Hausener Narrengericht Richter Gnadenlos geht in den Ruhestand

Maximilian Müller
Richter Michael Brugger (rechts) und Büttel Uwe Klement Foto: Archiv/Ingmar Lorenz

Elf Mal führte er die Verhandlungen am Altbadischen Narrengericht in Hausen. Dabei war vor allem eins klar: Die Beschuldigten werden verurteilt. Nun will Michael Brugger das Richteramt in andere Hände geben.

Wer die Nachfolge antritt, sei noch nicht endgültig geklärt. Es seien mehrere Namen im Gespräch, sagt Brugger im Gespräch mit unserer Zeitung. Spätestens im Herbst werde es aber geklärt sein. Dann sei es auch erfahrungsgemäß soweit, die Delinquenten zu suchen und nachzufragen, ob sie auch bereit sind, mitzuwirken, berichtet der Ehrenoberzunftmeister, der auch bei den Schnitzelbänken und der Redaktion der Fasnachtszeitung aktiv ist.

Verlust der Kneipenkultur

Es sei gar nicht mehr so einfach, Leute zu finden, die mitmachen – ähnlich wie bei Vereinen, die ebenfalls auf der Suche nach Ehrenamtlichen sind, berichtet der 65-Jährige, der früher 41 Jahre lang bei Endress+Hauser tätig war.

Auch gehe die Kneipenkultur mit den Stammtischen nach und nach verloren. Daher werde über Missgeschicke und anderes, was für das Narrengericht interessant sei, nicht mehr so viel geredet. Die Fälle, die das Narrengericht verhandelt, oder die handelnden Personen sollten aber durchaus im Dorf bekannt sein.

Bei seinen Fällen hat Brugger auch nicht vor dem eigenen Bruder Halt gemacht und ihn verurteilt. „Natürlich. Logisch“, sagt Brugger heute darüber. Sein Bruder Mario hatte seiner Frau vor einem Österreich-Urlaub versprochen, Altglas wegzubringen, dies aber vergessen. Erst in Österreich fiel dann auf, dass das Glas noch im Kofferraum lag, und wiederum erst auf dem Rückweg – in Memmingen – wurde der Bruder dann sein Altglas los. Das Urteil: Mario Brugger muss wegen Altglasschmuggel eine Feier ausrichten, auf der nur Pfandflaschen benutzt werden.

Noch nie ein Freispruch

Und das zeigt, worum es bei den Urteilen geht: das Feiern. Einen Freispruch gab es noch nie, betont Brugger. Allerdings zeigt ein Blick ins Archiv: Einmal war es fast so weit, als die Sparkasse Kaffee und italienische „süße Stückle“ springen lassen musste. Das komme beinahe einem Freispruch gleich, sagte Brugger damals. Hintergrund war, dass dem Espresso-Mobil der Bank beim Hebelfest der Sprit ausgegangen war, was einiges an Aufsehen verursacht hatte. Insbesondere, als „Anzugträger“ unter das Mobil krochen, um herauszufinden, warum es nicht ansprang. Bei einem anderen Fall, der Brugger in guter Erinnerung ist, ging es explizit ums Alemannische. Jürgen („Brägel“) Brunner hatte sich in einem Interview als „alemannisches Urviech“ bezeichnet.

„Käpseli“ oder „Tschooli“

Laut Gericht ein Missbrauch eines frühgeschichtlichen Namenszusatzes. Brunner wurden passendere alemannische Ausdrücke wie „Kümmelspalter“, „Käpseli“ oder „Tschooli“ nahegelegt. Auch die Schreibweise war dabei Thema. Heidi Zöllner, Vorsitzende der Muettersprochgesellschaft und Fachfrau fürs Alemannische, hatte Brunner vergeblich verteidigt. Brugger verurteilte ihn dazu, ein Gartenfest auszurichten.

Eng, aber gemütlich

Besonders gut gefällt Brugger die tolle Atmosphäre an den Gerichtstagen. Schon früh kämen die Leute, um einen Platz zu ergattern. Es sei eng, aber gemütlich. Von der Judikative könnte Brugger übrigens bald in die Legislative wechseln: Er kandidiert für die SPD bei der Gemeinderatswahl. Das ist für Brugger kein unbekanntes Terrain. Schon in den 90er Jahren hatte er einen Sitz in dem Gremium.

Übernommen hatte Brugger sein Richteramt vom Altbürgermeister Karl-Heinz Vogt. Dieser hatte das Narrengericht 1987 in Hausen eingeführt und 25 Jahre lang die Verhandlungen geführt. Uwe Klement werde weiterhin an Fasnacht die Rolle des Büttels einnehmen, sagt Brugger.

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