Grenzach-Wyhlen „Die nächsten Jahre ist dann Ruhe“

Die Oberbadische

Parallel zur Vollsperrung fand entlang der gesamten Rührbergstrecke eine große Holzhiebmaßnahme statt

Von Tim Nagengast

Grenzach-Wyhlen. Die Forst- und Straßenverkehrsbehörden nutzten dieser Tage die Gunst der Stunde und ließen entlang der gesperrten Rührbergstrecke rund 500 Festmeter Holz einschlagen. Warum derart viel Holz gehauen und was daraus wird, verriet Revierförster Markus Dischinger bei einem Besuch vor Ort.

Irgendwo im Wald dröhnt eine Kettensäge, eine beeindruckend große „Achtrad-Kombimaschine“ rollt das alte „Rührbergströßli“ hinab. Als wären sie federleichte Zahnstocher, packt der Greifarm des Vierachsers gleich mehrere gefällte Baumstämme auf einmal und lädt sie auf.

Waldarbeiter sind „fachlich top“

Markus Dischinger steht derweil mitten auf der Rührbergstrecke in Sichtweite der laufenden Baustelle. Ein mit zwei in Arbeitskluft steckenden Männern besetzter Opel rollt heran und stoppt. Dischinger – er ist zuständiger Revierförster und damit Chef der Holzhiebmaßnahme – wendet sich dem Fahrer des Autos zu. Der junge, wie sein Kollege aus Rumänien stammende Mann gehört zum Team eines Unternehmers, der dort im Auftrag Holzeinschlag vornimmt. Ein paar knappe Worte werden gewechselt – es geht um organisatorische Dinge. „Gute Leute“, sagt Dischinger anerkennend, als das Auto sich bergwärts entfernt, „die sind fachlich top und absolut belastbar.“

Am Straßenrand sieht es für das Auge des Laien derweil „wüst“ aus. Der bewaldete Steilhang ist auf bis zu 30 Metern Breite teilweise fast kahlrasiert. Dicke Stämme stapeln sich am Straßenrand. Tonnenweise Ast- und Blattwerk liegen herum. Die Schutzleitplanke entlang der Kreisstraße ist stellenweise geknickt wie Pappe. „Das kann bei solchen Arbeiten passieren“, sagt Dischinger fast entschuldigend.

Er deutet auf eine gefällte Buche am Boden. „Rund 150 Jahre alt“, sagt der Forstmann, „aber nicht zu retten – sehen Sie!“ In der Tat: Im Inneren des mächtigen Stamms klafft ein gewaltiges schwarzes Loch, das Holz drumherum ist auffallend hell. „Das ist auch schon tot“, sagt Dischinger und hält seine Hand an den Stamm. „Im Prinzip wurde dieser große Baum nur noch von den äußeren, gesunden zehn Zentimetern Holz gehalten – wissen Sie, was so ein Baum wiegt?“ Nicht auszudenken, was passiert wäre, hätte diese alte Buche irgendwann nachgegeben und wäre auf ein vorbeifahrendes Auto gekracht. „Aber eben: Dass der Baum innen derart kaputt ist, hat man ihm von außen nicht angesehen“, erläutert der Förster des Reviers Lörrach-Dinkelberg.

Verkehrssicherheit hat absoluten Vorrang

Zuständig für die Gemarkungen Hauingen, Grenzach-Wyhlen und Inzlingen, war bis gestern der Rührberg sein Haupttätigkeitsfeld. Denn dort gab es richtig viel zu tun. Rund 500 Festmeter Holz – überwiegend Buche und etwas Esche – wurden entlang der zwei Kilometer langen, derzeit vollgesperrten Kreisstraße zwischen Wyhlen und Rührberg eingeschlagen.

Verkehrssicherung Sache des Waldbesitzers

Warum so viel? „Das ist eine systematische Verkehrssicherungsmaßnahme“, sagt der Förster. Und betont: „Laut Gesetz ist der Angrenzer einer Straße verkehrssicherungspflichtig.“ Soll heißen: Neben beispielsweise der Gemeinde Grenzach-Wyhlen, die dort im Bereich „Keusboden“ und „Klosterhalde“ Wald besitzt, kommen noch rund 20 private Waldeigner ins Spiel. Diese hat Dischinger natürlich vorab kontaktiert. Denn obwohl manche Waldparzelle einer Privatperson gehört, entscheide er als Förster, was gefällt werden müsse, erläutert Dischinger. Mit dem zu erwartenden Erlös aus dem Verkauf des Holzes „kann ich die ganze Sache aber für die Privatwaldbesitzer kostenfrei gestalten“, sagt der Revierförster. Das Gros des eingeschlagenen Holzes werde zu Hackschnitzeln verarbeitet, ein Teil auch zu Industrie- und Stammholz. „Alles bestens vermarktbar“, freut sich Dischinger.

Er spricht von einer „Win-Win-Situation“ für alle Beteiligten. Die Waldbesitzer hätten haftungsrechtliche Sicherheit, die Autofahrer wiederum könnten sich auf der an Wildwechseln reichen Straße über ein besseres Sichtfeld freuen. Und er selbst, sagt der Revierförster, habe dank der Vollsperrung die Gelegenheit, jene große Hiebmaßnahme durchzuführen, um die man über kurz oder lang nicht herumgekommen wäre.

Gleichwohl: „Es gilt, die Balance zwischen der notwendigen Eingriffsstärke und einer gewissen Naturnähe zu wahren“, ist sich Dischinger seiner Verantwortung bewusst. Besonders schöne Einzelstämme hat er daher stehenlassen. Überhaupt wirkt die ganze Durchforstungsmaßnahme keinesfalls wie mit dem Lineal gezogen.

Quasi als Nebeneffekt bekommt jetzt auch der wilde Buchs oberhalb des Klosters etwas mehr Licht ab, der auch dort gegen die vor Jahren eingeschleppten Zünslerraupen sowie einen Pilz zu kämpfen hat. „In den Randbereichen erholt sich der Buchs offenbar etwas“, bemerkt Dischinger, bevor er in seinen Geländewagen steigt. „Die nächsten zehn bis 15 Jahre werden wir hier dann wohl Ruhe haben“, sagt er und fährt in Richtung Rührberg davon.

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