Und damit auch jeder erfährt, was Katar zu leisten imstande ist, sendet der 1996 gegründete landeseigene Sender Al Dschasira rund um den Globus und rund um die Uhr. Und als sei es kaum mehr als ein Trinkgeld, pumpt Qatar Sport Investments Millionen aus dem Öl- und Gasverkauf in populäre europäische Vereine wie den FC Barcelona oder Paris St. Germain.
Dass die Tradition des Leistungssports im Emirat so fest verankert ist wie Kamelreiten auf Sylt, ist auf dem Weg zur Weltmacht des Sports zwar ein Hindernis, aber kein unüberwindbares Problem. Wie zum Beweis ragt westlich von Doha seit 2006 die Aspire Academy for Sports Exellence aus der Wüste, die größte Sportanlage der Welt. Ein kreisrundes Areal mit neun Kilometer Umfang. Das Fünf-Sterne-Hotel im Zentrum, 300 Meter hoch, ist der olympischen Fackel nachgeahmt. Es gibt 14 Fußballplätze, eine Schwimmhalle, Anlagen für Tennis, Squash, Volleyball, Basketball, Leichtathletik, Golfplätze, eine Sportklinik und den Aspire Dome, die größte Multifunktionssporthalle der Welt. Das Khalifa International Stadium macht sich gerade fit für die Fußball-WM 2022. Dann soll es 60 000 Zuschauern Platz bieten. Zwischen 200 und 300 Kinder im Alter zwischen 12 und 18 Jahren trainieren in der Aspire Academy täglich für die wichtigste Rolle, die ihnen von der Herrscherfamilie zugedacht wurde – als sportliche Botschafter ihres Landes. Sieben Betreuer pro Schüler stehen fünfmal die Woche bereit.
Weil für den Wüstenzwerg das Beste gerade gut genug ist, lockt das Land mit viel Geld Trainer, Sportler, Mediziner und Physiotherapeuten aus der ganzen Welt. „Das ist absolut einzigartig“, schwärmt der deutsche Fußballtrainer Uli Stielike, der von 2009 bis 2012 Fußballteams in Katar betreute.
Begeistert sind auch der FC Bayern München und der FC Schalke 04, die sich im Wüsten-Paradies regelmäßig auf die Bundesliga-Rückrunde vorbereiten. Werbewirksam auf Kosten der Gastgeber, versteht sich und mit jener ambivalenten Moral versehen, die dem kommerzialisierten Sport die Reste seiner Glaubwürdigkeit raubt. „Ich denke, man sieht, dass die Katarer ihrer Verantwortung gerecht werden“, sagte der Schalker Sportvorstand mit Blick auf die Missstände, die Menschenrechtsorganisationen immer mal wieder beklagen.
Auf den Baustellen für die Fußball-WM jedenfalls herrschen nach Expertenmeinung noch immer Zustände wie im Mittelalter. Und einflussreiche Geschäftsleute in Katar sträuben sich unverändert gegen jede Reform. „Der Reichtum dieser Leute gründet auf einem ausbeuterischen System“, wettert Nicholas McGeehan von Human Rights Watch. Clemens Prokop, Chef des Deutschen Leichtathletik-Verbands (DLV), fordert, Vergaben von Großveranstaltungen künftig daran zu knüpfen, „dass die Arbeiten an den Sportstätten unter menschenwürdigen Bedingungen stattfinden“. Immerhin kündigte das Arbeitsministerium eine Lockerung des unwürdigen Kafala-Systems an, wonach Gastarbeiter nur dann wieder ausreisen dürfen, wenn ihnen ihr Bürge die Erlaubnis erteilt. Als Indiz für die Stärkung der kümmerlichen Frauenrechte werten Optimisten den Umstand, dass bei den Olympischen Spielen 2012 erstmals drei Athletinnen aus Katar am Start waren – im Tischtennis, Schwimmen und Schießen.
Der Weg zur international anerkannten und geschätzten Sportnation ist also noch weit. Weiter noch als für den Busfahrer, der während der Handball-WM die Journalisten zu den Pressekonferenzen fährt. Nach zweieinhalbstündiger Irrfahrt stieg er entnervt auf die Bremse und hob entschuldigend die Hände: „I only know one way.“ Ich kenne nur einen Weg. Manchmal ist es der falsche.