Hausen im Wiesental „Ein Nahwärmenetz macht durchaus Sinn“

Markgräfler Tagblatt
Jörg Strittmatter erläutert seine Vorstellungen vom Quartierskonzept „Bürgerzentrum Hausen“.                   Foto: Ha ns-Jürgen Hege Foto: Markgräfler Tagblatt

Quartierskonzept: Bürger äußern im Hausener Gemeinderat Sorge über Lärm und Geruchsbelästigung

Das Quartierskonzept zum „Bürgerzentrum“, mit dessen Ausarbeitung die Energiedienst AG Laufenburg zum Angebotspreis von etwas über 64 000 Euro nach bewilligtem KfW-Zuschuss über rund 42 000 Euro schon vor zwei Jahren beauftragt worden ist, war am Dienstag im Rathaussaal Mittelpunkt intensiver Diskussionen.

Von Hans-Jürgen Hege

Hausen. Die galten allerdings nicht der Sache an sich, sondern schon den Details einer Planung, die noch garnicht auf dem Tisch gelegen hat. Zahlreiche Bürger plagten erste Sorgen über die Lärm- und Geruchsbelästigungen sowie den späteren Standort einer Heizanlage zum Betrieb des vorgesehenen Nahwärmenetzes rund ums Bürgerzentrum, das es derzeit auch mal nur auf dem Papier gibt.

Bürgerprotest

Und obwohl die Planer Jörg Bleile (Energiedienst AG) und Jörg Strittmatter (RBS wave GmbH aus Ettlingen) im Schulterschluss mit Bürgermeister Martin Bühler mehrfach darauf hinwiesen, dass die Präsentation des Konzepts keinerlei verbindliche Aussagen beinhalte, gingen einige Bürger gleich auf Nummer sicher.

Einer der Herren in den Zuhörerreihen erklärte „erschüttert und bestürzt“, dass er „auf jeden Fall gegen die Realisierung des Konzeptes in der geplanten Form“ vorgehen werde. Er habe, sagte er, schon zu oft erlebt, dass Planer und Offizielle „das Blaue vom Himmel herunter“ versprechen, ohne sich später daran erinnern zu können.

Wärmenetz

Das Quartier umfasst den Bereich zwischen Bündtenfeldstraße, Zweierweg, Baldersau, Teich- und Hebelstraße. Die Gebäude in diesem Bereich sollen nach den Vorstellungen der Gemeinde energetisch von einer zentralen Stelle aus versorgt werden. Und zwar idealerweise mit einer Hackschnitzelheizung und von einem Blockheizkraftwerk, das die Teilnehmer am Wärmenetz, darunter natürlich vor allem die Gemeinde mit der Festhalle, der Schule, des Kindergartens, dem Markus-Pflüger-Heim und der Einrichtung zum betreuten Wohnen, mit Energie versorgt und einer ganzen Reihe angrenzender privater Hausbesitzer (einige haben bereits ihr Interesse signalisiert) zur Verfügung stehen könnte.

Fragebogenaktion

Der nach einer Fragebogenaktion ermittelte Wärmebedarf liege bei der Schule (Altbau), Schulneubau, dem Kindergarten und der Gemeindehalle und weiteren 22 Anschlüssen kleinerer Abnehmer entlang der 940 Meter langen Trasse bei rund 830 000 kWh pro Jahr. Die könnte das Nahwärmenetz mit Reserven von rund 30 Prozent, die Angrenzern mindestens zur Verfügung stünden, locker liefern. Auch höhere Kapazitäten seien möglich. Der Bedarf aber müsste schon jetzt in die bevorstehende Planung einfließen, weil danach die Größe der Heizanlage und die Dimensionen der zu verlegenden Leitungen berechnet werden. Die Energie liefern könnten eine Hackschnitzelanlage mit Erdgas-Spitzenlastkessel (Holz-Variante), eine Hackschnitzelanlage mit Erdgas-Blockheizkraftwerk (BHKW) und Erdgas-Spitzenlastkessel (von den Planern empfohlene HYBRID-Variante), Erdgas-BHKW und Erdgas-Spitzenlastkessel (BHKW-Variante) sowie der Einzellösung mit Erdgas-Brennwertkessel und solarthermischer Unterstützung (Referenz-Variante).

Hybrid-Lösung

Die Planer und der Energiedienst plädierten in ihrer Präsentation für die Hybrid-Lösung mit Holz- und Gaseinteilen von jeweils 50 Prozent. Die Holzhackschnitzelanlage würde mit modernster Filtertechnik, automatischer Entaschung, automatischer Hackschnitzelzufuhr und optimiertem Groß-Pufferspeicher betrieben, der Erdgaskessel sorge für Ausfallsicherheit, und das Erdgas-BHKW ergänze die erzeugte Energie mit Wärme im Sommer und mit selbst erzeugtem Strom. Und das alles zu Preisen, die „auf den ersten Blick zwar ziemlich hoch“ ausfallen, in Zukunft aber durchaus sehr günstig sein könnten. Die Investitionskosten für die favorisierte Lösung würden sich auf 1,3 Millionen Euro belaufen. Es seien – wenn die Anlage von der Gemeinde betrieben und mit Holz aus eigenen Wäldern beliefert wird – mit Jahresvollkosten von 169 000 Euro zu rechnen, die auf die Teilnehmer so umgelegt würden, dass die Wärmeentstehungskosten von 12,7 Cent pro kWh aufzubringen hätten.

Umweltschutz

Grundsätzlich – so der Tenor – hätte schon aus Sicht des Umweltschutzes niemand etwas gegen das Nahwärmenetz einzuwenden. Aber: Die einen befürchten Lärmbelästigungen durch die laufenden Schnecken, die die Heizzentrale mit Hackschnitzeln versorgt, andere klagen über die unvermeidlichen LKW-Anlieferungen von Hackschnitzeln. Und trotz des Hinweises, dass es bei einer vergleichbaren Anlage in Wehr keinerlei Klagen gebe, sind alle davon überzeugt gewesen, dass der Gestank nicht gänzlich zu vermeiden sein wird, zumal der Kamin des Heizkraftwerkes mit zwölf Metern Höhe kaum ausreichen dürfte, das Geruchsproblem des Dorfes, das in einem Talkessel liege, in den Griff zu bekommen. „Fachleute“ im Publikum glaubten, dass ein Kamin mindestens 20 oder noch mehr Meter hoch sein müsse, um Wirkung zu zeigen, ohne das Problem komplett aus der Welt schaffen zu können.

Kenntnisnahme

Folgerichtig weigerten sich die Gemeinderäte, dem Beschlussvorschlag der Gemeinde zu folgen, der nicht nur die Kenntnisnahme, sondern auch die Genehmigung des Quartierskonzeptes beinhaltete. Und auch Bürgermeister Martin Bühler („Ich bin nicht sicher, ob eine Hackschnitzelanlage für uns das Richtige ist“) lenkte unter dem Hinweis darauf ein, dass auch er nicht irgendwo wohnen wolle, wo er Lärm und Gerüchen ausgeliefert ist. So stimmten alle schließlich zu, dass man zunächst einmal das Quartierskonzept „wohlwollend zur Kenntnis“ nehme. Allerdings mochte niemand am Ratstisch Martin Bühler widersprechen, der mahnte: „Die Chancen, ein solches Netz zu machen, ist eine ganz große. Und ein Nahwärmenetz macht durchaus Sinn.“

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