Betr.: Gesundheits-„Zentrum“ in Ef ringen-Kirchen Nachdem jetzt zum neuen Gesundheitshaus in Efringen-Kirchen sowohl seine Produzenten als auch seine Nutznießer sich selbst und einander genügend gelobt haben, wird es Zeit, einmal eine objektive Beurteilung der Situation zu geben. Denn für wenigstens die Hälfte der Bevölkerung hat sich mit diesem Bauwerk die Lage verschlechtert. Unsere Gesellschaft wird von „Opportimisten“ bestimmt! Das sind diejenigen, die etwas schön reden, wenn sie sich einen Vorteil davon versprechen: Baufirmen wollen bauen, Investoren wollen investieren, Bürgermeister wollen sich Denkmäler setzen, und Architekten wollen planen. Soweit so gut! Nachdem sich 2010 die Efringen-Kirchener Hausärzte zusammen gesetzt hatten, um eine Kooperation zu versuchen, und als mit Gemeinde und Planern ein Entwurf zustande gekommen war, fanden vier von fünf hausärztlich tätigen Kollegen das Angebot derart unattraktiv, dass für sie ein Umzug in ein solches Gesundheitshaus nicht mehr in Frage kam. Was den letzten dann dennoch bewogen hat, den Deal zu wagen, ist unbekannt. Warum diese Praxis und die Apotheke ihre zentrale Lage am Bahnhof und in der Hauptstraße verlassen mussten, ist ebenfalls nicht nachvollziehbar. Denn in den 70er Jahren etwa wurden die Apotheke und eben diese Praxis zum Wohle unserer Patienten im Ortszentrum in unmittelbarer Nachbarschaft zueinander angesiedelt. Weshalb beide jetzt an den Ortsrand am Sportplatz umgezogen sind, verstehe wer will. Die Nachfrage nach medizinischen Leistungen ist in unserem Staat, Land, Kreis und in unserer Gemeinde weit höher als das Angebot (auch wenn Kassen und Politiker das erfahrungsgemäß anders sehen wollen), und jede Form der Erweiterung des Angebots ist wünschenswert. Aber die hausärztliche Versorgung unserer Gemeinde hat sich durch dieses bescheidene Gesundheitskonglomerat nicht verbessert, sondern eindeutig verschlechtert: Ein Hausarztsitz ging im Rahmen dieser Umstrukturierung zu unser aller Bedauern an Weil-Friedlingen verloren ohne Ersatz. Eine freie Arztwahl ist bei klarer Überforderung der verbliebenen Hausärzte nicht mehr möglich. Was bei Fachärzten Alltag ist, nämlich die Patienten auf Monate zu vertrösten, das ist für Hausärzte eigentlich unmöglich, und es schmerzt. Von den verbliebenen Hausärzten sind zwei über 70, einer über 65 Jahre alt, und nur einer der drei Hausarztsitze wird zu 50 Prozent von einer Kollegin im Erwerbsalter gehalten. Diese Situation ist eine Katastrophe, und sie ist der Verwaltung und den Gemeinderäten seit Jahren bekannt. Wer nach Efringen-Kirchen einen zusätzlichen Hausarzt bekommen will, muss erstens einen Kassenarztsitz kaufen, zweitens rund 50  000 Euro Starthilfe anbieten und drittens fünf Jahre Mietfreiheit im neuen Gesundheitshaus garantieren! Diesen Lagebericht schreibt ein Landarzt, der sich vor 34 Jahren in Efringen-Kirchen als zusätzlicher Hausarzt niederließ, weil die beiden ansässigen Hausärzte bereits 67 Jahre alt waren. Von diesen paradiesischen Zuständen sind wir dank gesundheitspolitischer Ignoranz leider weit entfernt. Es darf doch nicht sein, dass die gewohnte zuwendungsbetonte Hausarztmedizin in unserer Gemeinde zur Abfertigungsmedizin verkommt. Wir wünschen den Profiteuren des Gesundheits-„Zentrums“, das leider an den Bedürfnissen vorbeigeht, viel Erfolg, aber wir wünschen unserer Bevölkerung vielmehr, dass sich die hausärztliche Versorgung nicht weiter verschlechtert. In welchem anderen Beruf verlangen die Gesellschaft und deren Wortführer, dass Leistungserbringer, die bereits im Ruhestandsalter sind, ihre Leistung noch erhöhen müssen, um die ihnen Anempfohlenen nicht im Stich zu lassen" Dr. med Hartmut Henning, Efringen-Kirchen