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Kreis Lörrach Aktenberge sollen verschwinden

Die Oberbadische
Kontinuität ist beim Wirtschaftsrat Deutschland, Sektion Lörrach/Müllheim, angesagt, wovon sich auch der Referent, Justizminister Rainer Stickelberger (2.v.l.) überzeugen konnte: (v.l.) Hans J. Friedrichkeit, Alois Franke, Gerhard Eiche, Michael Böhler, Thomas Kerstenholz und Ingo Heinze. Foto: Gerd Lustig Foto: Die Oberbadische

Justizminister Rainer Stickelberger zu Gast beim Wirtschaftsrat / „Wir haben oft Missstände geerbt“

Von Gerd Lustig

Kreis Lörrach. Der künftige elektronische Rechtsverkehr (e-Justice) sowie die elektronische Grundbuchreform nebst Umstellung auf nur noch wenige zentrale Einrichtungen: Das waren die dominierenden Themen, über die Rainer Stickelberger am Donnerstagabend in Lörrach referierte.

Der baden-württembergische Justizminister (SPD) war auf Einladung des Wirtschaftsrates Deutschland, Sektion Lörrach/Müllheim, in die Kreisstadt gekommen. Eines machte Stickelberger bei e-Justice deutlich: „Der Endzustand wird das papierlose Büro sein“, betonte er. Das sei zwar eine riesige Revolution im Justizwesen und klinge utopisch, die Perspektive sei aber unumgänglich. „Nach anfänglicher Skepsis spüren wir aber immer mehr Aufgeschlossenheit“, so der Minister.

Rund 26 Millionen Euro will die Landesregierung in den nächsten drei Jahren in die Umstellung stecken, um den Ende 2013 begonnenen Prozess erfolgreich zu Ende zu bringen. Aktuell läuft beim Landgericht Mannheim ein Probelauf. „Noch kommt die Justiz bisweilen altertümlich und grobschlächtig daher, mit riesigen Aktenbergen“, erklärte Stickelberger. All das soll aber schon in einigen Jahren der Vergangenheit angehören.

Derzeit werden in einem ehemaligen Firmengebäude in Kornwestheim alle eintreffenden Akten digitalisiert und für die Zukunft gesichert. Die Archivtechnik nannte er dabei das nahezu Modernste, was es derzeit gebe. Etwaige Kritik für die Umstellung wies der Minister zurück. „Wir haben oft Missstände geerbt“, machte er deutlich. Weil Akten in „einem schlechten Zustand“ angeliefert worden seien, habe es bisweilen längere Wartezeiten bei Einsichtnahme in Grundbücher gegeben. Die Umstellung auf künftig lediglich 13 grundbuchführende Amtsgerichte muss bis Anfang 2018 abgeschlossen sein. Zuvor hatte es weit mehr als 600 Grundbuchämter gegeben. „So viele wie in allen anderen Bundesländern zusammen“, so Stickelberger. Künftig habe aber jede Stadt die Möglichkeit, eine Einsichtstelle einzurichten.

„Auch das Notariat wie bislang wird es ab 2018 nicht mehr geben“, erklärte der Minister weiter. Umgestellt wird dann vom staatlich geführten und betreuten auf freies Notariat, sprich: Notare arbeiten künftig als Selbstständige wie Rechtsanwälte und müssen sich dem Wettbewerb stellen. Derzeit ist das Ministerium dabei, die begehrten Stellen zu vergeben. Weitestgehend werde es wohl auf die bisher die Beurkundung ausführenden Personen hinauslaufen. Es soll aber mit knapp 250 nur noch rund ein Drittel der bisherigen Notariatsstellen geben.

An der Rechtssicherheit und auch der Gebührensituation werde sich nichts verändern, versicherte Stickelberger. Grundsätzlich erfolgt die Umstellung aus europarechtlichen Gründen, weil das bisherige baden-württembergische System in Europa wettbewerbswidrig wäre, erklärte der Minister.

Die Justiz aber grundsätzlich in der Fläche zu halten, betrachtet Stickelberger als ein bewusstes Anliegen der grün-roten Landesregierung. 19 500 Beschäftigte in der Justiz, 3000 Staatsanwälte, 100 Amtsgerichte, 17 Land- und zwei Oberlandesgerichte: Das sind die Zahlen, mit denen Baden-Württemberg wuchert. „Das ist ein gutes Angebot für Bürger und Anwälte“, meinte er. Die Verteilung habe sich bewährt, man habe im Land mit die geringste Verfahrensdauer aller Bundesländer und – bei weniger Personal – gute Erledigungszahlen.

Verteidigt hat Stickelberger auch die zuletzt eingeführten stärkeren Kontrollen rund um die Gerichte. „Justiz muss sicher sein, aber wir können uns nicht abschotten“, entsagte er indes noch stärkeren Sicherheitsmaßnahmen. Dass die allerdings in vertretbarem Rahmen sein müssen, habe eine Stichprobenkontrolle am Landgericht Mannheim ergeben, wonach jeder Vierte einen Gegenstand bei sich trug, mit dem man einen anderen hätte erheblich verletzen können.

Als entschiedener Gegner zeigte sich der Minister schließlich bei angedachten Änderungen im Unternehmensstrafrecht.

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