Basel Vom Aschenputtel zur Heiligen

Die Oberbadische

Musical: Die aktuelle Inszenierung von „Evita“ im Musical Theater Basel bietet ein Wechselbad der Gefühle

Von Ursula König

Basel. Die größten Geschichten schreibt das Leben selbst. Dem schillernden Leben der argentinischen Präsidentschaftsgattin Eva Peron wurde mit dem Musical „Evita“ ein unsterbliches Denkmal gesetzt. Andrew Lloyd Webber und Tim Rice griffen einen Stoff aus den 1930 und 40er Jahren auf, der sich für eine Musicalinszenierung geradezu anbietet.

Die aktuelle und vielgepriesene Inszenierung feierte am Dienstag am Basler Musicaltheater Premiere. Zwei Fragen drängen sich auf: Kann das Musical der, als Mensch und Repräsentantin des Staates, stets umstrittenen Person Eva Peron gerecht werden? Und kann die Inszenierung mehr als ein opulent verpackter geschichtlicher Rückblick sein?

Ein Leben mit angezogener Handbremse war nicht in der Planung des Mädchens Eva Duares vorgesehen. Sie strebte bereits mit 15 Jahren in die Stadt. Buenos Aires sollte dem „Landkind“ aus einfachen Verhältnissen alle Wünsche erfüllen. Zielstrebigkeit, Kampfgeist, Korruption und auf der Suche nach Liebe: So zeigen die beiden Komponisten Facetten einer Frau, die am Ende erkennen muss, dass sie ihre Kräfte nicht gut genug eingeteilt hatte.

Eva Peron, von ihren Landsleuten „Evita“ genannt, starb mit nur 33 Jahren an Krebs. Das argentinische Volk trauerte um sie wie um eine Heilige. Führungskräfte des Militärs und die „gehobenere Gesellschaftsschicht“ dürften ein Problem weniger gehabt haben.

Perfekte Vorlage für modernen „Aschenputtel-Mythos“

Die Ballade „Don’t cry for me Argentina“ zieht sich als Leitmotiv durch die Geschichte einer Frau, die alles zu bieten scheint für einen modernen „Aschenputtel-Mythos“.

Die Hauptdarstellerin Emma Hatton weiß vermutlich darum, dass alle auf diesen einen Moment warten: Die Gattin des Präsidenten (Kevin Stephan-Jones) tritt mit Diadem und glitzerndem weißen Kleid vor die Menge, um das Lied zu singen, mit dem sie sich die Zuneigung „ihres Volkes“ sichern will: „Don’t cry for me Argentina“.

Dass Hatton auch als Jazz- und Bluessängerin Erfolge feiert, kommt ihr bei ihrem dichten Repertoire zu Gute. In ihre klare und helle Stimme mischt sich mitunter etwas Raues, was einen ungemein reizvollen Kontrast schafft. Am Ende, auf ihrem Krankenbett bezaubert Evita mit einer klanglichen Mischung aus gebrochener Leidenschaft und einer Spur von Abgeklärtheit.

Dazu trägt auch ein herausragendes Orchester bei, dass die Einbindung höchst unterschiedlicher Stile wie Operette, Oper, symphonische Formen, Rockelemente und nicht zuletzt südamerikanische Folklore intensiv umzusetzen versteht. Auch der Chor untermalt themenbezogen eindrucksvoll, so dass musikalisch keine Wünsche übrig bleiben.

Webber und Rice haben enorm viel in dieses Musical verpackt, wie die kritische Erzählerfigur „Che“ (Gian Marco Schiaretti). Nahtlos, manchmal abrupt folgen Szenen aufeinander, die ein Wechselbad der Gefühle hervorrufen. Persönliche Ziele mit Leidenschaft zu verfolgen, ohne die Mitmenschlichkeit auf der Strecke zu lassen: Diese Botschaft vermittelt zum Schluss die verstorbene Evita aus dem Jenseits. Diese Szene gehört zu den berührendsten der Aufführung. Denn hier geht es um die Essenz des Lebens und diese wird ruhig und mit viel Tiefgang umgesetzt.   Evita ist noch bis Sonntag, 16. Juli, im Musical Theater Basel zu sehen

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