Von Marco Fraune Basel. Die Grenzgänger sollen freiwillig auf die Entlohnung in Franken verzichten und stattdessen Euro erhalten. Nachdem der Zahnimplantate-Hersteller Straumann mit dieser Idee schon Schlagzeilen gemacht hat, will nun auch der Basler Brillenglashersteller Optiswiss seine Arbeitnehmer aus Deutschland und Frankreich dazu bewegen. „Das war bisher ein Tabu“, weiß der Unternehmenschef Denis-André Zaugg um den ersten Schock, den er Mitarbeitern damit versetzt hat. Die Gewerkschaft lehnt das Vorgehen deutlich ab. Die jüngste Betriebsversammlung bei Optiswiss hatte es in sich: Die Löhne für die 107 Grenzgänger unter den rund 200 Mitarbeitern sollen bald in Euro bezahlt werden, wurden hier die Pläne des Brillenglasherstellers vorgestellt. Damit soll der bisher geltende Franken-Euro-Wechselkurs von 1,20 wieder gelten. „Sehr viel Unruhe“ habe dies ausgelöst, ist aus Teilnehmerkreisen zu hören. „Diskriminierung“ und „Zwang“ sind von Betroffenen aus der Belegschaft zu vernehmen. Dies weist Unternehmenschef Zaugg auf Anfrage unserer Zeitung von sich. Die Entlohnung in Euro erfolge nur, wenn beide Seiten zustimmen, also auf freiwilliger Basis der Beschäftigten. Auch werde eine Bedenkzeit eingeräumt. Mit der Maßnahme solle erreicht werden, dass es nicht zu einem Arbeitsplatzabbau kommt. „Wir machen das, was für uns richtig ist“, will er gar nicht erst mit Straumann verglichen werden, oder als Speerspitze eines neuen Trends hin zur Entlohnung von Grenzgängern in Euro gelten. „Wir versuchen, das Problem anzupacken.“ Und dieses besteht für den Unternehmer in dem sich verstärkten Währungsrisiko. „Wir müssen uns vor den riesigen Schwankungen schützen.“ Als der Kurs von 1,50 auf 1,20 gefallen sei, habe man dies noch mit Kostensenkungen auffangen können. Die Herstellung von Druckerzeugnissen wurde nach Europa verlegt, Rohstoffe werden seit langem in Dollar eingekauft und die Automatisierung der Produktion wird weiter voran getrieben, um die Produktivität zu steigern. Doch nach der Entscheidung der Schweizerischen Nationalbank, nicht mehr am festen Wechselkurs festzuhalten, und der damit verbundenen neuen Frankenstärke sah sich das Unternehmen zum Handeln gezwungen. Denn: 70 Prozent der Einnahmen werden in Euro erzielt, während rund zwei Drittel der Ausgaben in Schweizer Franken anfallen, erklärt Zaugg. „Das Wechselkursrisiko liegt voll bei der Firma.“ Das Ziel sei nun, den Betrieb so aufzustellen, dass die Einnahmen in Euro den Ausgaben entsprechen – eine „natürliche Absicherung“. Daher schlage die Firma ihren Beschäftigten die Bezahlung in Euro vor und diskutiere dies. Betroffen wäre die Hälfte der Belegschaft. Wenn diese mitziehe, könne die „Balance“ wieder hergestellt werden, wirbt Zaugg. Denn: „Wir wollen hier weiter produzieren.“ Die Umstellung des Lohns auf Euro sei „absolut freiwillig“, betont der Chef. Doch wenn zu viele den Plan ablehnen würden, könne das Ziel nicht erreicht werden. Dies bedeutet dann eventuell einen Arbeitsplatzabbau – „nicht komplett, aber in bestimmten Bereichen“. Die Skizzierung solcher Szenarien kennt Pepo Hofstetter von der Gewerkschaft Unia. Doch Lohnsenkungen in Zusammenhang mit der neuen Frankenstärke lehne man ab. „Das Unternehmen wälzt das Währungsrisiko auf die Beschäftigten ab“, betont der Unia-Sprecher. Die Freiwilligkeit, auf welche Optiswiss oder auch Straumann setzen beziehungsweise gesetzt haben, stellt Hofstetter infrage. Die Beschäftigten würden eingeschüchtert. „Es wagt kaum jemand, sich dagegen zu wehren.“ Dass aber viele Unternehmen in der Nordwestschweiz solche Pläne verfolgen, kann der Unia-Sprecher nicht bestätigen. Mit Befriedigung hat die Unia Nordwestschweiz zudem zur Kenntnis genommen, dass sich die Grenzgänger des Unternehmens Straumann gegen die Entscheidung, Eurolöhne einzuführen, erfolgreich gewehrt haben. Die Gewerkschaft erinnert daran, dass die Einführung von Eurolöhnen „illegal und gemäß dem Obligationenrecht verboten sind“. Wer in der Schweiz arbeite, habe das Recht auf einen Schweizer Lohn. Straumann kann mit Zustimmung der Mitarbeiter nun aber deren Löhne kürzen, nicht nur das Gehalt der Grenzgänger (u siehe Bericht unten). Viele Betriebe würden aber nach anderen Lösungen suchen, weiß Unia-Sprecher Hofstetter. Die von der Frankenstärke besonders betroffene Metall- und Maschinenbau-Industrie setze verstärkt auf die Arbeitszeitverlängerung ohne Lohnausgleich, womit die vollen Auftragsbücher abgearbeitet werden könnten. Hier will die Gewerkschaft keine starre ablehnende Haltung einnehmen, sondern zuerst Zahlen sehen, ob sich der Betrieb in einer Notsituation befindet. Schließlich sei der Import von Rohstoffen nun günstiger für die Firmen, führt der Gewerkschaftler auch Entlastungen an. u Siehe Eingekreist