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Efringen-Kirchen Gedenken an „Tag der Schande“

Weiler Zeitung
Pfarrer Steffen Mahler (links), Kirchengemeinderätin Rosemarie Bachmann und Pfarrer Joseph Dorbath beteten gemeinsam mit der Gemeinde eine Fürbitte, in der sie Täter und Opfer von früher und heute mit einschlossen. Foto: Marco Schopferer Foto: Weiler Zeitung

Andacht zum 75. Jahrestag der Deportation der badischen Juden ins französische Konzentrationslager Gurs

Von Marco Schopferer

Efringen-Kirchen. Unterdrückung, Ausbeutung, Terror, rassenverblendendes Moloch, Unrecht, Verbrechen, Vertreibung, Barbarei, Entmenschlichung, Entrechtung, Tod, es gab viele Worte, mit denen allein Bürgermeister Philipp Schmid bei der ökumenischen Andacht am Mittwochabend in der Christuskirche die schier unfassbaren Gräueltaten der Nazi-Diktatur – auch an den Kirchener Juden – in Worte zu fassen versuchte.

Bewegende Momente in der Christuskirche: Im Rahmen einer ökumenischen Andacht zum 75. Jahrestag der Deportation der badischen Juden ins französische Internierungslager Gurs entzündeten der katholische Geistliche Josef Dorbarth und der evangelische Pfarrer Steffen Mahler gemeinsam mit Rosemarie Bachmann sieben Kerzen in Anlehnung an die Menora, dem siebenarmigen Leuchter der Juden. „Lasst uns ein Licht entzünden: Für Menschen jüdischen Glaubens und für alle, die unter der grausamen Nazi-Herrschaft in Angst und Schrecken aus ihren Wohnungen und Häusern getrieben, deportiert und ermordet wurden, deren Leben zerstört wurde. Hilf uns, dass wir an sie in unserem Alltag denken“, betete Pfarrer Dorbath, während sein evangelischer Amtsbruder Steffen Mahler eine Kerze entzündete.

Zuvor schon hatte Rosemarie Bachmann aus den Erlebnissen der heute in der Schweiz lebenden Kaiserslauterin Margot Wicki Schwarzschild zitiert: „Eines sehr frühen Morgens, bei Nacht und Nebel, am 22. Oktober 1940, wurden wir jäh aus dem Schlaf gerissen: Stiefelgetrampel und lautes Klopfen an der Wohnungstür. Ich sah meine Eltern erbleichen, zu Tode erschrecken. Nun schien es so weit zu sein … In der Tür standen Gestapo-Leute in Zivil. In barschem Ton forderten sie uns auf, das Wichtigste zu packen“.

Kaum in Worte zu fassen ist das Unrecht, aber auch dass die Deportation der Juden, die Beschlagnahmung des Eigentums und die spätere Versteigerung „vor aller Augen“ stattgefunden hat, wie Schuldekan Dr. Ralph Hochschild die nahezu „störungsfreie Aussonderung“ der Mitbürger durch die Nazis beschrieb. „Wo blieb das Mitgefühl, die christliche Nächstenliebe?“, als Nachbarn Opfer von Willkür aus religiösen Gründen wurden, fragte der Schuldekan.

Eine Frage, auf die auch Bürgermeister Philipp Schmid keine Antwort geben konnte. Als „verstörend“ betitelte er die Verfolgung der Juden, zumal die „deutschen Juden begeistert für Gott, Kaiser und Vaterland in den zurückliegenden Kriegen gekämpft, die Gesellschaft durch ihr soziales, unternehmerisches und kulturelles Wirken geprägt und vorangebracht hatten“. Den 22. Oktober betitelte er als einen „Tag der Schande“, einen Tag, an dem sich „Deutsche an ihren eigenen Mitbürgern, Nachbarn und Landsleuten vergingen und versündigten“. Und weiter: „Lassen wir es nie wieder so weit kommen, dass Menschen zu Schädlingen und Lebensunwürdigen degradiert werden, um sie später einem verblendeten Mob auszuliefern“.

Thema bei der Andacht war auch die aktuelle Flüchtlingsthematik.

Im Anschluss an die Andacht nutzten zahlreiche Besucher die Gelegenheit, sich über die von Annika Kolster in Zusammenarbeit mit Maren Siegmann bereits vor fünf Jahren erstellten Schautafeln des Museums zu informieren.

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