Das aufgestellte Warnschild war unmissverständlich: „Frei laufende Sitzenkircher“ hieß es an den Ortseingängen des Kanderner Teilorts. Und nicht nur das Sitzenkircher Fußvolk bevölkerte die Fahrbahn, am Sonntag bremsten bis über beide Ohren grinsende Bulldog-Fahrer so manchen bis dahin flott fahrenden Pkw-Fahrer an der Auf- und Abfahrt zur St. Johannis-Breite aus. Von Jutta Schütz Kandern-Sitzenkirch. Die Sitzenkircher Feuerwehr hatte wieder zu ihrem beliebten, zweitägigen Feuerwehr-Dorfhock mit Bulldogtreffen und dem Kultfaktor „Bulldog-Geschicklichkeitsrallye“ eingeladen. Wie immer herrschte Druggete im Festzelt. Schon am Samstagabend gab es keinen freien Platz mehr im Festzelt. Der Markgräfler Männerchor und DJ Alex sorgten samt bestens gelaunten Partygästen für Stimmung. Vor dem Schopf sammelten sich am Sonntag vor Rallye-Start fahrtechnische Raritäten – von alten Hanomags, Fendt-Dieselrossen und Güldner-Traktoren aus den 50er und 60er Jahren bis hin zu moderneren Varianten aus den 70ern. So mancher Fahrer legte mit dem Staubfeudel in Sachen publikumswirksame Lackreflektion noch letzte Hand an sein „Heiligs Blechle“. Wer konnte, fuhr mit innovativen Oldie-Untersätzen zum Festgelände. So wurde etwa Labrador „Willow“ von seinem Herrchen in einem historischen Anhänger der DDR-Marke Simson transportiert. Auf dem alten Moped-Anhänger-Fahrgestell, dessen Kotflügel mit kleinen Drachen garniert waren, befand sich eine aufgeschraubte supermoderne Hundebox. Das Rallye-Meldebüro samt Jurybesetzung hatte in einem alten Holzwagen Platz genommen. Mehr als 30 Rallye-Teilnehmer konnten Natascha Siegin und Tobias Mäder registrieren. Draußen sorgten die Aufbauten für den Rallye-Fahrspaß beim Publikum für Vorfreude. Direkt auf dem Festgelände war ein Kannenstand auf Böcken hergerichtet. Darin verankert hing eine kippbare Metallgießkanne. Die Rallye-Teilnehmer mussten diese mit einer an ihren Traktoren angehängten Schnur im Rückwärtsgang fahrend zum Kippen bringen. Und das war noch nicht alles: Denn die Bulldog-Fahrer hatten dabei möglichst genau einen Liter Wasser abzuschätzen, der aus der Gießkanne in einen bereitgestellten Eimer floss. So mancher Fahrer bewies dabei ein erstaunliches „Pegelschätzstand-Augenmaß“, wie die Feuerwehr-Schiedsrichter Mike Eichin und Gerhard Mäder beim Nachmessen feststellten. So wurde die zulässige Füllstandsmenge manchmal nur um fünf Milliliter überschritten. Am Käsacker war eine „Genauigkeitsfahrt“ nach Messlatte zu absolvieren – hier lagen kleine alte und deshalb übersichtliche Traktoren klar im Vorteil. Der berühmt-berüchtigte „Halt an der Milchkanne“ wurde auf der St. Johannis-Breite zelebriert. An der Kanne war ebenfalls ein Seil befestigt, von dem als Gewicht eine lila Milkakuh herab baumelte. Die Bulldogfahrer mussten „angehängt“ am Seil die Milchkanne umrunden, so dass die Kanne sich nicht von ihrem farblich markierten Standort wegbewegte und das Seil samt Spielzeug-Kuhgewicht auch nicht den Boden berührte. Dass Höllenlärm nicht mit entsprechender Bulldog-Motorpower und Fahrzeuggröße gleichzusetzen ist, bewies ein Mini-Ford-Traktor am Straßenrand. Er glühte in der begrasten Boxengasse geraume Zeit vor sich hin. Sein Fahrer konnte aber die dem Rest des Traktorenfelds überlegenen Chip-Tuning-Eigenschaften – Höllenlärm im Formel-1-Dezibel-Sound und die dank der Mini-Größe besseren Windkanalschnittigkeitswerte – nicht mit der Fortbewegung in Einklang bringen. Die nämlich lag auch 30 Minuten nach Rallye-Start weiter bei null Stundenkilometer. Diverse Hobby-Techniker waren bemüht, dem Gefährt doch noch auf die Reifen zu helfen. Übrigens: Nicht erst in zwei Jahren sondern bereits im kommenden Jahr gibt es bei der Sitzenkircher Feuerwehr wieder etwas zu feiern: nämlich das 75-jährige Bestehen der Feuerwehr Sitzenkirch.