Von Michael Werndorff Basel. Ein kleines Atelier in der Basler Altstadt, Porzellanstaub, Schemel und Töpferscheibe: Wenn er nicht gerade auf Reisen ist, arbeitet Arnold Annen an fragilen Kunstwerken, die Sammler und Liebhaber auf der ganzen Welt begeistern. Sein einziges Material ist weißes, unglasiertes und hauchdünnes Limoges-Porzellan. Begonnen hat die Karriere von Arnold Annen im Berner Oberland. Dort hat er seine Töpferlehre absolviert, aber schnell war dem mittlerweile weltbekannten Porzellankünstler klar, dass er die Gebrauchskunst der Bauernkeramik nicht auf Dauer herstellen wollte. „200 Stück am Tag zu produzieren, hat mir nie gefallen, daher habe ich schnell den Entschluss gefasst, mich weiter zu entwickeln. Ich wollte eben meinen eigenen Weg finden“, erzählt Annen, den es nach seiner Lehre rasch nach Genf und dann weiter nach Frankreich zog, wo er sein Wissen vertiefte. Ein wichtiger Schritt sei aber der Sprung nach Japan gewesen. In Bizen, einem japanischen Töpferdorf, hat er das alte und traditionsreiche Handwerk von der Pike auf gelernt. Nicht nur eine andere Herangehensweise und Technik eignete er sich an, auch der Stellenwert der Keramik hinterließ bei ihm Spuren. „Die Japaner haben eine ganz andere Einstellung zu Keramik“, stellte er fest. Von Gebrauchskunst distanziert sich Annen, obwohl seine weißen Porzellanschalen für den einen oder anderen Betrachter auf den ersten Blick so aussehen mögen. Zudem sieht man den fertigen Stücken gar nicht an, welches Fingerspitzengefühl dafür notwendig ist, um solche Kunstwerke zu erschaffen. Große, bereits dünnwändig gedrehte Schalen schabt er mit einem Messer noch weiter ab, sodass nach dem Brennen, das Licht hindurchscheinen kann. „Dabei gehe ich immer bis an die Grenzen des Machbaren“, sagt er und deutet auf Bruchstücke neben der Töpferscheibe. Am Anfang seien es 80 Prozent Ausschuss gewesen, mittlerweile nur noch 40, was ihn aber nicht weiter störe. „Denn wenn es keine Herausforderung ist, ist es für mich nicht interessant“, so Annen. Das Ergebnis seiner Arbeit sind strahlend schöne Schalen, die ganz leicht wirken, ja in der Luft zu schweben scheinen. Sanft angeschlagen ist ihnen ein sanfter, glockenartiger Ton zu entlocken. Daneben stellt er auch Plastiken her, die an Kalkskelette oder Kugelalgen erinnern, allerdings lässt sich Annen gar nicht so sehr von Naturgebilden inspirieren. „Das fertige Werk entsteht in meinem Kopf, immer mit dem Gedanken, wie ich das Licht am besten einfangen und spielen lassen kann.“ Zuerst entstehe die Form, dann gehe es Schritt für Schritt weiter in einem ständigen Suchen und Finden. Kommt es dabei zu einem Bruch, versucht der Künstler den Grund herauszufinden, manchmal entsteht dabei auch eine ganz neue Arbeitstechnik, die für faszinierende Effekte sorgt. „Als ich versucht habe, eine Schale mit dem Bunsenbrenner zu trocknen, sind Teile und einzelne Schichten abgeplatzt, womit sich ein besonderer Effekt erzielen lässt.“ Das große Problem sei aber die Zerbrechlichkeit des noch nicht gebrannten Werkstücks. Viel zerbrechlicher als ein rohes Ei sei es und die große Herausforderung bestehe darin, es unbeschadet in den Brennofen zu bekommen. Den hat Annen übrigens in seinem Keller untergebracht. „Selbst zusammengebaut und geschweißt“, sagt er während er einen Eimer öffnet, in dem das flüssige Porzellan ruht. Was viele nicht wissen, selbst das Wasser spielt bei seinen Kunstwerken eine große Rolle. Vor geraumer Zeit konnte er noch das Basler Leitungswasser nutzen, seitdem aber mehr Jurawasser beigemischt wird, muss er nach Kandern fahren, wo er Quellwasser abfüllt. „Das Porzellan war von einem auf den anderen Tag wie Pudding, damit konnte ich nicht mehr arbeiten“, blickt er zurück. Seither ist das Schwarzwaldwasser fester Bestandteil der Kunst von Arnold Annen, die bei Sammlern auf der ganzen Welt zu finden ist.