Grenzach-Wyhlen „Einen Ort mit Qualität schaffen“

Die Oberbadische

Planungswerkstatt „Neue Mitte“ endet mit konkreten Ideen: Mischnutzung und viel Grün gewünscht

Von Tim Nagengast

Grenzach-Wyhlen. Mehrere Gebäude für unterschiedliche Nutzungsformen, eine Beibehaltung bestehender Wegebeziehungen, Platz für Grün und eine Tiefgarage: Diesen Wunschzettel können Gemeinderat und Verwaltung als Ergebnis der Planungswerkstatt „Neue Mitte“ von Freitagabend in ihre April-Klausur mitnehmen.

Im Gegensatz zu den fünf Aktionstagen in beziehungsweise für die „Neue Mitte“ vom vergangenen Jahr war die Planungswerkstatt am Freitag im Haus der Begegnung eher schwach besucht. Lediglich 40 Personen nahmen an der Abschlussveranstaltung des Bürgerbeteiligungsprozesses teil. Zieht man davon Gemeinderats- und Verwaltungsmitglieder ab, waren noch 25 Bürger anwesend. Dies mag vielleicht auch der frühen Anfangszeit von 17 Uhr geschuldet gewesen sein.

Die wenigen Teilnehmer waren aber umso produktiver. So bildeten sich rasch Gruppen, die mögliche Szenarien über künftige Nutzung der „Neuen Mitte“ entwarfen.

Klare Tendenz: Gewünscht wird weder ein zentraler Marktplatz noch eine reine Wohnbebauung im Herzen Grenzachs. Auch ein Park als „Grüne Mitte“ war kein Thema mehr. Vielmehr arbeiteten sämtliche Gruppen auf eine möglichst vielfältige Nutzung des Areals hin – mit unterschiedlichen Schwerpunkten.

Die „Neue Mitte“, so war zu erkennen, soll ein Ort werden zum Sich-Treffen, zum Einkaufen, für Kultur und Genuss, auch zum Wohnen und zum Verweilen. Kurz: Ein Ort zum Leben, ein Ort mit Anziehungskraft und Qualität.

Wie ein roter Faden zog sich dabei durch die Arbeitsgruppen der Wunsch nach einer Beibehaltung von Sichtachsen und Wegebeziehungen bei gleichzeitig lockerer Bebauung sowie Raum für Aufenthalt und Grün. Auch der Wunsch nach einer Tiefgarage wurde mehrfach geäußert, um einerseits eine verkehrsgünstig erreichbare Mitte zu schaffen, andererseits Autofreiheit genießen zu können. Auch die unterschiedlichen Ebenen der Fläche zwischen Basler Straße, Scheffelstraße, Seidenweg und Jacob-Burckhardt-Straße tauchten in vielen Entwürfen geschickt eingearbeitet auf.

Dazu diente jeweils ein großer gedruckter Plan. Hinzu kamen Bauklötzchen, es durfte auch eingezeichnet und „geschnibbelt“ werden. Die Teilnehmer der Planungswerkstatt machten davon regen Gebrauch.

Genauso gerne genutzt wurde die Möglichkeit, auf Wandtafeln zum jeweiligen Gruppenthema Wünsche und Ideen zu schreiben. Gleich zwei Gruppen befassten sich dabei auf unterschiedliche Weise mit dem Themenfeld „Einkaufen und sich treffen“. Auch ein zentrales Rathaus fand in dem einen oder anderen Entwurf Platz.

„Am Ende wird ein Kompromiss stehen müssen, der sich an den Notwendigkeiten – auch den finanziellen – orientiert“, sagte Bürgermeister Dr. Tobias Benz in seiner Einleitung. Und: „So eine Chance ergibt sich relativ selten.“ Für ihn stellte die Planungswerkstatt quasi den „Abschluss und Beginn in einem“ dar, nimmt der Gemeinderat, der die Planungshoheit in der Sache hat, doch die gesammelten Ideen der Planungswerkstatt als „Input“ (Benz) für das weitere Vorgehen mit in Klausur.

Danach soll ein städtebaulicher Wettbewerb erfolgen, wie Baumatsleiterin Monika Neuhöfer-Avdic zusammenfasste. Dessen Ergebnisse sollen die Basis für ein 2016 beginnendes Bebauungsplanverfahren werden, um in den Jahren 2017 und ‘18 mit der Realisierung der „Neuen Mitte“ beginnen zu können.

„Wir wollen einen Ort mit Qualität schaffen“, sagte Diplom-Ingenieur Andreas Nütten von der Fachhochschule Nordwestschweiz, der gemeinsam mit dem Lörracher Stadt- und Regionalentwickler Dr. Donato Acocella als „Experte für den Blick von außen“ zur Verfügung stand und den Teilnehmern wertvolle Tipps gab. Wichtig sei, so Nütten, mit der „Neuen Mitte“ eine „Adresse“ zu schaffen. Einen Ort, der wahrgenommen und genutzt werde.

Hier setzte auch Acocella an, der eine Mischnutzung des Areals empfahl. Denn es müsse für Menschen einen „Grund“ geben, in die „Neue Mitte“ zu gehen – und zwar jeden Tag. Die Fläche solle sich zu einem Ort der Vielfalt und mit Anziehungskraft entwickeln, sagte Acocella. Um einen Platz dauerhaft zu beleben, brauche es als „Anker“ gewisse Nutzungsformen wie attraktiven Handel und öffentliche Orte – wobei hier dem direkt an die „Neue Mitte“ angrenzenden Haus der Begegnung eine wichtige Rolle zukommt. „Wir brauchen einen Frequenzbringer. Nur ein Platz – da geht niemand hin“, schloss Acocella seine Ausführungen.

Die rund dreistündige Veranstaltung wurde von Dr. Ing. Christine Grüger und Dipl.-Ing. Dirk Kron vom Freiburger Büro „Suedlicht“ moderiert. Sie steuerten die Beiträge der Beteiligten, stellten passende Fragen und boten Überleitungen zwischen den einzelnen Blocks der Planungswerkstatt. Sie hatten zudem sieben beziehungsweise acht Themenfelder gebildet, um die es an diesem Abend gehen sollte. Diese waren das Ergebnis der Bürgerbefragung via Internet und Postkarte, die im vergangenen Jahr eine enorme Resonanz erfahren hatte.

Bauamtsleiterin Monika Neuhöfer-Avdic oblag der Rückblick auf die Bürgerbeteiligung zur „Neuen Mitte“. „Wir hatten 1500 Rückmeldungen in nur einem Monat. Das ist ein Wert, der uns nachhaltig beeindruckt hat“, sagte Neuhöfer-Avdic.

Ein netter Aspekt am Rande: Sie hatte die Bauklötzchen ihrer Sprösslinge mitgebracht, damit auch wirklich genügend Material für die Entwurfsgestaltung der „Neuen Mitte“ vorhanden war.

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