich zunächst einmal auf einen gemeinsamen Diskurs einigen mussten. „Wir haben nie gestritten, aber es hat schon gedauert, bis die Texte erarbeitet waren und der Blick auf das Kriegsgeschehen jeweils aus deutscher und französischer Perspektive gezeigt werden konnte“, sagt Krumeich im Gespräch mit unserer Zeitung.

Das Besondere am Hartmannsweilerkopf war, dass beide Kriegsparteien davon ausgingen, eigenen Grund und Boden zu verteidigen, denn das Elsass gehörte bis 1871 zu Frankreich, seit dem Ende des Deutsch-Französischen Kriegs von 1870/71 aber zum Deutschen Kaiserreich. Mithin erklärt das auch die Härte der Kämpfe, an denen – anders als in Verdun oder an der Somme – überwiegend Spezialtruppen, meist Gebirgsjäger, beteiligt waren, wie der Historiker erklärt. Der Berg, auch Menschenfresser oder Berg des Todes genannt, war zunächst von strategisch hoher Bedeutung, weil man mit den auf 1000 Meter Höhe platzierten Geschützen die Rheinebene samt Straßen und Bahnstrecke präzise unter Beschuss nehmen konnte und so das Gebiet dominierte.

Immer wieder verschob sich vor Ort der Frontverlauf um einige Hundert Meter, eine Angriffswelle folgte der anderen, doch schon im Jahr 1915 war der Hartmannsweilerkopf beim Wettlauf nach Westen ein Nebenkriegsschauplatz. Nichtsdestotrotz wurde weiter erbittert um die Bergspitze gekämpft – diese zu verteidigen, sei für beide Parteien eine Frage der Ehre gewesen, weiß der Historiker, der sich über die überaus positive Resonanz seit Eröffnung des Informationszentrums freut.

Die Besucher nutzen das Historial, um vor dem viereinhalb Kilometer langen Rundgang über den ehemaligen Kriegsschauplatz zum Gipfel des Hartmannweilerkopfs eine Einführung zu erhalten. Besichtigt werden können deutsche und französische Unterstände und Verteidigungsanlagen, mehrsprachige Informationstafeln erläutern das Alltagsleben der Soldaten.

Offiziell eingeweiht wird das neue Informationszentrum auf dem Hartmannsweilerkopf am 10. November von Frankreichs Präsident Emmanuel Macron, eingeladen ist auch Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier.

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