Grenzach-Wyhlen Deutliche Worte einer Mutter

Die Oberbadische
Ab März gelten in Grenzach-Wyhlen deutlich höhere Kindergartenbeiträge. Im Schnitt müssen die Eltern 25 Prozent mehr bezahlen. Fotos: Tim Nagengast/Patrick Netzlaff Foto: Die Oberbadische

Vorwurf: Übertreibt die Gemeinde mit der Erhöhung der Kindergartengebühren?

Von Tim Nagengast

Mit den ab März gültigen Kindergarten-Gebührensätzen benachteilige die Gemeinde Grenzach-Wyhlen alle Familien, die mehr als ein Kind haben. Diesen Vorwurf richtete eine Zuhörerin zu Beginn der jüngsten Gemeinderatssitzung an Bürgermeister Tobias Benz.

Grenzach-Wyhlen. Die Kindergartengebühren steigen auf breiter Front, gestaffelt nach dem Einkommen der Eltern. Für untere und mittlere Einkommensklassen wird der zu zahlende Beitrag im Schnitt um 15 Prozent angehoben. Ansonsten gilt: Wer mehr verdient, bezahlt auch mehr. Wer ein Jahreseinkommen von mehr als 62 000 Euro hat, muss ab März noch deutlich tiefer in die Tasche greifen: im Schnitt um 25 Prozent.

Als der Gemeinderat Mitte Dezember die neuen Gebührensätze beschloss, hatte Bürgermeister Benz als Begründung unter anderem die deutlich erhöhten Qualitätsstandards bei der Kinderbetreuung in der Doppelgemeinde, gestiegene Lohnkosten und Millioneninvestitionen im Betreuungsbereich – Stichworte: Kita Hebelschule und Neubau „Löwenzahn“ – angeführt (wir berichteten).

Diese Woche kam das Thema im Rat erneut aufs Tapet, als eine Besucherin der Sitzung das Wort ergriff. Sie habe drei Kinder, davon zwei im Kindergarten, berichtete die junge Frau. Sie habe ausgerechnet, ab März um 184 Euro und somit um 44 Prozent höhere Kindergartengebühren bezahlen zu müssen. Eine Ein-Kind-Familie mit einem Jahreseinkommen von mehr als 62 000 Euro indes werde lediglich um 33 Prozent mehrbelastet. „Das ist doch nicht logisch. Mit dieser Politik fördern Sie die Ein-Kind-Familie“, sagte die Zuhörerin und legte zur Untermauerung einige Zahlen- und Rechenbeispiele vor.

Viele Betroffene wissen offenbar von nichts

Im Übrigen sei die Gebührenerhöhung viel zu spät kommunziert worden, beklagte die Frau. Nach Gesprächen mit anderen Müttern im Kindergarten habe sie festgestellt, dass die ab März gültigen Gebührensätze den meisten Betroffenen überhaupt nicht bekannt seien.

„Bei Steigerungen in dieser Höhe, wie Sie das hier jetzt machen, kommt dann auch die Frage auf: Lohnt es sich als Mutter überhaupt noch zu arbeiten, wenn das Gehalt der Frau komplett für die Kinderbetreuung draufgeht?“, hielt sie fest. Dass die Gemeinde derart zulange, sei „überhaupt nicht nachvollziehbar“. Sie finde es „einfach unbegreiflich“, dass Ein-Kind-Familien weniger belastet würden, griff die Frau zu deutlichen Worten.

Bürgermeister Benz indes verteidigte den Beschluss des Gemeinderates vom Dezember. Was die Steigerung betrifft, sprach Benz von einem „Nachholeffekt“, schließlich seien die Gebühren seit vier Jahren nicht mehr erhöht worden. Ferner herrsche im Rat Konsens, die bestehende Differenzierung nach Einkommenshöhe und Kinderzahl beizubehalten. Der Rat, so Benz, habe die Beitragssätze im Dezember beschlossen – also gut drei Monate vor deren Inkrafttreten. Von einer „Hauruck-Aktion“ könne daher keineswegs gesprochen werden.

Millioneninvestitionen refinanzieren

Der Städte- und Gemeindetag empfiehlt den Kommunen bei den Kindergartengebühren einen Deckungsgrad von 20 Prozent. „Und davon sind wir in Grenzach-Wyhlen, trotz Erhöhung, noch immer weit entfernt“, ergänzte der Bürgermeister. Im Mittel würden die Beiträge um 25 Prozent angehoben. Zudem müssten die ganzen Investitionen in die Kinderbetreuung irgendwie refinanziert werden. „Und gute Leistungen kosten eben Geld“, sagte Benz an die Adresse der Zuhörerin. Diese warf ihm indes vor, auf ihre Argumente überhaupt nicht einzugehen.

Gleichzeitig ging der Rathauschef auf die schwierige Haushaltslage und den eingeschlagenen Konsolidierungskurs der Gemeinde ein. Benz: „Irgendwo muss ich ja mal anfangen.“ Künftig würden die Kindergartengebühren jährlich, aber dafür stets moderater angehoben, versicherte er.

Was die Erhöhung der Beiträge für die Einkommensklasse ab 62 000 Euro betrifft, „haben wir sehr aufgedreht“, bekannte auch Sozialabteilungsleiter Josef Gyuricza, bei den niedrigeren Stufen indes weniger, hielt er fest.

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