Hochpoetisch wirkt auch die Klanginstallation „Mille plateaux“ des Franzosen Pascal Dusapin: In einem verdunkelten Raum verarbeitet ein Computerprogramm einzelne Formen und Figuren aus Zeichnungen des Komponisten und wirft, begleitet nur von Naturgeräuschen, wechselnde bunte Lichtwirbel auf eine Reihe unterschiedlicher Stoffe, die im Raum aufgehängt sind. Da mag man lange bleiben – und hinterher vielleicht noch einmal im Museum die Fotografien Dusapins betrachten. Dort finden sich auch abstrakte Gemälde Hans Zenders, die vielleicht ein wenig angestaubt, aber deutlich weniger trocken wirken, als es im Konzertsaal sein neues Stück „Oh cristalina . . .“ tut, an dem sich das SWR-Vokalensemble und das SWR-Sinfonieorchester Freiburg und Baden-Baden auf glänzende Weise abarbeiten.
Man kann in der Ausstellung auch Zeichnungen Salvatore Sciarrinos betrachten, auf denen es von winzig kleinen Punkten und Strichelchen wimmelt. Die Entsprechung im Klang liefern die Neuen Vocalsolisten Stuttgart bei der Uraufführung von „Carnaval“, das in (bekannter, aber immer wieder schöner) Sciarrino-Manier Bestandteile alter Musik auf neue Weise zusammensetzt. Das Ergebnis ist ein Kosmos kleiner Bewegungen, die vorzugsweise auf- und niedergleiten: eine Musik, die ganz im Augenblick ruht. Nicht nur mit ihrer ganz reinen Imitation einer tirilierenden Nachtigall führt sich die neue Sopranistin des Ensembles, Johanna Zimmer, hier glänzend ein.
Dass außerdem ein neues Stück Wolfgang Rihms („Sound As Will“) für Kammerorchester und Trompete (Marco Blaauw) uraufgeführt wurde, sei auch noch erwähnt. Nach den stillen Stücken von Sciarrino und Slavnics sorgten sein hoher Aktivitäts- und Erregungsgrad für wahrhaft packendes Erleben.