Kandern Der Flüchtlingslehrer

Weiler Zeitung
Christian Zingg beantwortet im Kanderner Kino nach dem Dokumentarfilm „Neuland“, in dem er als Lehrer zu sehen ist, die vielen Fragen des Publikums. Foto: Boris Pasek Foto: Weiler Zeitung

KinoVeranstalter mit erstem Themenwochenende zufrieden

Ein Wochenende – drei gesellschaftspolitische Dokumentationen: Mit diesem Konzept ging das Kino Kandern neue Wege. Katharina Walter, die Vorsitzende des Kommunalen Kinos, zeigte sich zufrieden mit der Resonanz, auch wenn man sich für die Dokumentation „Landraub“, mehr Zuschauer gewünscht hätte.

Von Alexandra Günzschel

Kandern. Besser besucht waren die Dokumentationen „Pepe Mujica“, über den von 2010 bis 2014 amtierenden Präsidenten Uruguays sowie die Schweizer Produktion „Neuland“. Letztere sicher auch deshalb, weil mit Christian Zingg der zentrale Protagonist des Dokumentarfilms persönlich im Kino zu Gast war und bereitwillig die vielen Fragen des Publikums beantwortete. Mit ihm geriet der Sonntagabend zum Höhepunkt der gesellschaftspolitischen Themenwoche.

Christian Zingg unterrichtet in Basel junge Flüchtlinge aus Kriegs- und Krisenländern. In jeweils zwei Jahren bereitet er sie auf ein Leben in der Schweiz vor, hilft ihnen dabei, nach Möglichkeit eine Lehrstelle zu ergattern. Genau davon handelt auch die Dokumentation. „Es ist ein Film, der zeigt, welche Wege junge Menschen gehen müssen, die ganz neu in die Schweiz kommen“, führte der Lehrer in die Doku ein.

Nach dem Film wollten die Zuschauer wissen, wie viele der Flüchtlinge an der Schule tatsächlich eine Lehrstelle finden. „Wenn’s gut läuft die Hälfte“, erklärt Christian Zingg. „Unsere Schüler stehen immer zuhinterst in der Schlange.“

Jetzt erst, nach 25 Jahren in seinem Beruf, absolviert der Lehrer eine Weiterbildung zum Umgang mit traumatischen Erlebnissen. „Wir haben uns an der Schule vieles selbst erarbeitet“, sagt Zingg und weist darauf hin, dass die Basler Einrichtung, die seit 1990 besteht, die älteste dieser Art im deutschsprachigen Raum sei. Geboten wird ein volles Schulprogramm, die Unterrichtssprache ist Schriftdeutsch, um unter den jungen Menschen keine sprachliche Verwirrung zu stiften. „Schwyzerdütsch lernen sie dann auf der Straße. Sie müssen es ja auch nur verstehen können. Und das geht meistens schnell“, erklärt Zingg. Aufgenommen werden Neuankömmlinge im Alter zwischen 16 und 20 Jahren.

Und wie grenzt er sich ab, von den vielen traurigen Geschichten, die die jungen Leute mitbringen? „Ich ertrage ziemlich viel“, sagt Christian Zingg. Immer wieder sage er sich aber auch: „Das ist nicht meine Geschichte, die mir hier erzählt wird.“ Er spricht von menschlichen Abgründen, die man sich kaum vorstellen könne.

Und was denkt er über Rassismus? „Den gibt es überall, auch in unseren Klassen.“ Wenn aber von Flüchtlingswelle gesprochen werde, müsse man sich klar machen, dass es zwei Drittel aller Flüchtenden noch nicht einmal über die eigenen Landesgrenzen hinaus schafften. „Wenn es uns gelingt, die jungen Leute zu integrieren, dann sind sie ein Gewinn für Europa und keine Belastung“, sagt der Lehrer.

„Man bekommt so viel zurück. Viel mehr, als man gibt“, auch das sagt Christian Zingg über seine Arbeit. Eigentlich möchte er nur, dass seine Schüler auch ein bisschen Glück in ihrem Leben haben. „Wenn der Film Leute dazu ermutigt, Flüchtlinge kennen zu lernen, dann hätten wir schon ganz viel erreicht“, so sein Fazit zu dem bewegenden Dokumentarfilm, der ihm seit dem Kinostart schon 150 Termine beschert hat.

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