Kandern Schwarze Schönheiten

Weiler Zeitung
Eine spezielle Aura entfaltet die Schwarzkeramik von André von Martens in der Kanderner Galerie Keller. Foto: Jürgen Scharf Foto: Weiler Zeitung

Ausstellung: Keramik von André von Martens in der Galerie Robert Keller

Von Jürgen Scharf

Kandern. Schwarze Keramik – schon sehr puristisch in unserer heutigen knallbunten Zeit. Zumal auch die Formenwelt der in Schwarzbrandtechnik hergestellten Gefäße von André von Martens sehr streng wirkt. In der Galerie Robert Keller in Kandern zeigt der aus dem Spreewald südlich von Berlin kommende Keramikkünstler in Kooperation mit dem Keramikforum Kandern um Beatrix Sturm-Kerstan Vasen, Schalen und Dosen in dieser speziellen Machart.

Das Besondere neben der schwarzen Farbe sind die Strukturen, die Maserung, vor allem die feinen Ritzungen, konzentrischen Punktlinien und Rillen in den Scheiben, die entfernt an die Rillen von Vinyl-Schallplatten erinnern. Den seit den Etruskern bekannten Schwarzbrand hat von Martens wieder neu erfunden, niemand macht das so wie er.

Der Künstler hat bei der berühmten Töpferin Hedwig Bollhagen im Osten gelernt und früh angefangen zu experimentieren. Auffallend, dass seine Gefäße nicht ganz glatt sind, sondern außen und innen Muster haben und auf den ersten Blick wie geheimnisvoll dunkles Ebenholz aussehen, nicht schwer sind. Auch der Klang der Scherben erinnert an Holz. Die Gefäße haben einen individuellen Charakter, manche erinnern in ihren archaischen Formen an keltische Gefäße, ägyptische oder afrikanische Kunst. Auch der Einfluss der etruskischen Vorbilder ist sichtbar. In früheren Kulturen gab es in allen Erdteilen diese durchgängig schwarzgebrannten Gefäße.

Der helle Ton, den Martens für seine Schwarzbrandtechnik benutzt, wird so lange gebrannt, bis er schwarz ist. Der Ausnahmekeramiker spricht bei dieser Schwärze von „Graphitisierung“. Rund 50 Stunden dauert bei ihm ein solcher Schwarzbrand, bis diese glänzenden schwarzen Gefäße dann mit Bienenwachs versiegelt werden, was man schon im alten Ägypten kannte.

Es darf nicht perfekt sein, weiß der Künstler, aber es muss auf den Punkt gebracht werden, sonst wirken diese schwarzen polierten Objekte eher kalt, tot oder beliebig. Zumal manche Gefäßformen den Betrachter entfernt an Urnen erinnern könnten. Grandios in der Anmutung sind die großen Schalen mit ihren seidig glänzenden Oberflächen und Polierstrukturen, manche sogar metallisch, als wären es Metallscheiben. Wobei die Formen sehr spannend sind, die Farbe Schwarz aber auch nach längerem Betrachten gewöhnungsbedürftig bleibt.

Aufgelockert werden die Gefäße, vor allem bei den Vasen, durch eine teils fast figürliche Optik, ob gewollt oder ungewollt, vor allem aber durch eine sehr klare Formgebung im eingeritzten Ornament oder der Oberflächenmaserung – weniger Dekor als Mikrostruktur.

Diese sehr aufwändig gefertigten Einzelstücke brauchen Raum, um sich zu entfalten, und wirken in dem alten Haus am Kirchplatz interessant, denn sie können hier ihre einzigartige numinose Aura entfalten. Für Kunsthistoriker Walter Lokau, der zur Eröffnung sprach, steht am Schluss dieses aufwändigen Entstehungsprozesses „ein Gefäß, still, dunkel, strahlend, von überzeitlicher Präsenz, ein schier magisches Faszinosum, eine schwarze Schönheit“. n Bis 3. Oktober, täglich 14 bis 18 Uhr

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