Die Oberrhein-Region will dem Klimawandel gemeinsam die Stirn bieten. Obwohl grundsätzlich Einigkeit darüber herrschte, in Südbaden, den beiden Basler Kantonen und dem Elsass die Energiewende voran zu bringen, wurden gestern bei einer Fachkonferenz aber regionale Befindlichkeiten und die besonderen Interessen der Wirtschaft deutlich. Von Marco Fraune Regio. Zum Abschluss des dreistündigen ersten trinationalen Klima- und Energiekongresses in Liestal standen drei Unterschriften an: Die Regierungsvertreter von Basel-Stadt und Baselland sowie aus dem Elsass unterschrieben das „Memorandum of Understanding“, mit dem sie gemeinsam ein Signal zur bevorstehenden Weltklimakonferenz in Paris sendeten (siehe Seite „Wirtschaft“). Es handele sich nicht um einen Vertrag, sondern die Regionen bekennen sich zum Ziel des Klimaschutzes. Beide Basel: Für Basel-Stadt werde sich mit der Unterzeichnung nicht viel bei der Energiepolitik ändern, da die ausgegebenen Ziele schon im Gesetz stünden, erklärte Matthias Nabholz, Leiter des Amtes für Umwelt und Energie. „Doch es ist ein Zeichen, dass man mit gemeinsamen Schritten voran gehen kann.“ Der Klimawandel sei ein globales Problem, das lokale Lösungen erfordere. Damit lag er auf einer Wellenlänge von Regierungspräsidentin Bärbel Schäfer, die auf die Energiewende vor Ort setzt. „Wir sind lokal gefordert.“ Auf einen Schulterschluss der Regionen bei der Klima- und Energiepolitik setzt dabei Sabine Pegoraro, Regierungsrätin von Baselland. Alleingänge von Regionen und Staaten stellten keine Lösung dar. Handlungsbedarf: Angegangen werde ein „Systemwechsel“ von einer zentralen Stromversorgung mit Kohle und Kernkraft hin zu einer dezentralen mit regenerativen Quellen, erklärte Europaminister Peter Friedrich. Dabei setzt er auf die „Digitalisierung des Energiesystems“, womit die Energiewende zum Innovationstreiber werden könne. Die vorhandene grenzüberschreitende Zusammenarbeit soll auch auf dem Feld des Klimaschutzes voran gebracht werden. Für den Europaminister steht insgesamt fest, dass es am Oberrhein Koalitionen von Akteuren benötigt, die zusammen etwas hinbekommen wollen, was er als „System der losen Koppelungen über die Grenzen hinweg“ beschrieb. Sicht des Schweizer Bundes: Walter Steinmann, Direktor des Schweizer Bundesamtes für Energie, hofft darauf, dass die von der Nordsee in Richtung Süddeutschland verlaufende Stromtrasse auch bis zu den Alpen fortgeführt wird. Bei der Geothermie geht es ihm hingegen darum, Lehren aus der Vergangenheit zu ziehen. „Es darf kein zweites Basel geben“, womit er an die Bohrung erinnerte, bei dem im Jahr 2006 ein kleines Erdbeben ausgelöst wurde. Es müsse zuvor Versuchsbohrungen und Forschungen geben. Im Mobilitätsbereich verwies Steinmann auf den Ausbau der Infrastruktur mit Elektrotankstellen an den Autobahnen. Energiestädte sieht er als Vorreiter. Frankreich: Für das Elsass unterschied Jean-Marie Belliard, Vizepräsident der Région Alsace, zwischen den von Paris vorgegebenen ehrgeizigen Zielen und den Aktivitäten vor Ort. Niedrigenergiehäuser, öffentliche Förderungen für private Hausbesitzer, Energieeffizienz in Unternehmen und die Einbindung von Akteuren nannte er als Stichworte. Der Willen zur Energiewende sei vorhanden. Wobei Belliard einschränkte, dass auch auf unterschiedlichen Wegen die Ziele erreicht werden könnten. Die allgemeine Energiepolitik werde aber in Paris gemacht, ergänzte der Elsässer Kammervertreter Bernhard Stirnweiss. Zum Glück sei der Präsident am Thema Energiewende interessiert. Doch: „Die Atom-Lobby ist in Frankreich sehr einflussreich.“ Und in Fessenheim ginge es immerhin um 4000 Arbeitsplätze. „Das gesamte Gebiet macht sich Sorgen.“ Die Unternehmen: Die kritischsten Töne der Veranstaltungen lieferte Christoph Buser, Direktor der Wirtschaftskammer Baselland, der auf die Belastungen für die Betriebe bei der Energiewende verwies. So könnten sich viele Unternehmen nur noch marginal verbessern, insbesondere die energieintensiven. Als Schreckgespenst malte er die Abwanderung ganzer Industriezweige an die Wand. „Wer seine Hausaufgaben macht, soll nicht noch bestraft werden“, warb er für finanzielle Entlastungen. Auch günstigere CO2-Zertifikate seien wichtig. Die Wirtschaft sei zudem auf Versorgungs- und Planungssicherheit angewiesen. Kathrin Amacker, Präsidentin von Regio Basiliensis, konterte. „Die Wirtschaft hat schon viel gemacht, doch es befreit nicht, noch weiter zu denken.“ Mit der Digitalisierung habe man einen weiteren Hebel in der Hand. Klaus Preiser, Geschäftsführer von Badenova, erachtet die Energiewende als große Chance. „Wir sind ein gesegnetes Land für regenerative Energien.“ Der Energieversorger setzt auch Hoffnungen auf die Nutzung von Erdgasleitungen als Stromspeicher.