Kandern Sissis Urenkelin und Hebels Gespenst

Weiler Zeitung
Hier haben sich vier gefunden (v.l.): Die Weserei-Wirtsleute Renate und Ulrich Kramer, Altbürgermeister und Geschichtenerzähler Bernhard Winterhalter sowie Autor und Hobbyhistoriker Joachim Ebner. Foto: zVg Foto: Weiler Zeitung

Weserei: Im Jubiläumsjahr wird das Kanderner Traditionsgasthaus in einem neuen Buch porträtiert

Er habe eine „lebenslange Beziehung zur ,Weserei‘“, sagt Kanderns Altbürgermeister Bernhard Winterhalter über das mehr als 450 Jahre alte Gasthaus in der Hauptstraße 81. So spielte der heute 65-Jährige in den Siebzigern quasi als Hausmusikant der „Weserei“ mit seiner Band oder als Alleinunterhalter auf der Hammondorgel.

Kandern. In seiner Zeit als Bürgermeister zwischen 1997 und 2013 führte er Besucher aus Stuttgart grundsätzlich in das Gasthaus: „Wer öffentlich agiert und entscheidet, sollte mit unseren Kulturdenkmälern vertraut sein“, meint der Altbürgermeister dazu mit seiner schelmischen Art.

Wirt Gerhard Kramer selig, der in jener Zeit immer in den ersten Stunden des neuen Jahres eine Polonaise durch seine nach dem Silvestermenü bereits blitzblank geputzte Küche führte, um Lob dafür einzuheimsen, die Urenkelin von „Sissi“, Valerie Markgräfin von Baden, die 2010 mit ihrem Mann Max Markgraf von Baden am Stammtisch der „Weserei“ speiste – viele Geschichten und Anekdoten, die Winterhalter selbst erlebt hat, hat Frank Joachim Ebner aufgeschrieben.

Der Hobbyhistoriker hat sich auf alte Gasthäuser mit Familientradition spezialisiert und dieses Jahr bereits sein zweites Buch „26 historische Gasthäuser in Baden – Das zweite Handbuch für Zeitreisende“ herausgegeben. Aus der engeren Region werden neben der „Weserei“ der „Löwen“ in Schopfheim, „Ott’s Leopoldshöhe“ in Weil am Rhein und der „Engel“ in Müllheim vorgestellt.

„Ein Wirtshaus und eine Wirtsfamilie, beide mit Tradition“, das sei eine seltene Kombination, wirft Winterhalter beim Treffen mit Ebner und den Wirtsleuten Ullrich und Renate Kramer ein. Er spricht damit Ebner aus dem Herzen; denn der Autor ist bemüht, nicht nur alte Wirtshäuser vorzustellen, sondern auch solche, die ihre jahrhundertelange Tradition tatsächlich leben. Eine solche Familie hat er in den Kramers mit Sicherheit gefunden; die Wirtsleute feiern heuer 140 Jahre Familienbesitz (also seit 1877) – zusammen mit den Jubiläen 30 Jahre Hotel und 60 Jahre gehobene Gastronomie.

 Ein Sechser im Lotto ist es für Ebner, wenn zum alten Gasthaus und zur traditionsbewussten Wirtsfamilie noch lokale Sagen und Geschichten kommen: Und in der „Weserei“ ist das sogar hoher Dichterprominenz zu verdanken. Denn entgegen der landläufigen Meinung sei die „Alte Post“ in Müllheim nicht das einzige Gasthaus, das von Johann Peter Hebel in seinen „Allemannischen Gedichten“ namentlich verewigt wurde, erklären Winterhalter und Ebner gemeinsam. „Das Gespenst an der Kanderner Straße“ lautet das Gedicht, in dem es über einen Betrunkenen auf dem Heimweg heißt: „Und wenn er meint, er seig iez bald dehei,/ se stoht er wieder vor der Weserei.“ – „Das ist mir auch schon passiert“, kommentiert Winterhalter trocken.  

„Das Gespenst an der Kanderner Straße“ wird auch Thema des Erzählabends in der „Weserei“ sein, der für Ende November geplant ist. Anlässlich des Dreifachjubiläums des Gasthauses sowie der Neuerscheinung des Buches werden Kramers, Winterhalter und Ebner gemeinsam mit weiteren Gästen einen kulinarisch-literarischen Abend gestalten; unter anderem wird Winterhalter aus seinem reichen Anekdotenschatz über die „Weserei“ erzählen.

Zum Abschluss des gemeinsamen Treffens gibt er noch eine Bonus-Geschichte zum Besten, die nicht im Buch enthalten ist. In jungen Jahren habe er seine neue Freundin in der „Weserei“ beeindrucken wollen und die französische Steakspezialität Tournedo mit Artischocken bestellt, erzählt er: „Ich wusste mit dem Zitronenwasser zum Händewaschen nichts anzufangen und habe es als Soße komplett über den Teller geleert.“     

Weitere Informationen: Das Buch „26 historische Gasthäuser in Baden – Das zweite Handbuch für Zeitreisende“ ist im Gmeiner-Verlag unter der ISBN 978-3-8392-2080-1 erschienen und für 16 Euro im Buchhandel erhältlich. Weitere Informationen unter www.historische-gasthaeuser.de. Informationen zum Erzählabend „das Gespenst an der Kanderner Straße“ Ende November folgen noch rechtzeitig.

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