Basel Parabel auf das Leben und den Tod

Die Oberbadische
Überzeugende Inszenierung mit einer glänzenden Suzanne Thommen als Maude und Falk Döhler als Harald Foto: Beatrice Ehrlich Foto: Die Oberbadische

Wunderbar vielschichtige Maude in „Harald and Maude“ im Förnbacher Theater

Von Beatrice Ehrlich

Basel. Ein Evergreen, neu aufgemacht. Mit „Harold und Maude” ist wieder einmal ein Filmklassiker auf der Bühne der Helmut Förnbacher Company im Badischen Bahnhof zu sehen.

Die Inszenierung von Sandra Förnbacher ist eine Hommage an die große Schweizer Schauspielerin Suzanne Thommen, die schon seit vielen Jahren auf dieser Bühne zuhause ist, unter anderem in: „Der Besuch der Alten Dame“. Mit Charme und Witz, aber auch mit dem nötigen Tiefgang verleiht sie der facettenreichen Figur der Maude Kontur. Denn hinter der ideenreichen und schlagfertigen alten Frau, die nicht nur den in sich gekehrten Harold immer wieder zum Lachen bringt, gibt es eine zweite Maude – so kann man zumindest vermuten –, die in ihrem Leben viel gesehen und auch erlitten hat.

Im Film wird mit der eingebrannten Nummer am Arm auf Auschwitz angespielt. Ein solcher Hinweis fehlt in der Förnbacher-Inszenierung. Nur durch das intensive Spiel Thommens werden die vielen Schichten dieser Persönlichkeit aufgebaut. Nicht zuletzt die penetrante Wiederholung der immer gleichen Liedzeilen von Cat Stevens („Where do the children play“) macht überdeutlich, dass die Protagonistin letztendlich eine Gefangene ihrer eigenen Vergangenheit ist, der Freitod am Schluss ist für sie ein Schritt in die Freiheit.

Neben dieser komplexen Figur bleibt ihr junger Geliebter Harold – mit jugendlicher Unbekümmertheit interpretiert von Falk Döhler – etwas zurück. Man erfährt wenig über ihn, kein Wunder, hat er doch allein seines Alters und der mangelnden Lebenserfahrung wegen die Rolle eines „unbeschriebenen Blatts“. Durch seine Faszination für alles, was mit dem Tod zusammenhängt, bis hin zu spektakulären Inszenierungen seines eigenen Todes, unterscheidet er sich von Gleichaltrigen. Mit Maude, die er bei einer (fremden) Beerdigung kennenlernt, verbindet ihn dieses ausgefallene Interesse.

Hinter der „Kultkomödie” von Colin Higgins, als die das Theaterstück angekündigt wird, verbergen sich also viele ernsthafte Fragen über das Leben und den Tod, aber auch über Vorurteile und gesellschaftliche Zwänge. Die Mutter des jungen Harold (herrlich überspannt: Kristina Nel), stets bemüht, den (vermeintlichen) gesellschaftlichen Erwartungen an sie gerecht zu werden und Haltung zu bewahren, ist schockiert, als ihr Sohn ihr seine Heiratspläne mit der 79-jährigen Maude offenbart.

Es ist ein Höhepunkt des Stücks, als die beiden aufeinandertreffen. Maude hat sogar in dieser Situation, die eigentlich demütigend für sie sein müsste, denn sie hat nichts mehr als einen Koffer mit alten Kleidern, das letzte Wort.

Dieser fast schon mit Bedeutung überladenen Parabel auf das Leben an sich kann man mit den Mitteln des Theaters allein fast nicht gerecht werden. Sandra Förnbacher inszeniert den Raum mit modernder Bescheidenheit. Ein Kleiderständer im Hintergrund dient als Garderobe, wo sich die Schauspieler, die immer wieder auch als „Staff“ in Erscheinung treten, immer wieder umziehen. Verschiebbare Tafeln dienen als Raumtrenner und immer wieder überschreibbare Kulisse zugleich. Als Hintergrund – der Himmel, Wolken vor blau, auf eine weiße Leinwand projiziert. Die vielen Blümchen tun ein übriges: Man meint, die Handelnden befänden sich schon mit einem Fuß im Paradies.

Überaus irdisch hingegen sind die kleinen digitalen Details, mit denen die Handlung des Films von 1971 in der heutigen Zeit verortet werden. Harolds selbstmörderische Selfies, am Seil, leblos im Teich oder mit dem Jagdgewehr im Mund, schaffen optischen Grusel. Auch die drei Heiratskandidatinnnen von einem Online-Portal, leicht klamaukig in Szene gesetzt von Daniela Bolliger, sind up to date, kleidungsmäßig, aber auch arbeitstechnisch: man arbeitet bei Google.

u  Vorstellungen im April: So, 18., um 18 Uhr; Di, 21., um 20 Uhr; Do, 23., um 20 Uhr; Sa, 25., um 20 Uhr; Mi, 29., um 20 Uhr; Karten unter Tel. 004161 /  361 9033 oder info@foernbacher.ch

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