Basel Kann eine Machete Poesie besitzen?

Die Oberbadische
Die kongolesischen Künstler nehmen Bezug auf aktuelle, auch tragische Themen. Foto: zVg Foto: Die Oberbadische

Ausstellung: „Kongo am Rhein“ im Museum der Kulturen Basel mit Werken zeitgenössischer Künstler

Basel. Die Ausstellung „Kongo am Rhein“ im Museum der Kulturen Basel zeigt Werke zeitgenössischer Künstler aus der Demokratischen Republik Kongo. Die Bildhauerei von Freddy Tsimba und die Videoinstallation von Sammy Baloji veranschaulichen, wie Gegenstände der Gewalt und der Widersprüche eines Landes in Kunst verwandelt werden.

Symbol des Mordens

Kann eine Machete Poesie besitzen? Um über Gegenstände und ihre Nutzung nachzudenken, hat Freddy Tsimba eine Skulptur geschaffen, die ein Haus aus Macheten darstellt. Der Titel lautet: 999 Macheten. Es ist noch nicht lange her, da konnte die Machete von einer Frau oder einem Mann getragen werden, ohne auch nur die geringste Aufregung zu verursachen – als einer der üblichsten Gebrauchsgegenstände in Afrika. Sie ist unentbehrlich in der Landwirtschaft und praktisch, um das Holz für die Mahlzeiten zu schlagen, kurzum ein Gegenstand des alltäglichen Lebens. Dann geschah 1994 der Völkermord in Ruanda und plötzlich wurde dieser Gegenstand zu etwas Furchtbarem, zum Symbol des brutalen Mordes an Menschen.

Tsimba möchte die Besucher dieses Unbehagen spüren lassen. Es geht ihm weniger darum, Werke auszustellen, als vielmehr politische, wirtschaftliche und soziale Werdegänge sowie die damit verbundenen Schicksale aufzuzeigen und auseinanderzunehmen. Das Haus ist im Innenhof des Museums zu sehen.

Löffel im Mund

Freddy Tsimba ist immer gnadenlos. So auch, wenn er menschliche Figuren mit erhobenen Händen gegen eine Mauer stellt, die Hosen (aus Plastiksäcken) heruntergelassen. Sie beschwören die Tragik unseres Jahrhunderts herauf, erzählen von Krieg, von der Gewalt gegen Frauen, gegen die Erde, die im Plastik erstickt. Tsimbas Figuren sind aus kleinen Löffeln gebaut, die miteinander verschweißt wurden.

In Anbetracht des Reichtums an Rohstoffen im Kongo sollte man glauben, dass die Kongolesen mit einem Goldlöffel im Mund geboren werden; folgt man Freddy Tsimba, ist dies nicht der Fall. Der Künstler zeigt, dass der Löffel allgegenwärtig ist, aber auch eine Gefahr bedeutet. Gesammelt hat er die kleinen Löffel auf den verschiedenen Müllkippen Kinshasas. Es handelt sich also um Abfall der Konsumwelt. Die Besucher sollen deshalb auch diesen kleinen Alltagsgegenstand hinterfragen.

Traum-Stadt

In der Videoinstallation von Sammy Baloji und Filip De Boeck ist ein mehr als zehn Meter hohes Gebäude mit ungewöhnlicher Perspektive und Grundriss zu sehen, das sich mitten in Kinshasa befindet. Seine Form lässt an das Bildnis einer Gottheit denken, das einst in Stein gehauen wurde, aber auch an das Chaos, das heute in weiten Teilen des Erdballs herrscht. Konzipiert hat es ein kinshasischer Künstler, Architekt und Städteplaner. Das Gebäude-Objekt veranschaulicht eine utopische Stadt. Gleichzeitig wirft es eine Reihe wichtiger Fragen auf wie: Wie soll eine Stadt idealerweise beschaffen sein? Wo ist heute noch in der Architektur der Stadt Kinshasa das koloniale Erbe sichtbar?

Das Haus ist ein faktisch gewordenes Modell einer perfekten Traum-Stadt. Heute lebt nur noch der Besitzer mit seiner Familie in dem mehrstöckigen Kunstgebäude. So entfremdet sich das Gebäude-Objekt zwangsläufig von seiner ursprünglichen Idee, es verliert seinen materiellen Zweck, um gleichzeitig für die Entwicklung innovativer Ideen und Konzepte fruchtbaren Boden zu bieten.

Die Ausstellung ist Teil des Festivals „Kongo am Rhein“. Sie entstand in Zusammenarbeit zwischen der Dozentin für frankofone Literatur Isabelle Chariatte und dem Schriftsteller und Kurator In-Koli Jean Bofane.  bis 6. August

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