Nach der Chemiekatastrophe von „Sandoz“ hat sich viel getan in Sachen Gewässerschutz. Heute verunreinigen Mikroplastiken Gewässer, schreibt der Chemiker Andreas Fath in seinem Buch „Rheines Wasser“. Von Dominik Vorhölter Basel. Eigentlich ist der Rhein nicht wirklich schmutzig. Fath hat auch nie das Gefühl gehabt, in einer Kloake zu schwimmen. „Doch bei Basel hatte das Wasser einen unangenehmen Dieselgeschmack“, erinnert sich Fath. Der Chemiker aus Schwenningen ist vor zwei Jahren eine 1231 Kilometer lange Strecke im Rhein geschwommen, um für seine Forschung im Bereich Gewässerschutz zu werben. Nun hat er ein Buch über sein Abenteuer und sein Experiment geschrieben. „Für mich war es logisch, dass ich durch den Rhein schwimme, denn viele Menschen leiten ihre Abwässer direkt oder indirekt in den Fluss. Genau das ist mein Thema“, erklärt er. Der 51-Jährige beschäftigt sich mit Techniken zur Säuberung von Gewässern. Seine Forschung setze bei dem sogenannten „Start of the pipe“-Prinzip an, das heißt, Abwässer dort zu reinigen, wo sie entstehen. Dafür hat er ein spezielles Verfahren entwickelt, mit dem Rückstände, die im Klärschlamm übrig bleiben, abgebaut werden können. 128 chemische Substanzen entdeckt Mit seiner Forschung könne der Gewässerschutz weiter vorangetrieben werden. „Der Rhein ist in Basel natürlich sauberer als in Köln, aber schmutziger als in Chur“, berichtet Fath von seinem Experiment. Während er den Rhein innerhalb von zwei Wochen hinunterschwomm, trug er eine Membran aus Mikrofasern am Körper, die der Haut eines Lachses sehr ähnlich ist. Neben zahlreichen Wasserproben, die er während seiner 21 Schwimmetappen nahm, konnte der Chemiker und Hobbyschwimmer im Rhein bei Basel bis zu 50 Substanzen feststellen, die das Wasser verunreinigen. Auf seiner Tour bis in die Nordsee hat er insgesamt 128 Stoffe sicherstellen können. „Bei den Phosphaten und Schwermetallen wurden dabei die Grenzwerte für Trinkwasser nicht unterschritten“. Es gebe aber auch viele Stoffe, für die es keine offiziellen Richtwerte gibt, wie Beonzotriasol, das in Spülmaschinentabs enthalten ist oder Climbazol, ein Stoff, der für Antischuppenshampoos verwendet wird. In den Kläranlagen rutschen einige dieser Substanzen auch durch die Säuberungsfilter. Daher fordert Fath ein Umdenken: „Ich will erreichen, dass die Menschen darüber nachdenken, welche Substanzen aus Krankenhäusern und Pflegeheimen oder auch privaten Haushalten in die Kläranlagen und dann wieder in unsere Gewässer gelangen und erreichen, dass sie vorher gereinigt werden.“ Auch wenn der Rhein heute, 30 Jahre nach Sandoz, vergleichsweise sauber ist, sieht Fath noch weiteres Entwicklungspotenzial im Gewässerschutz. Während seines Experiments stellte er eine hohe Anzahl Mikroplastiken im Wasser fest. Das sind winzige Plastikteilchen, die wie „Magnete für Schadstoffe wirken“ und im Wasser schwimmen. „Selbst Kläranlagen schaffen es nicht, diese Stoffe zu beseitigen“, erläutert Fath. Pro Jahr fließen acht Tonnen Mikroplastik in die Nordsee, deswegen appelliert er, grundsätzlich über sauberes Wasser und Gewässerschutz nachzudenken. Denn die Mikroplastikteilchen gelangen über die Nahrungskette auch in den Kreislauf des Menschen. „Lachse können sie beispielsweise nicht von Plankton unterscheiden, fressen sie, und so gelangt Plastik in unsere Nahrungskette“, erläutert Fath. Seitdem er das herausgefunden hat, habe er auch seine Konsumgewohnheiten verändert, erzählt der Chemiker. „Ich versuche komplett auf die Verwendung von Kunststoffen zu verzichten.“ Dies rät er auch jedem Leser seines Buches, der sich für Möglichkeiten des Gewässerschutzes interessiert. Aktiv werden für sauberes Wasser könne jeder, der darauf achtet, weniger Plastik zu verwenden und weniger künstlich gesüßte Lebensmittel zu essen. „Der künstliche Süßstoff Acesulfan wird vom Menschen nicht abgebaut und wieder ausgeschieden. Über das Abwasser gelangen mehr als 100 Tonnen pro Jahr in die Nordsee.“ Eigentlich habe der Rhein auch eher süßlich geschmeckt als nach Diesel, gibt der Chemiker abschließend zu. „Der Dieselgeschmack war eine Geruchsassoziation, weil ich in Basel durch den Hafen geschwommen bin.“ n Informationen zum Projekt: www.rheines-wasser.eu.