Kapellenbach-Ost Wyhlen Gemeinde macht Bauträgern Zugeständnisse

Tim Nagengast
Die Bebauung im Kapellenbach-Ost wird teilweise anders aussehen und sich auch anders entwickeln, als der Gemeinderat dies ursprünglich wollte. Foto: Tim Nagengast

Die veränderte Marktlage mit hohen Zinsen und Baupreisen zwingt die Gemeinde Grenzach-Wyhlen zu Zugeständnissen an Investoren im Kapellenbach-Ost. Unter anderem sollen dort mehr Reihenhäuser möglich und der Sozialwohnungsbau konzentriert werden.

Wie im Zuge der eineinhalbstündigen Debatte am Dienstag im Gemeinderat sichtbar wurde, rücken Verwaltung und Gemeinderat von einigen der einst durchaus idealistischen Gedankenansätze für den Kapellenbach-Ost wieder – hie und da zumindest – ab.

Zwar wird sowohl an den Vorgaben der Gestaltungsfibel als auch an den sonstigen Planungen für die in kommunaler Hand befindlichen Grundstücke in dem rund 14,4 Hektar großen Neubaugebiet in Wyhlen nicht gerüttelt. Der Hebel, an dem potenzielle Investoren sitzen, hat sich aber dennoch deutlich verlängert.

Thema Sozialwohnungen

Unter anderem beschloss der Gemeinderat – nolens volens –, den geplanten Sozialwohnungsbau nicht wie ursprünglich angedacht auf mehrere der vorgesehenen Mehrfamilienhäuser zu verteilen, sondern diesen zu konzentrieren. Dies, um die dafür vorgesehenen Grundstücke leichter an den Mann bringen zu können. Denn gerade jetzt, wo die Bauzinsen im Vergleich zu vor zwei Jahren immens gestiegen sind und auch das Bauen selbst deutlich teurer geworden ist, stehen die Investoren keineswegs mehr Schlange. Da ohne Landeszuschüsse ohnehin kaum einer noch freiwillig Sozialmietwohnungen baut, sollen die meisten Mehrfamilienhäuser im Kapellenbach-Ost auch keine mehr enthalten müssen. So sollen unter anderem Quersubventionierungseffekte samt negativen Begleiterscheinungen vermieden werden („Mein Nachbar wohnt günstig, und ich mit derselben Wohnung im selben Haus zahle mehr.“). Hinzu kommt, dass ein Bauträger, der ein Gebäude mit 100 Prozent Sozialmietwohnungen errichtet, auch einfacher an Zuschüsse dafür kommt.

Der Gemeinderat hat sich bei alledem aber abgesichert. So wurde mit knapper Mehrheit von elf Ja-Stimmen beschlossen, das Grundstück, auf dem der „Sozialbau“ entstehen soll, inklusive Bauverpflichtung zuerst zu vermarkten und weitere Flächen, die für Mehrfamilienhäuser gedacht sind, erst dann abzugeben, wenn unter dem Vertrag für Ersteres die Tinte trocken und der Stempel des Notars drunter ist. Vor allem die FDP-Fraktion drängte massiv darauf – mit dem Nebeneffekt, dass die Gemeinde eventuell länger brauchen wird, um diese Grundstücke zu vermarkten und somit weiterhin Zinsen für deren Finanzierung fällig werden. Zudem wird dem Investor eine Bindungsdauer von 30 bis 40 Jahren für die abgesenkte Sozialwohnungsmiete in den Vertrag geschrieben.

Bietet ein Bauträger überdies von sich aus einen Prozentsatz an Sozialwohnungen an, gibt es dafür im Grundstücksvergabe-Ranking Bonuspunkte.

Thema Reihenhäuser

Um die Bebauung im Kapellenbach-Ost trotz drastisch veränderter Marktlage weiter voranzutreiben, beschloss der Gemeinderat, die zwei für Reihenhäuser gedachten Grundstücke zu einem einzigen Kaufgegenstand zusammenzufassen, sie „rauszunehmen“ und gesondert darüber zu befinden. Darauf könnten Bauträger zukünftig dann vielleicht anstatt drei auch längere Ketten aus fünf bis sechs Reihenhäusern oder gar ein Mehrfamilienhaus stellen dürfen – dies ist aber noch nicht beschlossen. Im Gemeinderat stieß der Gedanke aber nicht nur auf ungeteilte Begeisterung. Dabei wurden sowohl das Neufeld als auch die Siedlung „Stück“ als Negativbeispiele für derartige Zugeständnisse aufgeführt.

Was die kommunalen Grundstücke für Einzel- und Doppelhäuser angeht, sind die Vergabekriterien ebenfalls etwas modifiziert worden (Stichwort: Punktekatalog für unter anderem Kinderzahl, Wohnsitzdauer in Grenzach-Wyhlen und ehrenamtliches Engagement).

Zudem beschloss der Gemeinderat, die Zahl der gegen Höchstgebot zu verkaufenden Grundstücke von vier auf sieben zu erhöhen.

Der Quadratmeterpreis von kommunalem Bauland im Kapellenbach-Ost soll für private Häuslebauer bei 580 Euro, für Investoren (also Erbauer von Mehrfamilien- oder Reihenhäusern) bei 650 Euro liegen. 2,9 Millionen Euro Kosten für die archäologischen Arbeiten sind bereits eingepreist.

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