Efringen-Kirchen Nie wirklich hektisch geworden

Weiler Zeitung
Der scheidende Werksleiter Peter Leifgen Foto: Weiler Zeitung

Interview: Werksleiter Peter Leifgen geht nach einem Jahrzehnt im Kalkwerk Istein in Ruhestand

Die Werksleitung des größten Industriebetriebs der Gemeinde Efringen-Kirchen übernimmt zum Jahreswechsel Oliver Arts. Der amtierende Werksleiter Peter Leifgen wird nach zehn Jahren seinen jungen Nachfolger bis Ende Januar noch einarbeiten und als dann 59-Jähriger in die passive Phase seiner Altersteilzeit gehen. Leifgen entschloss sich dazu „nach 30 Jahren in Betrieben, die an 365 Tagen rund um die Uhr laufen“. Sein Entschluss fand in seinem Umfeld persönliches Verständnis und dienstliches Bedauern. Mit Peter Leifgen sprach Clemens Leutz.

Die Antworten sind relativ einfach: Bei allen Projekten, die wir umgesetzt haben, hat mich die Genehmigung der Steinbrucherweiterung im Kalkgraben am meisten gefreut, weil sie den langfristigen und nachhaltigen Fortbestand des Kalkwerks bedeutet. Die jungen Menschen in unserem Werk haben eine Zukunftsperspektive, das ist das einzige, was zählt.

Geschockt hat mich die Reaktion einiger weniger Bürger, die im Jahr 2011 gegen die Erweiterung des Steinbruchs waren.

Überrascht war ich von den Verkaufsgedanken der HeidelbergCement AG. Nach all den Anstrengungen, die wir in den letzten zehn Jahren unternommen haben, war der Verkauf der Kalksparte eine echte Überraschung. Heute, anderthalb Jahre später, weiß ich, es war absolut verständlich und richtig, uns an ein Unternehmen zu verkaufen, das die Nummer 1 im Kalk in Europa ist.

Diese Frage ist für mich sehr leicht zu beantworten. Von Istein über Huttingen, Blansingen, Kandern in Richtung Tegernau und dann rauf zum Hochblauen. Absteigen und den wunderbaren, genieteten Turm hinauf. Natürlich nach Entrichtung der 50 Cent (meistens ist es ein Euro), und dann der 360°-Blick über den Schwarzwald und die Rheinebene. Schöner ist schwierig.

Hier möchte ich keine Prognosen abgeben. Das Wichtigste habe ich bereits gesagt, die Gestaltung eines freien und selbstbestimmten Lebens, gemeinsam mit meiner Frau. Seit 13 Jahren lebe ich ohne Fernseher, das heißt, ich muss irgendetwas anderes tun. Wo dieses Tun stattfinden wird, kann ich Ihnen heute noch nicht sagen.

Sie standen zehn Jahre an der Spitze des Kalkwerks Istein, des schönsten Kalkwerks Deutschlands, wie Sie gerne betonen. Wie wollen Sie die schwere Trennung von Ihrem Traumberuf schaffen?

Frei nach Loriot lässt sich die Regel formulieren: Ein Leben ohne Kalk ist möglich, aber sinnlos. Wie sieht für Sie als überzeugten Kalker ein Leben danach aus?

Welchen Beruf hätten Sie denn ergriffen, wenn Sie nicht in der Kalkbranche glücklich geworden wären?

Wann wurden Sie in den letzten zehn Jahren im Werk so richtig hektisch?

Was hat Sie am meisten gefreut / geschockt / überrascht?

Sie haben als begeisterter Biker ja auch gerne die Gegend mit ihrem schweren Motorrad erkundet. Welche ist denn Ihre Lieblingsstrecke?

Wo werden wir Sie in Zukunft öfter antreffen?

Die Trennung wird mir sicher schwer fallen. Zehn Jahre Herzblut kann man nicht einfach abschütteln, aber man kann sich Stück für Stück distanzieren. Besonders leicht wird es mir durch zwei Menschen gemacht. Einmal der wichtigste Mensch in meinem Leben, meine Frau. Wir freuen uns darauf, ein freies und selbstbestimmtes Leben führen zu können. Zum anderen habe ich das bestimmte Gefühl, dass mein Nachfolger Oliver Arts genau der richtige ist, um die Geschicke des Werks zu leiten. Wenn ich zum Rentnertreffen eingeladen werde, freue ich mich, wenn nicht, genieße ich auch so mein Leben.

Das kann ich zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht voll umfänglich beantworten. Es gibt eine Reihe von privaten Projekten, die bisher aus Zeitgründen nicht realisiert werden konnten. Die nehme ich als erstes in Angriff. Danach gilt frei nach Franz Beckenbauer: Schaun wir mal.

Ich wäre beim Zement geblieben, hätte Gips, Glas, Kies produziert, oder wäre in der Feuerfestbranche gelandet. Egal wie, mein berufliches Leben ist ohne die Steine- und Erden-Industrie undenkbar. Ohne diese Industrie gäbe es den totalen Stillstand in unserem Land.

Wenn ich zurück denke, kann ich mich nicht erinnern, wirklich hektisch geworden zu sein. Es gab Situationen, in denen besondere Schlüsselaggregate im Betrieb ausgefallen sind, aber Hektik ist keine förderliche Eigenschaft, um solche Aufgaben zu lösen. An dieser Stelle sollten Sie meine Mitarbeiter befragen, die können aus ihrer Sicht vielleicht etwas dazu sagen.

Hätten Sie mich gefragt, was mich am meisten enttäuscht hat, dann hätte ich geantwortet: dass die Gegner des Steinbruches billigend in Kauf genommen haben, dass nach Ende des Kalkwerks alle Bürgerinnen und Bürger von Efringen-Kirchen im Falle eines Brandes einen erheblichen Nachteil gehabt hätten, weil dann tagsüber der erste Rettungstrupp der Freiwilligen Feuerwehr nicht mehr zum größten Teil vom Kalkwerk gestellt worden wäre. Ja, es mag banal klingen, aber das war meine größte Enttäuschung.

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